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Mit wenig Kraft viel bewegen. Die Erfindung des Hebels, ein Meilenstein der Physik, wird Archimedes zugeschrieben.

© picture alliance / united archiv

Euro-Rettungschirm: EU-Finanzminister setzen den Hebel an

Am Montag wollen die Finanzminister der Eurozone über eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirm beraten. Am Ende könnten aus Milliarden Billionen werden.

Berlin/Brüssel - Wenn die Finanzminister der Euro-Zone am Montagabend in Luxemburg auseinandergehen, könnte der eine oder andere das Bedürfnis nach einem Bier verspüren. Bei dem Treffen geht es um schwindelerregende Summen. Schon jetzt sollen sie Steuergelder in Höhe von 440 Milliarden Euro an hoch verschuldete Partnerstaaten verleihen, vorausgesetzt, die beschlossene Erhöhung wird von den Parlamenten aller 17 Mitgliedsländer abgesegnet. Am Montag werden die Minister auch darüber reden, wie man aus der Summe mehr machen kann. Am Ende könnten es Billionen werden.

Am Mittwoch hatte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso bestätigt, dass seine Behörde an Vorschlägen arbeitet, um „den finanziellen Rahmen so effizient wie möglich zu nutzen“. Die Beamten wollen das Geld „hebeln“. Wie das funktioniert, können sie im Hotelzimmer mit ihrer Bierflasche ausprobieren. Ein Flaschenöffner nutzt das Prinzip der Hebelwirkung, um mit wenig Kraftaufwand einen festsitzenden Kronkorken von der Flasche zu hebeln.

In die Finanzwelt übertragen lautet das Prinzip: Mit wenig Geld einen riesigen Gewinn erzielen. In der Finanzkrise ist das Modell ziemlich in Verruf geraten. Hedgefonds zum Beispiel spekulieren in der Regel mit hohem Einsatz und hohem Risiko. Den größten Teil des Geldes haben sie sich nur geliehen. Läuft es gut, ist ihr Gewinn am Ende so groß, dass sie die Kredite locker zurückzahlen können. Platzt das Geschäft, trifft der Verlust auch die Gläubiger hart.

Mit einem Garantierahmen von insgesamt 780 Milliarden Euro könnte auch der EFSF mehrere Billionen Euro aufnehmen, um für den Fall gewappnet zu sein, dass nach Griechenland, Irland und Portugal die viel größeren Eurostaaten Spanien und Italien Probleme bekommen.

Die Lizenz zum Gelddrucken: Wie die Zukunft des Rettungsschirms aussehen könnte, lesen Sie auf Seite 2.

Eine Möglichkeit wäre: Man macht aus dem Rettungsschirm eine Bank. Mit einer Banklizenz könnte die von dem deutschen Klaus Regling geleitete Rettungsschirm-Gesellschaft Staatsanleihen von Krisenstaaten aufkaufen, um den Druck der Finanzmärkte auf diese Länder zu verringern. Die Papiere könnten sie genau wie eine Bank bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hinterlegen, als Sicherheit für Kredite. Mit dem geliehenen Geld könnten sie dann wieder Staatsanleihen aufkaufen. Die EZB lehnt dieses Modell aber ab: Es käme einer Lizenz zum Gelddrucken gleich.

Die zweite Variante ist eine Versicherungslösung: Der EFSF würde in diesem Modell nicht selbst Staatsanleihen kaufen, sondern kaufen lassen – zum Beispiel von der Zentralbank oder auch von Privatbanken und anderen Investoren. Mit dem Geld, über das der Rettungsschirm verfügt, würde er für die Verluste der Investoren geradestehen. Ein Beispiel: Würden die Finanzmärkte das Ausfallrisiko einer spanischen Staatsanleihe mit zehn Prozent bewerten, müsste der Fonds Versicherungen in Höhe von zehn Milliarden Euro ausgeben. Die Investoren hätten eine gewisse Sicherheit und würden dafür Staatsanleihen in Höhe von 100 Milliarden Euro aufkaufen. Der Rettungsschirm könnte zehnmal mehr bewirken.

Eine dritte Variante: Der ESFS vergibt Kredite, bündelt diese und verkauft sie weiter an andere Investoren. Damit hat er wieder Sicherheiten für Kredite frei. Verbriefung heißt das Prinzip, das in der Finanzkrise ebenfalls stark in Verruf geraten ist. Wie aus mit den Verhandlungen betrauten Kreisen zu hören ist, lehnt die EZB bislang alle Modelle ab.

Auch aus der deutschen Politik kommt erbitterter Widerstand. „Weitere Aufstockungen oder größere Risiken aus den übernommenen Garantien, beispielsweise über finanztechnische Hebel, lehnen wir ab“, sagte etwa CSU-Chef Horst Seehofer am Freitag im Bundesrat, wo über die Erhöhung des EFSF abgestimmt wurde. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zugesichert, dass der Bundestag vorher zustimmen müsste, sollte ein Hebel in den Ausführungsbestimmungen zum EFSF-Vertrag festgeschrieben werden. Der Minister hat nie dementiert, dass entsprechende Modelle bereits in Planung sind. Ein EU-Diplomat sagte am Freitag, dass er am Montag noch keine Beschlüsse erwarte. Die Ratifizierung in allen 17 Eurostaaten soll abgewartet werden. Allein die Debatte ist brisant genug.

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