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Wirtschaft: Europäische Postmonopole: Weitere Öffnung des Postmarktes unsicher

Zwischen Befürwortern und Gegnern einer raschen Öffnung des Postmarktes ist im EU-Ministerrat in Brüssel am Freitag eine Pattsituation entstanden. Etwa die Hälfte der Minister befürwortete eine deutliche Ausweitung der Liberalisierung bei gleichzeitiger Festlegung eines Enddatums für die vollständige Marktöffnung.

Zwischen Befürwortern und Gegnern einer raschen Öffnung des Postmarktes ist im EU-Ministerrat in Brüssel am Freitag eine Pattsituation entstanden. Etwa die Hälfte der Minister befürwortete eine deutliche Ausweitung der Liberalisierung bei gleichzeitiger Festlegung eines Enddatums für die vollständige Marktöffnung.

Die andere Hälfte will nur eine mäßige Liberalisierung ohne Enddatum, wie der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Alfred Tacke, von der Ratssitzung berichtete. Die französische EU-Präsidentschaft drängte kurz vor Ablauf ihrer Amtszeit auf eine Einigung.

"Wir haben ein Gleichgewicht zwischen beiden Vorschlägen", sagte Tacke und schloss die Möglichkeit nicht aus, dass eine Entscheidung verschoben werden müsse. Die EU-weit geltende Regelung, dass das Briefmonopol der Post auf Briefe bis zu 350 Gramm beschränkt ist, läuft erst 2004 aus.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, die Gewichtsgrenze 2003 auf 50 Gramm zu senken, was einer Marktöffnung von 20 Prozent entspricht. Der Gegenvorschlag des französischen Ratsvorsitzes, Briefe bis zu 150 Gramm für die traditionelle Post zu reservieren, entspricht einer Marktöffnung von nur sechs Prozent. Deutschland, das für die raschere Liberalisierung eintritt, will sich laut Tacke nicht auf einen Kompromiss einlassen, der kein Enddatum vorsieht. "Das kann Ende des Jahrzehnts sein", sagte der Staatssekretär. Auch die Staaten, die erst am Beginn des Marktöffnungsprozesses stünden, müssten eine Chance zur Anpassung haben. Die Niederlande sprachen sich für eine Frist bis 2008 aus. In Deutschland, wo die Beförderung von Briefen bis zu 200 Gramm der Deutschen Post vorbehalten ist, fällt das Monopol 2002.

Tacke machte aber deutlich, dass die vollständige Liberalisierung aufgeschoben werde, bis auch die anderen EU-Staaten so weit seien. Schweden und die Niederlande, deren Postmärkte schon vollständig geöffnet sind, drängen ebenso auf ein Enddatum, um auf dem EU-Binnenmarkt gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen zu haben. Da Schweden im nächsten Halbjahr die EU-Präsidentschaft übernimmt, wird für den Fall einer Verschiebung der Entscheidung ein deutlicherer Impuls für eine rasche Marktöffnung erwartet.

Die Gefahr größerer Arbeitsplatzverluste durch eine vollständige Liberalisierung der Post sieht Staatssekretär Tacke nicht. Er verwies dabei auf die Erfahrungen bei der Liberalisierung des Telekom-Sektors. Dabei habe es unter dem Strich eine Erhöhung des Arbeitsplatzangebots gegeben. Der Logistikmarkt biete ebenfalls extrem gute Aussichten.

Ab 2007 sieht Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein eine zweite Liberalisierungsstufe vor, über die die Mitgliedsstaaten sich spätestens bis Ende 2004 einigen müssten. Auf Druck einiger Mitgliedstaaten hatte er darauf verzichtet, schon jetzt eine Frist für eine vollständige Liberalisierung des Postmarktes festzulegen.

Genau hier hat die Kritik der Bundesregierung angestzt. "Wir brauchen eine klare Perspektive für neue Marktteilnehmer", hieß es in Delegationskreisen. Und auch die bisherigen Monopolisten bräuchten Planungssicherheit, vor allem wenn sie wie die Deutsche Post erst vor einigen Monaten an die Börse gegangen seien.

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