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Es geht voran.

© dpa

Euro-Krise: Griechenland liegt über Plan

Die Wirtschaft schrumpft weniger stark, das Haushaltsdefizit ist kleiner als erwartet. Trotzdem wird das Land neue Hilfen brauchen.

Athen - Es ist keine klassische gute Nachricht, aber sie lässt doch hoffen: Die griechische Wirtschaft ist im zweiten Quartal weniger stark geschrumpft als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,6 Prozent. Die Volkswirte waren in ihren Prognosen von minus fünf Prozent ausgegangen. Im ersten Quartal war die Wirtschaftsleistung noch um 5,6 Prozent eingebrochen.

Trotz der anhaltenden Rezession liegt Griechenland bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen weit vor dem Plan. Nach den am Montag veröffentlichten Haushaltsdaten belief sich das Defizit in den ersten sieben Monaten nur auf 1,9 Milliarden Euro. Einkalkuliert waren 7,5 Milliarden. 2012 hatte das Minus noch 13,2 Milliarden Euro betragen.

Schon in den Vormonaten hatte Griechenland die mit der Troika vereinbarten Haushaltsziele übertroffen. Während vorher die Konsolidierung vor allem mit Einsparungen bei den Ausgaben erzielt wurde, stiegen zur Jahresmitte erstmals die Einnahmen wieder deutlich an. Sie lagen Ende Juli mit 30,8 Milliarden Euro um 8,1 Prozent vor dem Plan und sogar um 11,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Dazu trugen vor allem höhere Subventionszahlungen der EU und eine Überweisung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro von Zentralbanken der Euro-Zone bei, die Gewinne aus der Rückgabe griechischer Staatsanleihen an Athen überwiesen.

Beim Primärsaldo, der die Aufwendungen für den Schuldendienst und die Etats von Kommunen und Sozialversicherung ausklammert, erzielte Griechenland überraschend sogar einen Überschuss von 2,6 Milliarden Euro, teilte Vize-Finanzminister Christos Staikouras am Montag mit. Er äußerte die Erwartung, dass es dem Land gelingen werde, auch für das Gesamtjahr 2013 einen solchen Primärüberschuss zu erwirtschaften. Die Euro-Finanzminister hatten für diesen Fall bereits im November 2012 Gespräche über eine Erleichterung der Schuldenlast in Aussicht gestellt.

Trotz der Fortschritte rechnet die Deutsche Bundesbank aber offenbar mit einem zusätzlichem Finanzbedarf Griechenlands. Sie bestätigte am Montag, dass es ein internes Papier gibt, bei dem es sich wohl um eine Einschätzung für das Bundesfinanzministerium und den Internationalen Währungsfonds (IWF) handelt. Der „Spiegel“ hatte berichtet, dass Griechenland bereits 2014 ein weiteres Hilfspaket benötige. Der IWF sieht in Griechenland in den kommenden zwei Jahre eine Finanzlücke von 11,1 Milliarden Euro.

Wie sie geschlossen werden kann, ist unklar. Es sei längst gewiss, dass Griechenland nicht aus eigener Kraft an den Kapitalmarkt zurückkehren könne, kommentiert Christoph Weil von der Commerzbank. Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, erwartet unmittelbar nach der Bundestagswahl eine intensive Debatte. Weil zufolge belaufen sich die Schulden Athens aktuell auf knapp 345 Milliarden Euro. Davon entfällt der größte Teil mit knapp 131 Milliarden auf den Rettungsfonds EFSF, 74 Milliarden liegen in griechischen Staatsanleihen. Knapp 53 Milliarden Euro sind Kredite der Euroländer. Die gesamten öffentlichen Hilfen aus Deutschland für Griechenland beziffern die Ökonomen beim Bankhaus Metzler auf mehr als 45 Milliarden Euro.

Während beim letzten Schuldenschnitt für Athen vor allem private Gläubiger zahlen mussten, würde es beim nächsten Mal die öffentliche Hand treffen, sagte David Kohl, Chef-Volkswirt bei der Privatbank Julius Bär. „Private Gläubiger gibt es tatsächlich kaum mehr“, bestätigt Fratzscher. Der DIW-Chef schätzt, das Deutschland durch einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland in den kommenden Jahren mit einem zweistelligen Milliardenbetrag belastet wird.

Gerd Höhler/ Rolf Obertreis

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