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Schweine

© dpa

Export: Schweineohren süß-sauer

Die deutschen Bauern wollen bald schon Schweinefleisch nach China exportieren. Die Asiaten zahlen Spitzenpreise.

Berlin - Sie werden liebevoll verpackt wie kostbares Porzellan oder köstliche Pralinen, jeweils drei Köpfe passen in einen Kasten. „Das sieht fast aus wie ein Geschenk“, schwärmt Heike Harstick. Und wie Geschenke werden sie nach langer Reise am anderen Ende der Welt auch empfangen. Denn Schweineköpfe, hornige Pfoten und knorpelige Ohren der Borstentiere gelten in China – ganz anders als in Europa – als ausgesuchte Delikatessen. „Und dafür gibt es entsprechend Geld“, sagt Harstick, die Geschäftsführerin des Verbandes der Fleischwirtschaft.

Von diesem Geld wollen sich die deutschen Bauern einen großen Teil sichern. Voraussichtlich ab Anfang kommenden Jahres dürfen sie ihr Schweinefleisch ins bevölkerungsreichste Land der Erde verkaufen, nachdem der Zugang zuvor jahrelang versperrt war. Entsprechende Verträge sind in der vergangenen Woche in Peking unterzeichnet worden, die Details werden nach Auskunft von Agrarstaatsminister Gerd Müller (CSU) gerade noch geklärt. „Das ist ein enormes Marktpotenzial“, sagt Müller frohlockend.

Das China-Abkommen ist Teil einer großen Strategie, mit der neue Märkte außerhalb der EU für die deutschen Bauern erschlossen werden sollen. Zwar stieg der Exportwert deutscher Agrarerzeugnisse auch im ersten Halbjahr mit 18,5 Prozent (bei Fleisch sogar 25,5 Prozent) wieder kräftig an, 80 Prozent der Ausfuhren bleiben aber innerhalb der EU. Das soll sich ändern. Schweinefleisch darf bald auch nach Japan und Südafrika ausgeführt werden. Und auch Südkorea ist in Vorbereitung. „Ich hoffe, dass wir noch in den nächsten sechs Monaten zu einer Kooperation kommen“, sagte Müller dem Tagesspiegel.

„Das sind große Chancen, die sich ergeben“, sagt Detlef Breuer, Sprecher der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Die Erzeuger hoffen, damit auch die Probleme auf dem Inlandsmarkt zu lösen.

Knapp 27 Millionen Schweine werden jährlich in Deutschland gemästet, rund 20 Prozent gehen in den Export. Die Produktion ist in den vergangenen Jahren zwar kräftig gewachsen (siehe Grafik), doch das kehrt sich gerade wieder um: Wegen hoher Preise für Futter und Energie hatte jeder zehnte Betrieb im vergangenen halben Jahr aufgeben müssen. Vor allem Ferkelzüchter können seit eineinhalb Jahren keine kostendeckenden Preise mehr für ihre Tiere erzielen. Die Folge: Die Produktion wird zurückgefahren. Damit steigt der Erzeugerpreis jetzt wieder. Mit 1,80 Euro pro Kilo ist er so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Er dürfte weiter nach oben geben, wenn sich die neuen Märkte öffnen.

Vor allem, wenn sie so viel versprechend sind wie der chinesische. Chinesen sind mit insgesamt 48 Millionen Tonnen pro Jahr die weltweit größten Konsumenten von Schweinefleisch. Nach Schätzungen der Marketingorganisation der deutschen Landwirtschaft (CMA) wird der Fleischverbrauch in China in den kommenden Jahren um sieben Prozent steigen, beim Schweinefleisch sogar noch stärker.

Besonders verlockend aus deutscher Sicht ist die Tatsache, dass die Asiaten gern auf den Teilen herumkauen, die hier kaum jemand auf dem Teller sehen möchte: Schweineköpfe, Bauchspeck, Pfoten und Schnauze. „Der Export wird sich vor allem auf diese Dinge konzentrieren“, sagte ein Sprecher von Deutschlands größtem Fleischkonzern Tönnies. Schweinepfötchen, die hier im Hundefutter landen, sind in China ungefähr fünf Mal so teuer wie in Deutschland. Während sie hierzulande höchstens 69 Cent pro Kilo kosten, zahlen die Chinesen umgerechnet 2,99 Euro. Für fettes Bauchfleisch, das viele Deutsche verschmähen, geben Chinesen mit rund zwölf Euro pro Kilo sogar so viel aus wie Deutsche nur für Filets.

Zwar mästen die Chinesen inzwischen mehr als die Hälfte des weltweiten Schweinebestandes selbst (siehe Grafik), doch hat es die Natur zuletzt nicht gut gemeint mit der Region. 2007, ausgerechnet im Jahr des Schweines, raffte die Blauohren-Krankheit Millionen der Tiere dahin. Auch die verheerenden Überschwemmungen in Xiangfan in der Provinz Hubei, einem Zentrum der Schweineproduktion, dezimierten in den vergangenen Wochen die Bestände.

Die Deutschen sind aber nicht die Einzigen, die scharf auf den chinesischen Markt sind. Mit Abstand größter Importeur sind die USA. Doch die deutschen Erzeuger sind glücklich, überhaupt einen Fuß in der Tür zu haben. „Es geht ums Potenzial“, sagt der Tönnies-Sprecher. Und das ist groß: Allein im ersten Halbjahr 2008 ist das Importvolumen Chinas um mehr als das Zehnfache gestiegen.

Maren Peters

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