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Wirtschaft: EU-Minister ringen um Reform des Stabilitätspaktes

Widerstand von kleinen Ländern gegen deutsche Forderungen nach Ausnahmeregelungen

Brüssel Die Reform des Stabilitätspaktes wird nicht so weit gehen wie von einigen EU-Staaten erhofft. Den Forderungen aus Paris und Rom, ganze Ausgabenblöcke aus den Staatsdefiziten herauszurechnen, wollen die übrigen EU-Mitglieder nicht nachgeben. Dies geht aus einem Papier hervor, das die EU-Finanzstaatssekretäre für ihre Minister ausgearbeitet haben. Die Finanzminister beraten seit gestern Abend in Brüssel über die Reform des Paktes. Die Arbeiten sollen im März abgeschlossen werden.

Befristet ansteigende Ausgaben, die sich aus Reformen der Renten- und Gesundheitssysteme ergeben, langfristig aber der Sanierung der Finanzen dienen, könnten indes geduldet werden, empfiehlt der Bericht, der dem Handelsblatt vorliegt.Umstritten ist, ob weitere Ausgaben zum Verzicht auf ein Defizitverfahren führen können oder erst im Verfahren zu einem milderen Umgang mit dem Sünder führen können.

Die EU-Kommission muss die Finanzen eines Staaten prüfen, dessen Neuverschuldung über drei Prozent des Bruttoinlandproduktes steigt. Stellen die Finanzminister anschließend fest, dass es sich um ein übermäßig hohes Defizit handelt, empfehlen sie dem Staat Maßnahmen zur Sanierung der Finanzen.

Deutschland verletzt das Defizitziel seit 2002. Das daraufhin eingeleitete Verfahren ruht, da Finanzminister Hans Eichel zugesagt hat, die Neuverschuldung 2005 unter drei Prozent zu drücken.

Die Staatssekretäre empfehlen für den milderen Umgang mit einem Defizitsünder neben einer Sonderbehandlung öffentlicher Forschungsausgaben und Kosten für Strukturreformen auch die von Berlin geforderten Kosten der deutschen Vereinigung sowie die Nettozahlungen in das Budget der EU.

Finnland, Österreich, Schweden und Dänemark geht dies zu weit, hieß es jedoch gestern in Diplomatenkreisen dieser Länder. Sie wollen nur wachstumsorientierte Ausgaben, die kurzfristig zu einem Anstieg der Neuverschuldung führen, bei der Bewertung der Haushalte der Defizitsünder als Ausnahmen dulden. Die von Eichel in einem Brief an den Ratsvorsitzenden, den Luxemburger Jean-Claude Juncker, geforderte Berücksichtigung niedriger Inflationsraten fand indes keinen Niederschlag bei den Beratungen der 25 Staaten.

Flexibler soll der Pakt jedoch bei einer Konjunkturschwäche angewendet werden. Bislang kann bei einem Rückgang der Wirtschaft um zwei Prozent auf ein Defizitverfahren verzichtet werden. Zukünftig solle dies generell bei einer negativen Rate der Fall sein, wird diskutiert.Um zukünftige Defizite zu vermeiden, wollen sich die Mitgliedstaaten verpflichten, ihre Finanzen in Wachstumszeiten zu sanieren, sofern dies erforderlich ist. Am mittelfristigen Ziel, die Finanzen nahezu auszugleichen, halten die EU-Regierungen fest. Um dies zu erreichen, sollen die Staatsdefizite in guten Zeiten jährlich um mehr als 0,5 Prozentpunkte gesenkt werden. Dieser Wert liegt geringfügig über der bislang gültigen Absprache.

Zugleich betont das Papier die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Wahl der Maßnahmen zur Konsolidierung der Haushalte – die EU-Kommission soll sich also nicht allzu sehr einmischen dürfen.

Am heutigen Donnerstag werden die Finanzminister versuchen, sich auf eine erste gemeinsame Linie zu einigen bei der Reform des Paktes. Beschlossen werden soll die Reform Ende März. jh/HB

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