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Zu neuen Ufern. Die griechische Wirtschaft ist wenig exportorientiert, zudem spielt der Staat eine sehr große Rolle. Politiker und Ökonomen wollen das ändern – der Hafen von Piräus etwa gilt als attraktiv für Investoren und soll privatisiert werden. Foto: picture-alliance/dpa

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Euro-Krise: Milliarden-Programm für Griechenland gefordert

Ein Milliarden-Programm soll Griechenlands Wirtschaft wieder fit machen – und die Rezession vertreiben. Die Gelder aus Europa sollen vor allem in den Umbau der Unternehmenslandschaft fließen.

Im Zuge der Debatte um eine Rettung Griechenlands richtet sich der Blick zunehmend auf die Frage, wie die Wirtschaft des Landes wieder erfolgreich werden kann. „Businessplan“, „Marshallplan“ oder „Herkulesplan“ nennen Fachleute derlei Vorhaben – und meinen ein groß angelegtes Hilfsprogramm. Es soll die anvisierte Schuldenentlastung des Staates flankieren, die vom Euro-Gipfel an diesem Donnerstag erwartet wird.

„Man muss etwas dafür tun, damit die Wirtschaft über die Krise hinwegkommt“, forderte Martin Knapp, Geschäftsführer der Deutsch-Griechischen Handelskammer in Athen, am Dienstag in Berlin. „Sonst haben wir bald keine Basis mehr, auf der wir aufbauen können.“ Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) macht sich ebenfalls für ein solches Aufbauprogramm stark. „Ohne Frage benötigen die Peripherieländer – allen voran Griechenland – nach der Konsolidierungsphase einen Wachstumsschub“, findet Nicolaus Heinen von Deutsche Bank Research.

Die Europäische Union könnte hier eine Schlüsselrolle spielen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou bemüht sich derzeit in Brüssel um eine vorzeitige Freigabe von 15 Milliarden Euro, die Athen aus den verschiedenen Fördertöpfen noch zustehen. Den fälligen Eigenanteil wollen sich die Griechen dabei sparen.

Ohne zusätzliche Impulse wird das Land seine Finanzprobleme kaum in den Griff bekommen. Wegen der scharfen Rezession verfehlte die Regierung im ersten Halbjahr ihr Einnahmeziel um drei Milliarden Euro. Die Wirtschaftsleistung soll nach einem Minus von 3,5 Prozent in diesem Jahr erst 2012 wieder leicht im Plus liegen. Der einzige Lichtblick sei derzeit der Export, sagte Handelskammer-Chef Knapp, das zeige auch die gestiegene Messebeteiligung. Und er beobachtet einen Stimmungswandel. „Früher ging es zu 95 Prozent um die Verteilung des Kuchens, heute diskutieren die Leute darüber, wie man Werte erwirtschaften kann.“

Die Aufbau-Milliarden aus Europa sollen weniger in die Infrastruktur fließen als in den Umbau der Unternehmenslandschaft. Das Land brauche neue Industrien, ganz so wie der Nachbar Türkei – etwa aus der Software-Branche oder dem Bereich erneuerbarer Energie. „Wir schließen keinen Bereich aus.“ Dazu brauche es Anreize und Förderprogramme, etwa mit Zuschüssen und Sonderabschreibungen. Dies in Einklang mit den EU-Wettbewerbsregeln zu bringen sei indes „ein Spagat“, befand Knapp.

Allerdings müssen die Griechen noch einige Voraussetzungen erfüllen, ehe Geld fließt, findet Deutsche-Bank-Ökonom Heinen. „Dauerhafte Wachstumseffekte können diese Mittel nur entfalten, wenn sie auf fruchtbaren Boden fallen.“ Nötig seien der Abbau von Bürokratie, eine leistungsfähigere Verwaltung, geringere Lohnstückkosten und ein flexiblerer Arbeitsmarkt. Heinen schlägt deshalb vor, Fördermittel stufenweise auszuzahlen, orientiert an Reformvorgaben, die die Politik erfüllen muss.

Ein Teil des Wirtschaftsumbaus sollen Privatisierungen sein. Handelskammer-Chef Knapp warnt aber vor zu großen Hoffnungen. „Bei uns hat sich noch keine deutsche Firma gemeldet, die an Privatisierungen interessiert ist.“ Zwar gebe es Filetstücke, etwa die Lottogesellschaft oder Flughäfen. Auf diese Weise 50 Milliarden Euro bis 2015 einnehmen zu wollen sei aber „völlig unrealistisch“ – so ähnlich wie bei der Treuhand-Gründung 1990 in Deutschland.

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