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Hassliebe. Der griechische Euro. Foto: dpa

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Europäische Union: Warum die Griechen den Euro lieben – trotz allem

Das Gerücht über den angeblich geplanten Austritt aus der Währungsgemeinschaft widerspricht den Interessen des Landes.

Athen - Allen Dementis zum Trotz machen wieder einmal Gerüchte die Runde, Griechenland wolle oder müsse die Euro- Zone verlassen. Populär wäre eine Rückkehr zur Drachme unter den Griechen nicht. Zwei Drittel, so zeigen Umfragen, sind dagegen. Kein Wunder, denn dem Euro verdanken die Griechen, die noch in den 70er und 80er Jahren mit zweistelligen Inflationsraten kämpften, relative Preisstabilität und billige Kredite. Deshalb möchten die meisten den Euro nicht wieder hergeben. Die Gemeinschaftswährung hat den Griechen zwar in den vergangenen neun Jahren Wohlstand und hohe Wachstumsraten beschert.

Zugleich aber wurde der Euro dem Land zum Verhängnis. Denn die niedrigen Zinsen verführten Bürger und Staat dazu, über ihre Verhältnisse zu leben. Der harte Euro verteuerte überdies die griechischen Exporte und die Dienstleistungen, vor allem im Tourismus. Zu Zeiten der Drachme konnten die Griechen diese Wettbewerbsnachteile immer wieder durch Abwertungen ausgleichen. Das geht jetzt nicht mehr, denn die Zins- und Währungspolitik wird bei der Europäischen Zentralbank (EZB) gemacht.

Die von vielen Politikern gehegte Hoffnung, die Währungsunion werde quasi automatisch dazu führen, dass sich das wirtschaftliche Gefälle zwischen den Mitgliedsländern ausgleiche, hat sich nicht erfüllt. Das genaue Gegenteil ist eingetreten. So gesehen ist der Euro eine der Ursachen für die griechische Schuldenkrise.

Befürworter einer Rückkehr zur Drachme argumentieren, Griechenland werde damit international wieder wettbewerbsfähig, könnte seine Exporte ankurbeln und nachhaltig wachsen. Aber die Ausfuhren spielen für die griechische Volkswirtschaft nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie steuern gerade mal sieben Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Allein mit einem Exportboom könnte das Land die Rezession kaum hinter sich lassen. Zumal die Griechen bei einer Rückkehr zur Drachme plötzlich mehr für Energieimporte und andere Einfuhren zahlen müssten. Das dürfte zu einem gewaltigen Inflationsdruck führen.

Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone würde möglicherweise mehr Probleme aufwerfen als lösen. Das Grundproblem bliebe jedenfalls bestehen: Das Land ist mit rund 330 Milliarden Euro verschuldet. Dieser Betrag entspricht dem anderthalbfachen der diesjährigen Wirtschaftsleistung. Dass Griechenland diese Schulden mit Drachmen bedienen könnte, ist völlig unvorstellbar. Der Austritt aus der Euro-Zone müsste also mit einem Offenbarungseid einhergehen: Griechenland würde sich zahlungsunfähig erklären und die Bedienung seiner Schulden einstellen. In der Praxis hieße das: Staatsbankrott. Die Gläubiger würden allenfalls einen kleinen Teil ihres an Griechenland ausgeliehenen Geldes wiedersehen. Für die griechischen Banken und Pensionskassen, die rund 75 Milliarden in eigene Staatsanleihen gesteckt haben, würde das den sicheren Untergang bedeuten. Der Staat müsste die Notenpresse anwerfen, um die heimischen Banken und Rentenkassen zu refinanzieren. Griechenland geriete damit in eine Spirale aus Inflation und immer neuen Abwertungen. Das Land würde wirtschaftlich ausbluten, soziale Unruhen wären programmiert. Aber auch die Nebenwirkungen für die Euro-Zone könnten verheerend sein. Ein Austritt Griechenlands wäre „der Anfang vom Ende der gemeinsamen Währung“, warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits vor Wochen. Gerd Höhler

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