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Wirtschaft: Europarichter setzen EU-Wettbewerbshüter unter Druck

Der Gerichtshof in Luxemburg hat zum zweiten Mal ein Fusionsverbot von Wettbewerbskommissar Mario Monti aufgehoben

Brüssel (msb). EUWettbewerbskommissar Mario Monti hat gestern eine empfindliche Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof erlitten. Zum zweiten Mal wurde ein Fusionsverbot der EU-Wettbewerbsbehörde aufgehoben und damit die Unanfechtbarkeit Brüsseler Entscheidungen deutlich in Frage gestellt. Die EU-Kommission hatte im vergangenen Oktober ihr Veto gegen den Zusammenschluss der französischen Elektrohersteller Schneider und Legrand eingelegt. Der EuGH entschied jetzt, dass die geplante Fusion rechtmäßig gewesen wäre. Die Untersuchung der Kommission „weist Fehler und Lücken auf“, heißt es in der Erklärung des Gerichts. Dadurch fehle es ihr an Beweiskraft.

Besondere Bedeutung gewinnt die Entscheidung des EuGH deshalb, weil die EU-Fusionskontrolle schon seit geraumer Zeit kritisiert wird. Anfang Juni hatte der EuGH das Fusionsverbot für die britischen Reiseveranstalter Airtours und First Choice aufgehoben. Am Freitag wird das Gericht eine weitere Entscheidung im Fall des Zusammenschlusses der niederländischen Verpackungsfirma Tetra Laval mit der französischen Gesellschaft Sidel treffen, die Produktionsanlagen für PET-Flaschen herstellt. Die Kommission hatte den Zusammenschluss verboten, weil er sich wettbewerbshemmend auswirken könnte. Die mündliche Verhandlung lässt jedoch die Vermutung zu, dass das Gericht anderer Ansicht ist.

Der EuGH stellt in seinem gestrigen Urteil in Sachen Schneider-Legrand fest, dass die Kommission zwar die Beeinträchtigung des Wettbewerbs in bestimmten Bereichen des französischen Marktes für Elektroartikel korrekt analysiert hat. Sie habe jedoch versäumt, diese Kritik in ihre Gespräche mit den Unternehmen einzubeziehen. Die Unternehmen hätten so keine Vorschläge machen können, wie die Wettbewerbsbeschränkungen verhindert werden könnten. Außerdem habe die Kommission die Marktmacht des Konzerns überschätzt. Eine marktbeherrschende Stellung auf mehreren EU-Märkten sei nicht nachgewiesen worden.

Montis Sprecherin sagte gestern in Brüssel, bisher sei noch nicht entschieden, ob die Kommission gegen die Entscheidung klagen wolle. Sie hat zwei Monate Zeit, um das Urteil zu prüfen.

Monti nehme die Urteile sehr ernst und hoffe, künftige Fehler der Behörde durch die ohnehin geplante Reform der Fusionskontrolle vermeiden zu können, so Montis Sprecherin. Schon jetzt hat Monti Reformen eingeleitet, um die Missstände in seiner Behörde zu verbessern. Eine interne Überprüfungsinstanz soll die Untersuchungsergebnisse der Fusionskontrolleure durcharbeiten, bevor sie den übrigen Kommissaren zur Entscheidung vorgelegt werden. Nachdem die US-Kartellbehörden beim Verbot des Zusammenschlusses von General Electric und Honeywell kritisiert hatten, dass die EU-Kommission die makroökonomischen Auswirkungen ihrer Entscheidungen nicht ausreichend berücksichtige, soll ein Chefökonom zukünftig die wirtschaftlichen Folgen analysieren.

Bis Jahresende soll ein Reformpaket vorgelegt werden, das sowohl das Zustandekommen der Marktanalysen als auch die Abläufe in der EU-Wettbewerbsbehörde und die Kommunikation mit den Unternehmen verändern wird. Ursprünglich hatte Monti eine Ausweitung der Kompetenz der EU-Wettbewerbsbehörde angestrebt, wenn mehr als drei Mitgliedstaaten beteiligt waren, um so doppelte Arbeit in den nationalen Behörden zu vermeiden. Damit scheiterte er am Widerstand der nationalen Behörden - gerade auch am Präsidenten des Bundeskartellamtes Ulf Böge. Deshalb sollen sich in Zukunft wahrscheinlich Kommission und nationale Kartellbehörde jeweils darüber einigen, wer welche Fälle bearbeitet. Zudem soll es in der Wettbewerbsabteilung mehr Personal geben.

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