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Wirtschaft: EZB will Konjunktur nicht mit Zinssenkung ankurbeln

Zentralbank sieht derzeit keine Inflationsrisiken – Industrieproduktion in Deutschland zieht an

Bonn / Frankfurt (Main) (ro/dpa). Die Leitzinsen in Euroland werden in absehbarer Zeit offenbar nicht gesenkt, wohl aber auch nicht erhöht. In ihrem jüngsten Monatsbericht lässt die Europäische Zentralbank (EZB) jedenfalls durchblicken, dass sie keine entsprechenden Absichten hegt. Immerhin betont sie, dass „von den jüngsten Entwicklungen zwar weiterhin gemischte Signale ausgehen, die Risiken für die Preisstabilität jedoch wieder ausgewogener sind.“

Die europäischen Währungshüter sehen positive Einflüsse durch den stärkeren Euro, verweisen andererseits aber auf die Lohnabschlüsse und höhere Dienstleistungspreise, was nicht auf eine Abschwächung des Preisdrucks hindeute. Volkswirte in Frankfurt rechnen jetzt damit, dass die EZB den Leitzins von derzeit 3,25 Prozent frühestens im ersten Quartal 2003 um 0,25 Prozentpunkte erhöhen könnte.

Der Druck auf die EZB, die Zinsen zu senken, ist in den letzten Wochen vor dem Hintergrund der anhaltend schwachen Konjunktur, der zurückgehenden Inflationsrate und des stärkeren Euros deutlich gestiegen. Die Währungshüter im Frankfurter Euro-Tower halten allerdings weiter den derzeit aktuellen Leitzinssatz nicht für eine Konjunkturbremse. Im Gegenteil: In Europa sei derzeit reichlich Geld vorhanden. Die „erhebliche Überschussliquidität“ gebe weiterhin Anlass zur Besorgnis.

Rückendeckung erhielt die Zentralbank am Donnerstag durch die jüngsten Zahlen der Industrieproduktions-Statistik. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes stieg die Industrieproduktion in Deutschland im Juni saisonbereinigt um 1,7 Prozent. Damit wurde in etwa ausgeglichen, was an Produktion im Mai mit minus 1,6 Prozent ausgefallen war. Zu dieser Entwicklung im Mai hatten die Metallarbeiterstreiks ebenso beigetragen wie die - je nach Bundesland - drei oder vier Feiertage. Im Zweimonatsvergleich (Mai/Juni verglichen mit März/April) ergibt sich für die Industrie jedoch noch ein Produktionsrückgang von 0,9 Prozent. Und in Relation zum Vorjahr errechneten die Statistiker für Mai/Juni sogar ein deutliches Minus von 3,2 Prozent. Dabei fiel der Rückgang im Westen (minus 3,3 Prozent) stärker aus als im Osten (minus 1,8 Prozent).

Die europäischen Notenbanker sind jedenfalls optimistisch. Für die nähere Zukunft hält die EZB eine „anhaltende“ Konjunkturerholung weiterhin für „sehr wahrscheinlich". Andererseits räumt sie ein, dass die Unsicherheit über die Stärke des derzeitigen Konjunkturaufschwungs erheblich sei.

Einmal mehr warnt die EZB im jüngsten Monatsbericht vor übermäßigen Lohnsteigerungen, weil dies zu zusätzlichem Kostendruck führe. Das könnte sich nicht nur negativ auf die Preise, sondern auch auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Die Regierungen in Euroland ruft die EZB erneut nachdrücklich auf, am Stabilitäts- und Wachstumspakt festzuhalten und durch eine solide Finanzpolitik die Etats bis 2003/2004 zumindest annähernd auszugleichen. Die Regierungen sollten gleichzeitig die Reformen vorantreiben, um damit die öffentlichen Ausgaben zu reduzieren und Spielraum für Steuersenkungen zu schaffen.

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