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Wirtschaft: Euronext will die Deutschen nicht

Hauptversammlung der Vierländerbörse stimmt für Fusion mit der Wall Street / Besseres Angebot aus Frankfurt erwartet

Amsterdam/Frankfurt - Im Übernahmekampf der Börsen steht der Finanzplatz Frankfurt vor einer herben Niederlage. Die Aktionäre der Vierländerbörse Euronext lehnten am Dienstag auf ihrer Hauptversammlung in Amsterdam einen Antrag ab, der die Fusion mit der Deutschen Börse als beste Lösung bezeichnet hatte. Gleichzeitig sprach sich das Euronext-Management eindeutig für eine Fusion mit der New York Stock Exchange (Nyse) aus. Die Deutsche Börse bekräftigte am Abend, sie sei weiterhin von der „Werthaltigkeit und dem Gewinnsteigerungspotenzial“ eines Zusammenschlusses mit der Euronext überzeugt.

Der britische Hedge-Fonds TCI, der an der Deutschen Börse und an Euronext beteiligt ist, sprach sich für ein Zusammengehen mit den Frankfurtern aus. Die Fondsgesellschaft Union Investment, größer deutscher Einzelaktionär der Deutschen Börse, erwartet nun eine Erhöhung des deutschen Angebots. Eine feindliche Übernahme der Euronext wird in Frankfurt aber wohl nicht vorbereitet.Die Aktie der Deutschen Börse gab am Dienstag erneut kräftig nach.

Endgültig entschieden ist der Kampf um die in Paris ansässige Euronext, die aus den Börsen Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon sowie dem Terminmarkt-Ableger in London besteht, noch nicht. „Euronext und NYSE wird als die attraktivste Kombination gesehen“, sagte Euronext-Chef Jean-François Théodore. Bei der Abstimmung votierte eine Aktionärsmehrheit von rund 60 Prozent gegen eine Festlegung. Damit sind weitere Verhandlungen möglich. Denkbar ist, dass sowohl die Deutsche Börse als auch die New York Stock Exchange ihre Angebote nachbessern. Bereits im vergangenen Jahr war die Deutsche Börse gescheitert, den Londoner Konkurrenten LSE zu übernehmen. Dort war dann die US-Technologiebörse Nasdaq zum Zuge gekommen.

Die New Yorker Börse hatte am Montag angeboten, die Euronext für 71 Euro pro Aktie in bar und eigenen Aktien zu übernehmen. Dadurch würde ähnlich wie bei einem Bündnis von LSE und Nasdaq eine große transatlantische Börse entstehen, die gemessen am Wert der dort gehandelten Unternehmen weit an der Weltspitze stünde.

Die Deutsche Börse überbot nach einer in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten Modellrechnung das New Yorker Angebot um rund fünf Euro pro Aktie. Demnach würden die Deutschen 76,60 Euro je Aktie oder insgesamt rund 8,6 Milliarden Euro in Anteilen der neuen Gesellschaft sowie in bar zahlen. Die Euronext-Spitze hatte das präzisierte Angebot am Morgen als „trügerisch“ zurückgewiesen. Der genaue Betrag hängt noch von der Entwicklung der Aktienkurse beider Unternehmen ab. Zur Finanzierung soll ein Kredit in Höhe von zwei Milliarden Euro aufgenommen werden. Die Deutsche Börse bekräftigte, sie strebe einen Zusammenschluss unter Partnern an. Dabei soll Paris das Zentrum des Aktienhandels werden, Frankfurt dafür die Hauptverwaltung und einen Teil des wichtigen Terminhandels erhalten. Sowohl die Deutsche Börse als auch die New Yorker bezifferten den möglichen Einspareffekt durch ihre jeweils angestrebten Fusionen auf rund 300 Millionen Euro pro Jahr.

Das Euronext-Management warb auf der Hauptversammlung für eine Fusion mit der Nyse. Das Angebot biete den besten Preis, die größten Synergien und eine Basis für Wachstum, sagte Euronext-Chef Théodore. Der Chef der New Yorker Börse, John Thain, hatte erklärt, er rechne mit einer Einigung bis Dienstagabend. Für eine endgültige Abstimmung ist eine außerordentliche Hauptversammlung der Euronext notwendig. Die Deutsche Börse wird an diesem Mittwoch zu ihrer Hauptversammlung zusammenkommen.

Sollte die Fusion mit Euronext scheitern, muss die Deutsche Börse nicht unbedingt alleine bleiben. Neben Euronext gebe es weitere relevante Partner, hatte Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni vor Monaten betont. Banker sehen vor allem die Börsen in Osteuropa als mögliche Ziele. Aber auch die Börsen in Mailand und Madrid sind noch frei. mot/ro/dpa

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