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Wirtschaft: Experten glauben fest an den Aufschwung

ZEW-Konjunkturindex steigt überraschend stark – weil die Binnenwirtschaft in Schwung kommt

Berlin - Die Aussichten für das deutsche Wirtschaftswachstum haben sich nach der Stagnation im zweiten Quartal wieder deutlich aufgehellt. Der Konjunkturindex des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kletterte im August überraschend deutlich, wie das Institut am Dienstag erklärte. Ökonomen sehen nun gute Chancen, dass die Wirtschaft 2005 um ein Prozent und 2006 gar um bis zu zwei Prozent wächst.

Im zweiten Quartal dieses Jahres hatte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum ersten Vierteljahr stagniert. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag eine erste Schätzung, wonach der Außenhandel die Wirtschaftsleistung gebremst habe. Grund: Der Import stieg wegen des teuren Öls noch stärker als der Export. Ein Lichtblick war die Zunahme der Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen um 0,6 Prozent. Dies könnte darauf hindeuten, dass der Exportboom allmählich die Binnenwirtschaft belebt.

Diese Hoffnung äußerte auch Wolfgang Franz, der Chef des ZEW. „Vielleicht sehen wir nun gerade, wie der Funke von der Exportwirtschaft auf die Binnenwirtschaft überspringt“, sagte er zu den gestiegenen Indexzahlen. Die Kennziffer, die allmonatlich durch eine Umfrage unter 322 Finanzmarktexperten ermittelt wird, stieg um 13,0 auf 50,0 Punkte und liegt nun über dem langjährigen Mittelwert von 34,3 Punkten. An der Börse sorgten die guten Werte für eine leichte Belebung, verhinderten aber nicht, dass der Dax zum Vortag verlor.

Ökonomen erwarten nun eine spürbare Belebung in naher Zukunft. „Zusammen mit der guten Industrieproduktion und den starken Auftragseingängen könnte die Aussicht auf einen Regierungswechsel für mehr Dynamik im Inland sorgen“, sagte Marco Bargel, Chefökonom der Postbank. Für das zweite Halbjahr hofft er auf ein Wachstum von 0,5 Prozent, auch dank eines lebhaften Exportgeschäfts. Im gesamten kommenden Jahr seien sogar 1,8 Prozent drin. Anders als früher wirke der hohe Ölpreis kaum mehr bremsend auf die Firmen. „Da gibt es offenbar einen Gewöhnungseffekt“, vermutet Bargel. Deshalb sieht er auch Lichtblicke für den Arbeitsmarkt. „Wenn die Wirtschaft tatsächlich über mehrere Quartale gut läuft, wird das ab Anfang 2006 auch zu einem Aufbau von Beschäftigung führen“, prognostizierte er.

Das dürfte auch zu einer Belebung der Binnennachfrage beitragen, glaubt Gerd Haßel, Experte bei der BHF-Bank. Auf dem Arbeitsmarkt sei das Schlimmste überstanden. „Wenn die Leute nicht mehr um ihren Job zittern, gehen sie auch wieder einkaufen. Das wird schon in diesem Jahr den privaten Konsum beleben“, sagte er. Wegen der vermutlich nach einem Regierungswechsel anstehenden Mehrwertsteuer-Erhöhung dürften teurere, langlebige Güter gefragt sein – „vor allem Autos und Möbel“, befand Haßel. Ein starker Export und eine bessere Binnenwirtschaft könnten das Wachstum im kommenden Jahr dann auf fast zwei Prozent treiben.

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