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EU-Verordnung: Pflanzenschutz durch Giftspritzen?

Die EU streitet über Gift im Pflanzenschutz. Deutschland versucht, das vom Parlament beschlossene Verbot zu lockern.

Für die Grüne Hiltrud Breyer wird es zum „Lackmustest“ des Verbraucher- und Umweltschutzes: Am Montag werden die EU-Agrarminister aller Voraussicht nach ihren „gemeinsamen Standpunkt“ zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln festlegen. Doch in letzter Minute ist die politische Einigung der 27 auf die neue EU-Verordnung noch einmal hoch brisant geworden. Offenbar versucht die Bundesregierung, den im Europaparlament in erster Lesung mit klarer Mehrheit verschärften Entwurf zu verwässern. Sie will das vom EU-Parlament beschlossene grundsätzliche Verbot aller krebserregenden und fortpflanzungsschädigenden Stoffe („CMR“-Substanzen) in Pflanzenschutzmitteln zu Fall bringen.

„Die Bundesregierung fährt eine reine Industrielinie und will auch noch die anderen Regierungen zum Kurswechsel veranlassen“, empört sich die Europaabgeordnete Hiltrud Breyer. Anstatt nämlich die CMR-Pestizide völlig zu verbieten, solle der EU-Ministerrat, so fordert der deutsche Agrarminister Horst Seehofer (CSU), die umstrittenen Pflanzenschutzmittel auf eine „Substitutionsliste“ setzen: Sie sollen nach und nach durch harmlosere Pestizide ersetzt werden. Die gibt es bisher allerdings noch nicht. Ein Verbot solle nur dann ausgesprochen werden, wenn die Gefährlichkeit des jeweiligen Pflanzenschutzmittels für Mensch und Umwelt nachgewiesen werden kann.

Pflanzenschutz-Hersteller wie BASF wehren sich aus prinzipiellen Gründen gegen Verbote. Vom Gesetzgeber werde dabei außer Acht gelassen, dass die gefährlichen Substanzen in den Pestiziden in sehr kleinen Mengen verwendet werden, die nach bisherigen Erkenntnissen als unbedenklich gelten. Der europäische Industrieverband ECPA behauptet, dass das Verbot von CMR dazu führen könnte, dass Europas Bauern künftig auf 27 Prozent der Wirkstoffe verzichten müssten. Den Experten der EU-Kommission zufolge müssten vier Prozent der Pestizide vom Markt genommen werden.

Am Montag beim Agrarministerrat wird es auf die Standfestigkeit der EU- Kommission ankommen. Bleibt sie bei der Unterstützung des in Erster Lesung vom Europaparlament verabschiedeten CMR-Verbots, stehen die Chancen gut, dass auch der Ministerrat die gefährlichen Substanzen verbietet – wie bereits bei Kosmetika und Spielzeugen. (tog)

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