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Wirtschaft: Europa nährt die Hoffnung auf niedrigere Zinsen

SINGAPUR .Die rund 700 Teilnehmer des Asiengipfels in Singapur waren überwiegend damit beschäftigt, sich nach 16 Monaten wirtschaftlicher Turbulenzen an die ersten Hoffnungsschimmer für die Region zu klammern.

SINGAPUR .Die rund 700 Teilnehmer des Asiengipfels in Singapur waren überwiegend damit beschäftigt, sich nach 16 Monaten wirtschaftlicher Turbulenzen an die ersten Hoffnungsschimmer für die Region zu klammern.Mit den "Auswirkungen des Euro auf Asien" befasste sich zum Auftakt der dreitägigen Konferenz lediglich ein einstündiges Seminar.Doch am Rande der Plenarsitzungen, an den reichlich gedeckten Buffets und in den Kaffeepausen, drehten sich auch viele Gespräche um die neue Euro-Währung und ihre Bedeutung für die Krisenregion Fernost.

Teilnehmer aus Europa wurden von den Asiaten fast begierig zu dem Thema einvernommen.Besonderes Interesse scheint dabei in Taiwan, der Volksrepublik China, der Sonderverwaltungszone Hongkong und in Singapur zu bestehen.Nach den heftigen Devisenturbulenzen der vergangenen Monate sehen viele Asiaten den Euro als einen neuen Pfeiler im Weltfinanzsystem, der zu einer Beruhigung der Märkte spürbar beitragen kann.Die Firmen in Asien scheinen abzuwarten, wissen die Auswirkungen der neuen Gemeinschaftswährung nicht so recht einzuschätzen.In der Finanzwelt Asiens scheint man dagegen einigermaßen auf den Euro vorbereitet zu sein.Je stärker der Warenaustausch mit der Europäischen Union, desto besser sind die Handelspartner in diesem Teil der Welt gerüstet.Taiwan ist dafür ein gutes Beispiel.

Taiwans Notenbank, die Central Bank of China, will die europäischen Währungen in ihrem Devisenkorb am 1.Januar 1999 auf den Euro umstellen.Es geht um einen Betrag von umgerechnet rund zehn Mrd.US-Dollar.Rund 60 Prozent der Devisenreserven von über 80 Mrd.Dollar werden in der US-Währung gehalten, etwa ein Viertel in D-Mark, je zehn Prozent in Schweizer Franken und in japanischen Yen.Da Europa zweitgrößter Handelspartner Taiwans ist, müssen die Firmen auf der Insel gut vorbereitet sein.Fast 90 Prozent seines Europahandels bestreitet Taiwan mit dem Euro-Raum.Mindestens fünf ausländische Banken in Taipei erklärten schon vor Wochen, sie wollten zum Start des Euro ihren Kunden entsprechende Konten einrichten.

In Singapur wird derzeit an Gesetzen gefeilt, die Verträge lokaler Firmen mit europäischen Partnern in deren nationalen Währungen über die Einführung des Euro hinaus sichern sollen.Das hat die Geldbehörde im September in einem Rundbrief allen Finanzinstitutionen mitgeteilt.In Malaysia trainieren europäische Geldhäuser lokale Journalisten trotz der jüngst verordneten Abschottung des Landes vom globalen Devisenmarkt in Sachen Euro, damit die Öffentlichkeit besser aufgeklärt wird.In Jakarta ruft der für den Euro zuständige Asien-Koordinator der Standard Chartered Bank, Tony Jennings, die Firmen auf, sich besser vorzubereiten.In Peking, wo man im November eine Euro-Delegation unter Führung von Kommissionschef Jacques Santer für Gespräche über die Gemeinschaftswährung erwartet, sind bereits einige Weichen gestellt.Die Volksrepublik scheint ein Fünftel ihrer Devisenreserven von über 140 Mrd.Dollar auf den Euro umstellen zu wollen.Etwa 60 Prozent werden derzeit in Dollar gehalten, je 15 Prozent in japanischen Yen und D-Mark.Chinas Haltung zum Euro wird in Europa als wichtig für die Reaktion der übrigen Länder in Asien gesehen.

Asiens Notenbanken halten mehr als ein Drittel aller weltweiten Devisenreserven, davon 60 Prozent in US-Dollar.In der "Dollarzone" Asien, so zeigen die Gespräche in Singapur am Rande des Wirtschaftsforums, scheint Bedarf an einer zweiten starken Reservewährung zu bestehen.

Gerade die Asienkrise hat gezeigt, daß die übermäßige Dollarorientierung einer der Gründe für die Misere war.Der Bedarf an Euros wird in Asien schon deshalb als hoch eingeschätzt, weil man überwiegend erwartet, daß die Gemeinschaftswährung in der Startphase stärker als der Greenback sein könnte.Außerdem: Die Staaten im Asien-Pazifik-Raum - außer Japan - haben Auslandsschulden im Umfang von rund 800 Mrd.Dollar angehäuft.Ein beträchtlicher Teil davon muß in den kommenden Jahren refinanziert werden.Und vom Euro verspricht man sich in Asien sinkende Zinsen.(HB)

MARKUS GÄRTNER

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