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Kein guter Start in den Tag. An der Frankfurter Börse kennt der Leitindex zunächst nur eine Richtung: abwärts.

© Reuters

Euro und Griechenland: Schäubles Pleite-Planspiel drückt Dax unter 5000 Punkte

Wie ließe sich ein Bankrott Griechenlands beherrschen - dass die Euro-Länder hinter vorgehaltener Hand über diese Frage reden, ist kein Geheimnis. In Kombination mit einem anderen Gerücht reicht es aber, um Anleger nervös zu machen.

Griechenland steht vor dem Abgrund und die französischen Banken müssen sich offenbar auf eine Herabstufung durch die Ratingagentur Moody's gefasst machen - für die Anleger reißt die Serie von Negativschlagzeilen aus Europa nicht ab. Die Aktienmärkte gingen in die Knie. Der Dax fiel am Montag erstmals seit gut zwei Jahren unter die Marke von 5000 Punkten, er rutschte um bis zu 3,8 Prozent ab. M-Dax und Tec-Dax verloren etwa in gleichem Umfang. Bis zum Mittag erholte sich der deutsche Leitindex leicht und ließ die psychologisch wichtigen 5000 Punkte hinter sich.

Die Börsen in Mailand, Paris oder London hatten am Vormittag ebenfalls deutlich nach gegeben. "Auch wenn ich wie eine Schallplatte klinge, die hängen geblieben ist - es sind die Sorgen um den Zustand Europas, die die Märkte auf Talfahrt schicken. Die Anleger sind einfach tief verunsichert, das Vertrauen ist völlig dahin", sagte Ben Potter, Stratege bei IG Markets.

Auch der Euro kam deutlich unter die Räder: Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweise auf ein Acht-Monats-Tief von 1,3499 Dollar und lag damit rund 1,5 US-Cent unter dem New Yorker Freitagsschluss. Zur japanischen Valuta war sie mit 104,08 Yen sogar so billig wie seit Mitte 2001 nicht mehr.

"Unterstützung für Griechenland scheint zu bröckeln"

Für Unruhe sorgte vor allem, dass eine Staatspleite Griechenlands in der Euro-Zone offenbar kein Tabu mehr ist. Medienberichten vom Wochenende zufolge laufen im Bundesfinanzministerium bereits Planspiele, wie ein Bankrott beherrscht werden könnte. Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler nannte in einem Beitrag für "Die Welt" eine geordnete Insolvenz denkbar, wenn dafür die Instrumente zur Verfügung stünden.

"Die Unterstützung für das Land scheint zu bröckeln. Der Markt beginnt, mit dem schlimmsten zu rechnen“, sagte Katsunori Kitakura, Chef-Händler bei Chuo Mitsui Trust and Banking. Die Analysten der Commerzbank sehen ebenfalls Anzeichen, dass die Bundesregierung ein Ende der Griechenland-Hilfe anstrebe. "Sollte das die neue Position Berlins sein, wird das Problem der Ansteckung wieder akut."

Bereits im Mai hatten sich hohe Vertreter der Euro-Gruppe zu einem Geheimtreffen in Luxemburg getroffen, auf dem angeblich über einen möglichen Austritts Griechenlands aus der Währungsunion diskutiert wurde. Damals hatten sich Berliner Regierungskreise bemüht, diese Gerüchte zu zerstreuen.

Die Risikoaufschläge (Spreads) für zehnjährige griechische und portugiesische Bonds stiegen im Vergleich zu den entsprechenden Bundesanleihen auf bis zu 21,255 beziehungsweise 11,218 Prozent. Im Gegenzug stieg der Bund-Future auf ein Kontrakthoch von 138,32 Punkten.

Französische Medien spekulieren über Teilverstaatlichung von Banken

Dunkle Wolken brauen sich auch über den französischen Banken zusammen: BNP Paribas , Société Générale und Credit Agricole rechnen mit einer Herabstufung durch die Ratingagentur Moody's, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten. Die Titel lagen jeweils gut zehn Prozent im Minus, der europäische Bankenindex fiel um 3,8 Prozent.

Eine von französischen Medien als Option ins Spiel gebrachte teilweise Verstaatlichung der Banken wurde aber von Industrieminister Eric Besson zurückgewiesen: „So eine These heute anzusprechen erscheint mir nicht nur völlig verfrüht, sondern auch am Ziel vorbeizuschießen“, sagte er dem TV-Sender BFM.

Nach ersten Gerüchten vor wenigen Wochen ist der Börsenwert der Banken seit längerem im Sinkflug. Der Marktwert der Großbank Société Générale sank seit Anfang Juli um knapp 60 Prozent auf zuletzt nur noch etwas mehr als 13 Milliarden Euro. Die Bank zog inzwischen die Notbremse: Sie will mit Stellenabbau und Spartenverkäufen die Ertrags- und Kapitalbasis der Bank absichern.

Am deutschen Aktienmarkt gehörten die Deutsche Bank und die Commerzbank mit Abschlägen von jeweils mehr als acht Prozent bis zum Mittag zu den größten Verlierern.

Weiterhin für Unruhe sorgte auch der Abgang von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Er hatte am Freitag überraschend seinen Rücktritt angekündigt und damit die Märkte in Aufruhr versetzt. Das stärke nicht gerade das Vertrauen in die EZB, die europäische Finanzkrise in den Griff zu bekommen, sagte ein Händler. "Das hat den Märkten einen ordentlichen Schlag versetzt und das wirkt nach", ergänzte IG-Markets-Stratege Potter.

Anleger ziehen sich vom Ölmarkt zurück

Zu spüren war die Verunsicherung auch an den Rohstoffmärkten: Ein Barrel der US-Rohölsorte WTI kostete mit 85,09 Dollar 2,5 Prozent weniger als am Freitag. Das Nordsee-Öl Brent verbilligte sich um 1,9 Prozent auf 110,55 Dollar. Bei den Industriemetallen rutschte der Preis für eine Tonne Kupfer um 1,8 Prozent auf 8667,50 Dollar ab.

"Die Leute sind recht nervös wegen Griechenland und einiger anderer europäischer Staaten", sagte Fondsmanager Tetsu Emori vom Vermögensverwalter Astmax. Hoch im Kurs stand das gern als sicherer Hafen angesteuerte Gold: Für Investoren aus der Euro-Zone kostete eine Feinunze zeitweise 1373,92 Euro, der Preis kletterte damit auf ein Rekordhoch. (rtr/dpa)

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