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Wirtschaft: Export fällt als Konjunkturmotor aus

Zentralbank senkt Wachstumsprognose für Eurozone / Wirtschaftsforscher: Deutschland erneut in der Rezession

Berlin (hop). Die deutsche Wirtschaft rutscht weiter in die Krise. Im April ist ihr nun auch die wichtigste Stütze weggebrochen: Die deutschen Ausfuhren sind im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,4 Prozent auf 53,8 Milliarden Euro zurückgegangen, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. Im Vergleich zum März 2003 schrumpften sie saisonbereinigt um 2,2 Prozent. Unterstützung durch einen Aufschwung in Europa kann Deutschland nicht erwarten. Die Europäische Zentralbank (EZB) senkte die Wachstumsprognose für das Jahr 2003 auf 0,4 bis ein Prozent für die Eurozone. Im vergangenen Dezember hatte die EZB noch 1,1 bis 2,1 Prozent erwartet.

Für den Einbruch der deutschen Ausfuhren ist allerdings nicht allein der starke Euro verantwortlich. Der Export in Staaten außerhalb der EU wie die USA schrumpfte zwar überdurchschnittlich um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der Export in die Länder der Eurozone ging aber stärker zurück (minus 3,4 Prozent) als in die übrigen EULänder (minus 1,1 Prozent). Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe, sagte in einem Interview: „Der Euro wird als Wachstumsbremse überschätzt.“ Erst wenn er die Marke von 1,20 Dollar überschreite, sei er überbewertet.

Die EZB schrieb in ihrem Monatsbericht für Juni, erst im kommenden Jahr werde sich die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum wieder verbessern. Aber auch die Wachstumsprognose für 2004 liegt mit 1,1 bis 2,1 Prozent deutlich unter den bisherigen Annahmen von 1,9 bis 2,9 Prozent. Trotz der schlechteren Aussichten trat EZB-Präsident Wim Duisenberg Spekulationen entgegen, die Bank könne die vor kurzem auf zwei Prozent gesenkten Leitzinsen weiter drücken.

Duisenberg dämpft Zinsdiskussion

Vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments warnte EZB-Chef Duisenberg davor, von der Geldpolitik zu viel zu erwarten, und forderte von den Regierungen der Euroländer Strukturreformen. Außerdem wandte er sich gegen Sorgen, in Deutschland oder in der Eurozone drohe eine Deflation, also eine Spirale von sinkenden Preise und abnehmender Produktion. Duisenberg schloss zwar weitere Zinssenkungen nicht aus, sagte aber: „Es ist zu früh, jetzt mit der Diskussion und Spekulationen über künftige Zinsen zu beginnen.“

Neben dieser Diskussion und dem Streit über soziale Einschnitte wie zurzeit in Deutschland, Frankreich und Österreich werden aber auch die Stimmen lauter, die über öffentliche Investitionen der Konjunktur neue Impulse geben wollen. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) forderte die Bundesregierung auf, den für 2005 geplanten Schritt der Steuerreform um ein Jahr vorzuziehen. Allerdings hatte Finanzminister Hans Eichel (SPD) am Mittwoch ähnliche Forderungen schon zurückgewiesen. Dagegen will Italien, das am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, ein europäisches Konjunkturprogramm im Umfang von bis zu 70 Milliarden anstoßen. Der italienische Finanzminister Giulio Tremonti sagte am Donnerstag, das Programm solle schon zum Jahresende starten und werde nicht gegen den Stabilitätspakt verstoßen.

Wegen des schwachen Exports und der seit Jahren dürftigen Binnennachfrage ist das Bruttoinlandsprodukt nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nach dem ersten nun auch im zweiten Quartal 2003 rückläufig. Einem Minus von 0,2 Prozent folge nun ein Minus von 0,1 Prozent. Man könne daher von einer Rezession sprechen, sagte DIW-Konjunkturexperte Andreas Cors. Offizielle Daten vom Statistische Bundesamt gibt es im August.

Etwas besser als in Gesamtdeutschland werde in diesem Jahr die Entwicklung in den neuen Ländern sein. Das erwartet wiederum das IWH in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Im laufenden Jahr werde das BIP um 0,5 Prozent zulegen und 2004 um 1,5 Prozent. Besonders schwach ist die Entwicklung in der Bauwirtschaft. Für das Verarbeitende Gewerbe ist das IWH dagegen optimistisch: „Ihnen ist es in konjunkturell schwierigen Zeiten gelungen, ihre Exportfähigkeit zu erhalten und die Lohnstückkosten weiter unter das Niveau der Wettbewerber nicht zuletzt aus den alten Bundesländern zu senken.“ Die Arbeitslosenquote werde trotzdem von 18,2 auf 19 Prozent steigen.

Die Finanzmärkte reagierten kaum auf die schlechten Nachrichten. Der Deutsche Aktienindex Dax setzte seinen Höhenflug fort und erhielt nur einen kurzen Dämpfer durch die Veröffentlichung von schwachen US-Konjunkturdaten. Er schloss bei 3219,47 Punkten, das war ein Plus von 1,3 Prozent. Der Euro geriet nur leicht unter Druck und notierte bei 1,1732 Dollar.

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