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An den Börsen in Madrid Ibex und Mailand sackten die Kurse im Schnitt um drei bis über vier Prozent ab. Der Euro rutschte erstmals seit zwei Jahren wieder unter die Marke von 1,21 Dollar.

© AFP

Euro-Krise: Neue Gerüchte über Staatspleite in Griechenland erschüttern Aktienmärkte

Gerüchte über einen Rückzug des IWF aus dem Hilfsprogramm für Griechenland haben am Montag die europäischen Aktienmärkte erschüttert. Der Euro schwächelt. Und auch Spanien gerät immer tiefer in den Sog der Krise.

Medienberichte über die bevorstehende Staatspleite Griechenlands haben erneut für Turbulenzen in der Euro-Zone gesorgt. Während die Kurse an den europäischen Aktienmärkte auf Talfahrt gingen, bemüht sich die Politik um Schadensbegrenzung. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums sagte am Montag, die Bundesregierung habe keine Hinweise darauf, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) sich nicht an weiteren Hilfen für das hoch verschuldete Griechenland beteiligen will. Zunächst müsse der Bericht der Troika von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) zu Griechenland abgewartet werden, der Anfang September erwartet werde. Darüber seien sich alle Mitglieder der Bundesregierung einig, fügte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter hinzu. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, es gebe keine Verlängerung des Anpassungsprogramms für Griechenland. Es gebe keine Rabatte auf Reformen.

Der “Spiegel“ hatte berichtet, der IWF habe bereits signalisiert, dass er sich an weiteren Griechenland-Hilfen nicht beteiligen werde. Damit werde eine Pleite Griechenlands im September wahrscheinlicher. Am Sonntag hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler in der ARD gesagt, er sei skeptisch, dass Griechenland die Sparauflagen erfüllen könne und in der Euro-Zone bleiben könne.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle drängt indessen zur Eile. Er spricht sich für ein Vorziehen des für September erwarteten Griechenland-Berichts der Geldgeber von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds aus. „Die Troika und Griechenland sollten zügig für Klarheit über den Stand der griechischen Reformanstrengungen sorgen“, sagte Brüderle am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Vertrauen gewinnt man nicht mit täglichen Wasserstandsmeldungen. Das führt zu Verunsicherung bei den Menschen und an den Märkten. Es ist daher zu überlegen, den Bericht der Troika nicht erst im Herbst zu veröffentlichen.“ Man habe immer betont, dass es keine Leistung ohne Gegenleistung gebe.

Die Euro-Krise lässt sich schwer bebildern - ein Dilemma für die Journalisten:

Die europäischen Aktienmärkte reagierten empfindlich auf die neuen Turbulenzen in der Euro-Krise. Der Dax fiel am Vormittag bei anziehenden Umsätzen um 1,4 Prozent auf 6538 Punkte, der EuroStoxx gab um 1,8 Prozent auf 2196 Zähler nach. Noch stärker erwischte es die Börsen in Madrid Ibex und Mailand, wo die Kurse im Schnitt um drei bis über vier Prozent absackten. Die Anleger warfen auch spanische und italienische Anleihen aus ihren Depots, was deren Renditen entsprechend in die Höhe trieb. Der Euro rutschte erstmals seit zwei Jahren wieder unter die Marke von 1,21 Dollar. Im Vergleich zur japanischen Valuta fiel sie sogar auf ein Elfeinhalb-Jahres-Tief von 94,26 Yen.

Auch Spanien stürzt immer tiefer in die Krise.

“Die Schuldenkrise hat sich mit voller Wucht zurückgemeldet“, fasste ein Händler zusammen. “Vor allem die Diskussion um weitere Finanzhilfen für Griechenland ist heute in aller Munde“, sagte ein anderer. Auch die Finanzprobleme der spanischen Provinzen trügen nicht gerade zur Beruhigung bei. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist einem Zeitungsbericht zufolge nicht bereit, Griechenland nochmals Finanzhilfen zu gewähren. Da Athen aber wohl weitere Darlehen von bis zu 50 Milliarden Euro benötige, werde ein Bankrott des südeuropäischen Landes immer wahrscheinlicher, berichtete die “Süddeutsche Zeitung“.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollte in einem Interview mit der “Bild“-Zeitung keine Prognose über einen Verbleib der Griechen in der Euro-Zone abgeben. Sein Kollege Wirtschaftsminister Philipp Rösler gibt dem Land dagegen kaum noch Chancen dafür. Ab Mittwoch will die EZB griechische Staatsanleihen bei Refinanzierungsgeschäften nicht mehr als Sicherheit annehmen. Zuvor wird am Dienstag die Troika aus EZB, IWF und EU in Athen zur Prüfung der bisherigen Sparanstrengungen erwartet.

In Spanien breitet sich die Finanzkrise unterdessen immer weiter aus. Nach Valencia muss nun offenbar bald auch Murcia als zweite spanische Provinz die Zentralregierung in Madrid um Finanzhilfen bitten, wie am Sonntag bekannt wurde.

Die spanische Regierung setzte ein striktes Sparprogramm durch - und löste damit unerwartete Massenproteste aus:

Laut Händlern wird spekuliert, dass Spanien doch noch unter den Rettungsschirm springen muss. Bisher will die Regierung in Madrid lediglich für ihre Banken Hilfsgelder der Euro-Partner annehmen. Bundesfinanzminister Schäuble äußerte sich in dem Interview zuversichtlich über die Chancen Spaniens, die Krise zu meistern.

An den Märkten überwog dagegen die Skepsis: Der Kurs zehnjähriger spanischer Staatsanleihen brach um 1,96 Zähler ein, was die Rendite auf 7,59 Prozent trieb - dem höchsten Niveau seit der Einführung des Euro 1999. Auch die italienische Anleihen gerieten unter Druck. Die Rendite der Zehnjährigen kletterte auf 6,4 Prozent und lag damit so hoch wie zuletzt im Januar. Im Gegenzug fielen die Renditen der vergleichbaren deutschen Bundesanleihe auf ein Rekordtief von 1,13 Prozent.

Am Aktienmarkt bekamen vor allem die Bankenwerte die Angst der Anleger vor einer Eskalation der Schuldenkrise zu spüren. Die Aktien der italienischen UniCredit und der Intesa Sanpaolo brachen um fünf und acht Prozent ein. Die Verluste der spanischen Banken waren unwesentlich geringer: Die Aktien von Santander und BBVA verloren 2,7 Prozent beziehungsweise knapp vier Prozent. Im Dax führten die Deutsche Bank und die Commerzbank mit Verlusten von drei bis vier Prozent die Verliererliste an. Der europäische Bankendindex fiel um rund drei Prozent, der griechische Finanzindex verlor knapp fünf Prozent. Nur noch zwei griechische Banken notieren derzeit über einem Euro, die Marktkapitalisierung aller acht in dem Bankenindex gelisteten Institute liegt nach Reuters-Daten bei knapp drei Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Börsenwert der Deutschen Bank liegt alleine bei rund fünf Milliarden Euro.

Gegen den Trend stemmten sich europaweit nur wenige Aktien: Fresenius profitierten anfangs von einer Großübernahme in den USA und legten ein Prozent zu. Mit dem Gesamtmarkt gaben sie ihre Gewinne im Verlauf aber wieder ab und notierten kaum verändert. In Amsterdam reagierten Philips mit Kursgewinnen auf neue Geschäftszahlen. Der Aktienkurs stieg um bis zu 8,5 Prozent. Damit waren Philips im EuroStoxx der einige Gewinner. (Reuters/dpa)

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