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Wirtschaft: Euro-Countdown: noch 25 Wochen: Feilschen um den Euro-Bonus

"Der Countdown läuft - der Euro kommt". Bis zum Jahreswechsel wird der Tagesspiegel jeweils am Sonnabend mit Berichten, Reportagen, Interviews und Standpunkten verschiedene Aspekte der Euro-Bargeldeinführung beleuchten.

"Der Countdown läuft - der Euro kommt". Bis zum Jahreswechsel wird der Tagesspiegel jeweils am Sonnabend mit Berichten, Reportagen, Interviews und Standpunkten verschiedene Aspekte der Euro-Bargeldeinführung beleuchten.

Die Situation kennt wohl jeder: Sie stehen in einer größeren Runde am Tresen, jeder ordert Getränke und alles wird auf einen Deckel geschrieben. Bestellt wird zwar gemeinsam, doch bei der Abrechnung gilt Paragraf eins: "Jeder zahlt seins." Am Ende stehen dann noch vier Bier auf dem Deckel, die keiner getrunken haben will - denn natürlich ist sich jeder sicher, seinen Anteil bezahlt zu haben. Ganz ähnlich läuft es jetzt bei der Eurobargeld-Einführung: Die Verbände von Banken, Handel und Werttransportdiensten haben unter Federführung der Bundesbank auch einen gemeinsamen "Deckel" angelegt, das "Gemeinsame Konzept für die Inverkehrgabe von Euro-Bargeld in der Bundesrepublik Deutschland".

Jetzt, wo es ans Zahlen geht, droht die Rechnung nicht aufzugehen. Der Handel fürchtet bei den Kosten für die Eurobargeld-Einführung benachteiligt zu werden. "Wir fordern von den Banken eine Beteiligung an den Boni, die ihnen bei einer frühzeitigen Eurobargeld-Bestellung von der Bundesbank gewährt werden", sagt Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Ansonsten gebe es für die Unternehmen wenig Anreiz, sich vor Dezember mit den Euros auszustatten.

Bereits vom 1. September an beliefern die Landesbanken die Kreditinstitute mit der neuen Währung. Allein für die Erstausstattung werden 2,3 Milliarden Geldscheine im Wert von fast 140 Milliarden Euro und 15,5 Milliarden Münzen mit einem Wert von 4,8 Milliarden Euro benötigt. Damit die Einführung des neuen Geldes nicht zu einem logistischen Chaos wird, hat die Bundesbank den Kreditinstituten bei frühzeitiger Bargeldbestellung Vergünstigungen zugesagt. "Die vorzeitige Abgabe von Euro-Bargeld an Kreditinstitute erfolgt bis zum 31. Dezember 2001 ohne Stellung von Sicherheiten", heißt es in dem gemeinsamen Konzept zur "Inverkehrgabe des Euros".

Belastet wird den Banken das vorzeitig abgegebene Euro-Bargeld erst im Januar 2002 und zwar zu je einem Drittel an drei festgelegten Stichtagen. Zudem hat die Bundesbank ein Bonussystem für "Frühbesteller" entwickelt: Kreditinstitute, die schon im September Eurobargeld übernehmen, erhalten eine Vergütung von 0,36 Promill. Im Oktober sind es noch 0,24 Promill und im November 0,12 Promill. "Allerdings ist das Bonussystem nicht eingeführt worden, um den Banken den Euro schmackhaft zu machen, sondern um die Spitzenbelastungen etwas abzufedern", sagt Oliver Wolfrum, Sprecher des Verbandes der Deutschen Banken.

Spitzenbelastungen sieht sich aber auch der Handel ausgesetzt. Denn die modifizierte Stichtagsregelung sieht vor, dass die D-Mark bis zum 28. Februar 2002 noch als Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. So lange können Verbraucher in den Geschäften noch in D-Mark zahlen. Das Wechselgeld erhalten sie in Euro. "In dieser Zeit steigt allein der Wechselgeldbedarf im Einzelhandel um das Fünfzehnfache", erklärt Pellengahr. Der Handel fordert nun von den Banken eine angemessene Beteiligung an den vergüteten Boni und eine Weitergabe des Kostenvorteils aus dem späten Belastungszeitpunkt - so wie es auch im gemeinsamen Konzept geschrieben steht. "Die frühzeitige Bestellung des Eurobargelds bereitet besonders klein- und mittelständischen Unternehmen Probleme", sagt Nils Busch-Petersen vom Gesamtverband des Einzelhandels Berlin. Denn kleinere Betriebe hätten häufig ihre Kreditlinien ausgeschöpft oder steckten in Liquiditätsengpässen.

Darüber, wie eine angemessene Beteiligung auszusehen hat, herrscht jedoch Uneinigkeit. Zur Klärung könnten die Gespräche beitragen, die die Handelsverbände und der Zentrale Kreditausschuss, der Spitzenverband des deutschen Kreditgewerbes, in den letzten Wochen geführt haben. Auch wenn der Wortlaut noch nicht feststeht, werde es eine gemeinsame Erklärung geben, hieß es aus Kreisen der Sparkassen und Giroverbände. Konditionen würden darin aber nicht festgeschrieben, sondern nur eine allgemeine angemessene Beteiligung mit Rücksicht auf die individuelle Situation empfohlen. Während noch um die Formulierungen gerungen wird, ist schon jetzt klar, dass der Bundesverband Deutscher Banken, der Mitglied im Zentralen Kreditausschuss ist, die Erklärung nicht unterzeichnen wird.

"Die Weitergabe der Boni ist eine geschäftspolitische Entscheidung und damit Sache der einzelnen Bankhäuser und nicht des Verbandes", sagt Andreas Goralczyk, Euro-Koordinator des Bankenverbandes. Für eine zusätzliche Aussage, die das gemeinsame Konzept zur Inverkehrgabe des Euro bekräftigt, sei kein Bedarf. So liegt es weiter in der Hand der Privatbanken, ob sie den Handel an den Vergütungen beteiligen oder nicht. Bleibt zu hoffen, dass am Ende nicht der Verbraucher durch Preiserhöhungen die Zeche übernehmen muss.

Dagmar Rosenfeld

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