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Wirtschaft: Expansion ins Ausland notwendig - Unabhängigkeit betont

Von seinem Schreibtisch aus blickt Paul-Otto Faßbender hinüber auf eine Riesenbaustelle. Dort wächst ein gewaltiges Hochhaus in den Düsseldorfer Himmel empor.

Von seinem Schreibtisch aus blickt Paul-Otto Faßbender hinüber auf eine Riesenbaustelle. Dort wächst ein gewaltiges Hochhaus in den Düsseldorfer Himmel empor. Schon im nächsten Frühjahr will der Arag-Chef im 28. Stock seiner neuen Europazentrale sitzen.

Für Faßbender ist der Wolkenkratzer auch Symbol für den Aufbruch des von Familienkrisen geschüttelten Konzerns in neue Dimensionen. "Unser Unternehmen befindet sich mitten im Umbruch - vom nationalen Versicherungsunternehmen zu einer europäischen Gruppe", betont der Vorstandschef, der mit seiner Familie alle Arag-Aktien hält. Die Düsseldorfer Firmengruppe ist als Familienunternehmen ein Exot in der Versicherungsbranche. Zwar hat sie sich - neben dem Konkurrenten DAS - als führender Spezialist für Rechtsschutzpolicen in Europa einen Namen gemacht. Jedoch drängen immer mehr Konkurrenten in die einstige Arag-Domäne. Der vor 65 Jahren gegründete Mittelständler gerät unter Druck.

Faßbender spricht von einer "echten unternehmerischen Herausforderung". Über ein Vierteljahrhundert lang musste er mit der Familie seines Vetters, Ludwig, um den Einfluss auf das Firmenimperium kämpfen. Der Streit ging bis zum Bundesgerichtshof. Noch bis Ende 1998 teilten sich die verfeindeten Familienstämme die Aktien der Arag-Gruppe je zur Hälfte. Erst vor gut einem Jahr kam es zur Einigung. Jetzt haben Paul-Otto Faßbender und sein Clan allein das Sagen. Erst vor zwei Monaten setzte er seinen Vorgänger, Paul F. Heuperman, vor die Tür "weil die Chemie nicht stimmte". Er übernahm selbst den Vorstandsvorsitz. Jetzt sucht er nach einem Topmanager, der mit einem aktiven Aufsichtsratschef und Alleinaktionär zurecht kommt. Sobald der neue Mann gefunden ist, geht er zurück in den Aufsichtsrat - spätestens am 1. März 2001, länger darf er diesen Posten nicht ruhen lassen.

Aber bis dahin hat er noch alle Hände voll zu tun. Von 1994 bis heute sank der Marktanteil von 18 Prozent auf gut 14 Prozent. "Als Eigentümer und Vorstandschef kann ich den notwendigen Umbau des Konzerns beschleunigen", gibt er sich überzeugt. Und er legt ein völlig neues Versicherungsangebot vor: eine Rechtsschutzpolice für Internetnutzer. Doch er muss auch das Rechtsschutzgeschäft im Ausland weiter stärken. "Das wird uns nur mit Zukäufen gelingen", weiß Faßbender. Heute kommt erst ein Drittel des Umsatzes im Kerngeschäft, das rund 1,5 Milliarden Mark (Gesamtumsatz: 2,2 Milliarden Mark) beträgt, von Kunden jenseits der deutschen Grenzen. Doch der Arag-Chef denkt nicht nur über neue Produkte, sondern auch über neue Vertriebswege und mehr Service nach. Und er will die verhältnismäßig kleinen Sparten Lebens-, Kranken- und Sportversicherung ausbauen.

Für den geplanten Konzernumbau braucht er viel Geld. Es gehe um "Investitionen von mehreren hundert Millionen Mark", verrät er. Kann das Familienunternehmen diese Kraftanstrengung allein schaffen? Der Firmenchef verweist auf Eigenmittel aus Dividendenzahlungen, die bei der Holding geparkt seien. Warum nimmt die Arag keinen Partner mit dem nötigen Kapital auf? "Wir wollen unabhängig bleiben. Deshalb kommen weder der Verkauf von Anteilen an einen strategischen Partner noch ein Börsengang in Frage", lautet die klare Antwort.

rl, wt

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