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Mit der Charite und vielen anderen Institutionen und Unternehmen ist Berlin ein exponierter Standort der Gesundheitswirtschaft.

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Europäische Arzneimittelbehörde: Paris wird wohl Standort der Ema

Enttäuschung in der Berliner Gesundheitswirtschaft: Im Rennen um den Standort der EU-Arzneimittelbehörde Ema ist die Entscheidung gegen die deutsche Hauptstadt gefallen.

Berlin/Frankfurt am Main - Enttäuschung in Berlin, Hoffnung in Frankfurt am Main: Einen Tag nach dem Bekanntwerden der Vorentscheidung über den Standort der Europäischen Arzneimittelbehörde (Ema) zugunsten von Paris oder Straßburg hielt sich das Lamento in der Berliner Wirtschaft aber in Grenzen. „Am Ende spielten wohl größere Beweggründe eine Rolle als allein die Standortbedingungen“, kommentierte der Sanofi-Manager Matthias Suermondt. Offenbar hatten Kanzleramt und Außenministerium in direkten Gesprächen mit der französischen Regierung die Ansiedlung der Ema in Frankreich vereinbart.

Die Ema muss ebenso wie andere EU-Behörden wegen des Brexits auf den Kontinent umziehen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Verlagerung der Europäischen Bankenaufsichts-Behörde Eba von London nach Frankfurt ist nun deutlich gestiegen. Damit wären die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angehängte europäische Bankenaufsicht SSM, die Versicherungsaufsicht EIOPA und die Eba im deutschen Finanzzentrum angesiedelt. Eine endgültige Entscheidung über die Eba soll Ende des Jahres fallen.

„Für die Ema gab es mehr Bewerber als für Olympische Spiele“, sagte Kai-Uwe Bindseil, Clustermanager der berlin-brandenburgischen Gesundheitswirtschaft, über die Attraktivität der Ema. „Wir haben uns gut verkauft und hätten die Ema sehr, sehr gerne gehabt“, sagte Bindseil auf Anfrage. Platz für die rund 1000 hochqualifizierten Arbeitskräfte hätte es auch gegeben, zum Beispiel in der Europacity nördlich des Hauptbahnhofs. „Die Gesundheitswirtschaft hat in Berlin große Schritte nach vorn getan und wir hätten den Ausschreibungskriterien bestens entsprochen“, meinte Sanofi-Manager Suermondt. „Wir haben alles hier – Großindustrie, KMUs, Start- ups und die Wissenschaft. Die Ema hätte gut in den positiven Trend der letzten Jahre gepasst.“

In der Berliner Gesundheitswirtschaft arbeiten rund 230 000 Personen in mehr als 13 000 Unternehmen. In Berlin und Brandenburg gibt es ferner 130 Kliniken und 70 Reha-Einrichtungen. Mit der Charité ist hier eine der größten Universitätskliniken Europas ansässig. Das alles hätte gut gepasst zu der Arzneimittelbehörde.

Es sind dabei nicht allein die Arbeitskräfte in der Behörde selbst, die die Ema so attraktiv macht für die Bewerberstädte, sondern auch die vielen tausend Lobbyisten, Berater und Gutachter, die sich um die Ema herum aufhalten. Nun wird Paris vermutlich der Standort oder Straßburg. Nach der Wahl Emanuel Macrons will man offenbar auf deutscher Seite dem jungen Präsidenten entgegenkommen. Und gleichzeitig die Chancen für die Verlagerung der Bankenaufsicht Eba von London nach Berlin erhöhen. Erst vor zwei Wochen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeint, Frankfurt sei „prädestiniert“ für die Eba.

Und die Finanzgemeinde trommelt mit Blick auf die Eba für Frankfurt als neuen Standort. Der Bundesverband deutscher Banken, der Sparkassenverband und der Genossenschaftsverband BVR werben seit Monaten genauso für den Bankenstandort am Main wie der Verband der Auslandsbanken. Auch „Frankfurt Main Finance“, die Interessengemeinschaft für den Finanzplatz, getragen von der Stadt Frankfurt , dem Land Hessen, Universitäten und Banken, preist Frankfurt als idealen Standort für die Eba. Dem jüngsten Banken-Monitor der Unternehmensberatung Ernst&Young zufolge plädieren zwei von drei Bankmanagern für das deutsche Finanzzentrum als künftigem Standort der Eba, die Ende vergangenen Jahres rund 160 Personen in London beschäftigte. Alfons Frese/Rolf Obertreis

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