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Wirtschaft: Ex-Minister Müller geht zur RAG

Vom Wirtschaftsministerium an die Spitze des Bergbaukonzerns: Der neue Chef soll die Kohlesubventionen retten

Düsseldorf (juf/mjh/HB). Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) wird offenbar neuer Vorstandschef des Essener Bergbau und Chemiekonzerns RAG. „Er hat eine breite Unterstützung im Aufsichtsrat", hieß es am Donnerstag aus Aufsichtsratskreisen der früheren Ruhrkohle, „es ist eine Frage von Tagen, bis die Sache perfekt wird." Müller ist der Wunschkandidat der Arbeitnehmervertreter im RAG-Konzern. Seine Kandidatur werde inzwischen auch von den beiden RAG-Großaktionären Eon und Thyssen-Krupp mitgetragen, heißt es in beiden Unternehmen. Der dritte gewichtige RAG-Anteilseigner RWE habe ebenfalls Zustimmung signalisiert, wolle die endgültige Entscheidung aber nicht überstürzen. Müller selbst war am Donnerstag nicht zu erreichen.

Eon-Chef Ulrich Hartmann, der den RAG-Aufsichtsrat leitet, wird Müller voraussichtlich in den nächsten Tagen auf einer außerordentlichen Sitzung des Kontrollgremiums zur Wahl vorschlagen. Der bisherige RAG-Vorstandschef Karl Starzacher hatte am Dienstag überraschend seinen Rücktritt zum 31. Mai erklärt und dafür persönliche Gründe angeführt.

Die Berufung von Müller an die RAG-Spitze ist pikant: Als Wirtschaftsminister hatte er sich vehement für die Fusion von Eon mit der Ferngasgesellschaft Ruhrgas und die Neuordnung der RAG eingesetzt. Sein Ministerium hatte den umstrittenen Zusammenschluss mit einer Sondergenehmigung erst ermöglicht. Sowohl das Kartellamt als auch die Monopolkommission hatten sich zuvor gegen die Großfusion ausgesprochen. Die RAG gab Anteile an der Ruhrgas ab und sicherte sich im Gegenzug von Eon den Zugriff auf den Spezialchemiekonzern Degussa. Mit der Berufung Müllers an die RAG-Spitze könnte das Verfahren um die Eon/Ruhrgas-Ministererlaubnis jetzt in neuem Licht erscheinen: „Sollte man nachweisen können, dass Müller die Erlaubnis erteilt hat, nachdem man ihm mit dem RAG-Posten gewinkt hat, ist die Erlaubnis als Verwaltungsakt angreifbar", sagt Armin von Bogdandy, Direktor des Heidelberger Max-Planck-Instituts für öffentliches Recht.

Die Gewerkschaftsvertreter hatten Müller ins Gespräch gebracht. Sie erhoffen sich von Müllers guten Kontakten zur Bundespolitik Unterstützung in den laufenden Verhandlungen über neue Subventionen für den Steinkohlebergbau. Die Großaktionäre hatten zunächst Degussa-Chef Utz-Hellmuth Felcht favorisiert. Die Arbeitnehmervertreter hatten aber rasch Ablehnung signalisiert.

Die Arbeitnehmervertreter im RAG-Aufsichtsrat versprechen sich von Müller, dass die Zechen weiter unter dem Dach der RAG bleiben und er seine politischen Kontakte nutzt, um weitere Subventionen zu bekommen. Die Zukunft des deutschen Steinkohlebergbaus, ehemals Kerngeschäft der Ruhrkohle, ist unsicher. Die RAG hatte 1998 begonnen, sich in anderen Geschäftsfeldern zu stärken, nachdem die Bundesregierung eine drastische Rückführung der Beihilfen bis zum Jahr 2005 beschlossen hatte.

Die so genannten „weißen", also kohlefernen Aktivitäten der RAG müssen jährlich 102 Millionen Euro zur Stützung der Kohlezechen abliefern. Demnächst stehen Verhandlungen an, wie es nach 2005 weitergeht. Müller habe sich im vergangenen Jahr, als auf EU-Ebene über die mittelfristigen Perspektiven des Bergbaus verhandelt wurde, für die deutsche Steinkohle stark gemacht, betonte ein Gewerkschaftsvertreter. Er habe exzellente Kontakte zu Bundeskanzler Gerhard Schröder und der für Energiefragen zuständigen EU-Kommissarin Loyola De Palacio.

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