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Wirtschaft: Experten: Bahn soll mit Schienennetz an die Börse Politiker kritisieren „Hausgutachter“ des Konzerns

Berlin - Über die Privatisierung der Deutschen Bahn ist unter Politikern und Verkehrsexperten erneut ein heftiger Streit ausgebrochen. Anlass ist das Gutachten eines Expertenrats der Bahn vom Mittwoch, in dem ein Börsengang des Staatskonzerns mitsamt dem Schienennetz empfohlen wird.

Berlin - Über die Privatisierung der Deutschen Bahn ist unter Politikern und Verkehrsexperten erneut ein heftiger Streit ausgebrochen. Anlass ist das Gutachten eines Expertenrats der Bahn vom Mittwoch, in dem ein Börsengang des Staatskonzerns mitsamt dem Schienennetz empfohlen wird. Dieser Weg erleichtere den Börsengang und entlaste am ehesten den Bundeshaushalt. Verkehrspolitiker warfen der Bahn vor, den Beirat als „Lobbyinstrument“ zu benutzen.

Die Bahn ist noch zu 100 Prozent in Staatsbesitz. Bei der angestrebten Privatisierung geht es um die Frage, ob der Bund nur die Transportgesellschaften oder aber den gesamten Konzern inklusive des 36000 Kilometer umfassenden Schienennetzes an private Anleger verkaufen soll. Die Bahn, die Gewerkschaften sowie Teile der SPD befürworten diesen so genannten integrierten Börsengang. Bündnis 90/Die Grünen, die Opposition sowie die Wirtschaft verlangen, dass der Staat die Kontrolle über das Netz behält. Sonst könne die Bahn ihre Wettbewerber behindern, argumentieren sie.

Die Bahn-Fachleute halten die Befürchtungen für unbegründet. Wenn das Netz Eigentum der Bahn bleibe, könne sie schneller an die Börse gehen als in jeder anderen Struktur, sagte Horst Albach, der Vorsitzende des Beirats. So sei der Börsenwert des Konzerns um ein Sechstel höher, wenn das Schienennetz bei der Bahn bleibe. Eine Diskriminierung von Wettbewerbern sei nicht zu befürchten, das zeige die stark gestiegene Konkurrenz für die Bahn im Güter- und im Personennahverkehr in den vergangenen Jahren. Entscheidend für mehr Wettbewerb sei eine starke Regulierung durch den Staat. Zudem sei zu erwarten, dass die Bahn in den kommenden Jahren der größte Nutzer des Netzes bleibe, fügte sein Kollege Gerd Aberle von der Universität Gießen hinzu. Deshalb müsse sie auch einen starken Einfluss auf die Investitionen behalten. Außerdem könne es Reibungsverluste zwischen Bahn-Gesellschaften und dem Netzbetreiber geben, wenn die Schienen in Staatshand blieben.

Der Grünen-Verkehrspolitiker Albert Schmidt warf der Bahn vor, ihre „bezahlten Hausgutachter“ sollten Einfluss nehmen auf ein noch nicht fertig gestelltes Gutachten des Bundestages. Dieses wird von der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton erarbeitet und soll nach der Wahl im Herbst vorgelegt werden. Der FDP-Verkehrspolitiker Horst Friedrich warf den Beiräten vor, sie machten sich „völlig unglaubwürdig“. So habe der Verkehrswissenschaftler Aberle erst im März in einem Gutachten für das Verkehrsministerium einen integrierten Börsengang der Bahn abgelehnt.

Unterdessen vereinbarten das Bundesverkehrsministerium und die Bahn ein Modernisierungsprogramm für kleinere Bahnhöfe. Dafür sollen bis Ende 2008 rund 50 Millionen Euro fließen. Davon sind für dieses Jahr zehn Millionen Euro für eine bessere Ausrüstung und Sicherheit von Stationen sowie die Sanierung denkmalgeschützter Dächer vorgesehen. Das Programm sieht zunächst an knapp 100 Bahnhöfen neue Wartezonen, Schilder oder Uhren vor. Noch 2005 begonnen werden Arbeiten unter anderem in Neubrandenburg, Stendal, Halle und Chemnitz.

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