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Wirtschaft: Europäische Zentralbank: Börsen reagieren positiv auf die Zinserhöhung

Zum fünften Mal in diesem Jahr hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) die Zinsen erhöht. Die Euro-Währungshüter beschlossen am Donnerstag in Frankfurt am Main, den entscheidenden dritten Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent anzuheben.

Zum fünften Mal in diesem Jahr hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) die Zinsen erhöht. Die Euro-Währungshüter beschlossen am Donnerstag in Frankfurt am Main, den entscheidenden dritten Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent anzuheben. Auch der Zinskorridor wurde erhöht und liegt nun zwischen 3,5 und 5,5 Prozent. Banken und Wirtschaftsverbände bezeichneten den Schritt als sinnvoll.

Der EZB-Rat erklärte, die Bedingungen und Aussichten für das Wirtschaftswachstum im Eurogebiet seien sehr günstig. "Um dieses günstige Umfeld zu erhalten, muss die Preisstabilität auf mittlere Sicht gewährleistet werden." Zugleich mahnten die Währungshüter, solide öffentliche Finanzen und weitere strukturelle Maßnahmen für mehr Flexibilität an den Arbeits- und Gütermärkten seien "der Schlüssel für einen anhaltenden Anstieg des Wachstumspotenzials".

Bei den Banken und Analysten stieß die Entscheidung der Europäischen Zentralbank zunächst auf große Zustimmung, und die Börsianer reagierten euphorisch. Der Bundesverband Deutscher Banken nannte die Entscheidung angemessen. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband erklärte, der Aufschwung könne die Erhöhung verkraften. Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken hätte sogar einen noch deutlicheren Zinsschritt für richtig gehalten.

Der Deutsche Aktienindex (Dax) hat mit einem kleinen Freudensprung reagiert. Nur Sekunden nach der Bekanntgabe einer Erhöhung des wichtigsten Leitzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte auf 4,50 Prozent schoss der Dax um mehr als 30 Punkte nach oben. Die Kursgewinne des Tages sollten allerdings nicht überbewertet werden, sagten Händler. Im Wochenverlauf seien die Erwartungen der Anleger im Vorfeld der erwarteten Zinsanhebung zunehmend pessimistischer geworden, so dass der Dax "zu stark unter Druck" geraten sei. Diese Entwicklung sei nach der Zinsentscheidung korrigiert worden. Ein dauerhaft positiver Trend habe sich aber noch nicht herausgebildet. Die Börsen in Paris und in London gewannen am Nachmittag jeweils rund 0,2 Prozent hinzu. Der Euro Stoxx 50 aus den wichtigsten Aktien in der Eurozone stieg um 0,21 Prozent auf 5177,88 Punkte.

Dem Euro hingegen half der Zinsschritt nicht: Er sank rund 30 Minuten nach der Leitzinserhöhung auf 0,8900 US-Dollar. Der Dollar wurde mit 2,1932 Mark gehandelt. Die EZB nahm den Euro-Referenzkurs auf 0,9806 Dollar zurück; damit war der Dollar 2,1961 DM wert. Händler bekräftigten ihre Aussagen der vergangenen Tage, dass die erwarteten besseren Wachstumsaussichten in den USA im Vergleich zur Euro-Zone die europäische Währung schwächten.

Bankanalysten äußerten sich positiv: Finanzexpertin Petra Köhler von der Dresdner Bank sagte, auf der einen Seite unterstreiche die EZB damit ihre Stabilitätsorientierung. Auf der anderen Seite reagiere sie aber auch nicht zu kräftig. Die inländische Preisentwicklung sei ohne Berücksichtigung der Energiepreise und der Wechselkurse nicht allzu stark. Auch die Geldmengenentwicklung zeige eine gewisse Abschwächung. "Das passt zu den 25 Basispunkten." Sorgen, mit dem Zinsschritt könnte möglicherweise die gute Konjunktur gefährdet werden, teile sie nicht. Der Konjunkturexperte des Instituts, Rolf Schneider, erklärte ebenfalls, die Zinswerhöhung werde die Konjunktur nicht gefährden, die sich ohnehin besser als erwartet entwickle. Weitere Zinsschritte würden in Richtung einer restriktiven Geldpolitik gehen. Dennoch erwarte er eine weitere Erhöhung um einen Viertelprozentpunkt bis Anfang des kommenden Jahres.

DG-Bank-Analyst Michael Holstein sagte, die Zinserhöhung sei das, was die meisten Marktteilnehmer erwartet hätten. Die EZB habe diesen Schritt in Reden und Stellungnahmen vorbereitet und habe sich damit selbst unter Zugzwang gesetzt. Der Schritt sei richtig. Commerzbank-Analyst Christoph Balz sprach ebenfalls von einer angemessenen Entscheidung. Die "Politik der kleinen Schritte" sei sinnvoller, weil die Währungshüter flexibler reagieren könnten. Zwar hätten sich die Aufwärtsrisiken der Preise etwa für Öl oder den Euro in den vergangenen Wochen verstärkt, dabei handele es sich allerdings um relativ "kurzfristige Faktoren", deren Wirkrichtung sich schnell "drehen" könne. Bei einer Erhöhung des Zinssatzes um 50 Basispunkte hätte die Europäische Zentralbank dann nicht mehr zurückgekonnt.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) reagierte nicht auf die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank. Sie beließ das für ihre Geldpolitik maßgebliche Zielband für den Dreimonats-Libor bei 3,0 bis 4,0 Prozent.

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