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Eine Frau steht im Kaufhaus vor einem Regal mit Taschen. An ihrem Arm baumeln Einkaufstüten.

© REUTERS

Euro-Krise: Anleger investieren wieder in Schuldenstaaten

Verbraucher stecken ihr Geld wieder vermehrt in Aktien und Anleihen aus Spanien, Italien und Griechenland.

Während in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht die Kritiker der Euro-Zone mobil machen, haben die Anleger längst anders entschieden: Geldanlagen in Spanien, Italien, Portugal, Irland und selbst Griechenland haben in den vergangenen Monaten ein rasantes Comeback aufs Parkett gelegt. Dies gilt nicht nur für Aktien, sondern ebenso für Anleihen. Das bedeutet: Viele Anleger setzen nicht nur auf eine konjunkturelle Erholung der heimischen Wirtschaft, sondern glauben auch, dass harsche Sparmaßnahmen und Reformen auf allen Ebenen die Staaten vor einem erneuten Abkippen an den Rand der Pleite bewahren werden. Wendepunkt war der 26. Juli vergangenen Jahres, als der Chef der Europäischen Notenbank, Mario Draghi, verkündete, er werde alles tun, um die Euro-Zone zu retten – und hinzufügte: „Glauben Sie mir, es wird genug sein. “

Seither etwa hat sich der spanische Leitindex Ibex, der die 35 größten börsennotierten Werte des Landes beherbergt, von 6000 auf aktuell 8090 Punkte verbessert – ein Zuwachs um 34 Prozent. 14 Papiere schafften sogar stärkere Zuwächse als der Index selbst. Ganz vorne mischen mit Gas Natural und Obrascon ein Versorger und ein Bauunternehmen mit, deren Aktien auf Jahressicht sogar 85 und 75 Prozent zulegen konnten. Im etwas längerfristigen Vergleich sitzt auch das Textilunternehmen Inditex auf dem Treppchen ganz oben, das mit der Modemarke Zara und 110 000 Beschäftigten auf allen Kontinenten aktiv ist. Denn hier gilt: Während der Dax sein altes Allzeithoch im Mai neu getoppt hat, muss sich der Ibex vom jetzigen Niveau aus noch mal glatt verdoppeln, um seinen Spitzenwert aus dem Jahr 2007 bei knapp 16 000 Punkten zu erreichen.

32 Prozent auf 12 237 Punkte hat auch der italienische MIB seit seinem Jahresminus im Sommer 2012 zugelegt. Gefragt waren Papiere wie die Finanzkonzerne Mediolanum und Azimut: Sie bieten hohe Dividendenrenditen, sind aber nicht mehr extrem günstig bewertet. Ganz anders die Versorger Eni und Enel, die die US-Bank Morgan Stanley für „so niedrig bewertet wie in einer Bananenrepublik“ hält. Das alte Hoch von Italiens Leitindex stammt noch aus dem Jahr 2000 und liegt mit etwa 50 000 Punkten dreimal höher.

Der Blick auf das Verhältnis von Kursen und Gewinnen zeigt jedoch gleichzeitig: Die zum Teil kerngesunden und international aktiven Unternehmen leiden weiter unter einem Ländermalus. Viele Fondsmanager von Aktienfonds in Euroland-Papieren haben Spanien zwar im vergangenen Jahr leicht aufgestockt, sind aber immer noch untergewichtet. So hält der DWS Top Euroland nur acht Prozent seiner Gelder in Spanien, während der Anteil des Landes am EuroStoxx 50 mehr als zwölf Prozent ausmacht. Auch die Schweizer UBS ist in den Schuldenstaaten „noch zurückhaltend“.

Etwas mutiger sind manche Fondsprofis nach der gelungenen Regierungsbildung in Italien. Investmentprofis wie die Skandia Group ziehen daraus den Schluss: „Die weit verbreiteten Vorbehalte der Anleger gegenüber südeuropäischen Aktien bieten wunderbare Kaufgelegenheiten.“Denn auch die volkswirtschaftlichen Daten lassen vermuten, dass zumindest das sehr bedrohliche Krisenvokabular für die Euro-Peripherie nicht mehr passend ist: In Spanien ist nun den dritten Monat in Folge die Produktion von Investitionsgütern gestiegen. Die Lohnstückkosten, so ergab eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelstages, seien von Irland bis Griechenland deutlich gefallen. Dank der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit zieht der Export an. Die Außenhandelsdefizite schmelzen im Eiltempo ab. „Die Euro-Zone hat den größten Teil ihrer strukturellen Hausaufgaben bereits erledigt“, lautet ein vorläufiges Fazit des Chefvolkswirts der Landesbank Bremen, Folker Hellmeyer. Das Bruttoinlandsprodukt in Spanien schrumpft zwar noch, doch wird das Minus immer kleiner. Schwierig bleibt die hohe Arbeitslosigkeit, eine Folge vor allem der harten Sparmaßnahmen von Staat und Unternehmen.

Für Renditejäger eignen sich auch Anleihen, wobei viele Fonds für Euroland-Bonds noch stark in deutsche Bundesanleihen investieren, die in den vergangenen Jahren sehr gefragt waren und damit hohe Kursgewinne verzeichnen. Wer nun direkt auf eine weiter positive Entwicklung spanischer oder italienischer Bonds setzen möchten, kann dies etwa mit speziellen Fonds tun, die an der Börse handelbar sind, aber nur passiv in einen Index investieren. Solche ETF hat ishares im Programm, etwa mit dem ishares Barclays Spain Treasury Bond (WKN A1J0BH). Das Papier investiert in 31 spanische Staatsanleihen, die einen Zinskupon von im Schnitt 4,4 Prozent abwerfen. In den vergangenen zwölf Monaten konnte der Anleger damit 16,34 Prozent verdienen. Warum, zeigt beispielsweise die 2022 fällige und mit einem Kupon von 5,85 Prozent ausgestattete spanische Anleihe: Ihr Kurs ist seit Draghis Machtwort im Juli 2012 von 88 auf jetzt 101 gestiegen, so dass sie für den Anleger neben dem Zinsertrag ein Kursplus von gut 14 Prozent abgeworfen hat. Ein vergleichbarer Fonds für Italien-Bonds hat sogar knapp 16 Prozent abgeliefert. Auch in Portugals Staatsanleihen sind die Renditen, die das Land 2011 nahe an den Zusammenbruch getrieben hatten, bei steigenden Kursen massiv gefallen. 2012 konnten Anleger mit portugiesischen Staatspapieren 57 Prozent verdienen. Im Mai gelang es dem Land erstmals wieder, Investoren an den Kapitalmärkten für zehn Jahre ins Boot zu holen. Portugal musste auch nur noch 5,6 Prozent lockermachen, um Interesse an der Drei-Milliarden-Anleihe zu schüren. Der Run auf das Papier war so groß, dass Lissabon sich sogar dreimal mehr am Markt hätte leihen können.

Wer sichere Renditen der Rentenmärkte schätzt, sich aber Sorgen macht, ein Ende der niedrigen Zinsen in Europa werde die Kurse alter Anleihen abstürzen lassen, ist in Fonds mit kurzlaufenden Anleihen am besten aufgehoben. Der DWS Invest Euro Bonds (short) (WKN 5551874) etwa hat vor allem Spanien, aber auch Italien und Irland übergewichtet und damit seinen Anlegern ein sattes Plus beschert.

Henrik Leber von der Fondsfirma Acatis sieht sogar in Griechenland spannende Investments, etwa in der Hellenic Telecom. Er ist anscheinend nicht der Einzige: Der Leitindex der Börse Athen, der ASE General, hat in den vergangenen zwölf Monaten nahezu 80 Prozent Plus gemacht.

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