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Wirtschaft: Falscher Profit

Markenhersteller kommen kaum gegen Produktpiraten an

Frankfurt am Main - Die Rechtsanwältin Aliki Busse geht auf der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt nur wenige Meter durch die Halle 6 – und schon hat sie einen Produktpiraten ertappt. Die Küchenschüsseln mit dem auffälligen Metallglanz und dem glatten Rand sehen haargenau aus wie Produkte ihres Mandanten, der Firma Rösle aus dem bayerischen Marktoberdorf. Auf Busses Wink beschlagnahmen die Zollbeamten die Waren, mit denen der Händler aus Indien zumindest auf dieser Messe keine Geschäfte mehr machen kann.

Doch ist das nur ein Nadelstich im Kampf gegen die weltweite Abkupferei, die auf der Ambiente – seit Freitag für das Publikum geöffnet – sichtbar wird. Innerhalb von zwei Jahren haben zum Beispiel Mitarbeiter von Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell allein in China rund drei Millionen gefälschter Faber-Castell Blei- und Farbstifte sichergestellt. Selbst neue gesetzliche Regelungen und verstärkte Aktivitäten der Original-Hersteller und der Messegesellschaften können dem volkswirtschaftlich schädlichen Treiben kaum Einhalt gebieten. Dabei wird längst nicht nur in Asien abgekupfert: Rund zwei Drittel der Plagiate stammen aus Europa und davon die Hälfte aus Deutschland.

So geht der zweifelhafte Negativpreis für besonders dreiste Kopien in diesem Jahr an die Firma Dickie Spielzeug in Fürth, an die Piko Spielwaren in Sonneberg und an die Firma Tiedemann in Bad Zwischenahn. „Verliehen“ wurde er von der Aktion Plagiarius am Freitag in Frankfurt. Die Unternehmen hatten Spielwaren unter anderem von Märklin und Einrichtungsgegenstände kopiert. „Ausgezeichnet“ wurden allerdings neben Firmen aus Polen auch wieder Hersteller aus China.

Vor 30 Jahren hatte der Ulmer Design-Professor Rido Busse die Aktion Plagiarius ins Leben gerufen, als er auf der Konsumgütermesse Ambiente ein exaktes Plagiat einer Briefwaage entdeckte, die er für die Firma Soehnle entworfen hatte. Das Plagiat hatte eine deutlich schlechtere Qualität und kostete nur ein Sechstel des Originalpreises. Die EU-Kommission schätzt, dass allein in Europa durch Plagiate ein volkswirtschaftlicher Schaden von 200 bis 300 Milliarden Euro pro Jahr entsteht. Rund 200 000 Arbeitsplätze würden vernichtet. Weltweit sollen fast acht Prozent des Handels betroffen sein. In Deutschland allein verursachen Produktpiraten jedes Jahr Schäden in Höhe von 29 Milliarden Euro.

Zwar sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren verbessert worden und die Bundesregierung plant weitere Schritte, damit künftig auch Schadenersatz eingefordert werden kann. Und immerhin hat der deutsche Zoll 2005 Plagiate im Wert von 95 Millionen Euro beschlagnahmt. „Trotzdem scheint der Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie ein Kampf gegen Windmühlen zu sein“, sagt Rido Busse. Das Geschäft ist auch lukrativ. Jährlich werden Schätzungen zufolge etwa 500 Milliarden Dollar mit Plagiaten verdient.

China gilt nach wie vor als Zentrum dreister Plagiate, weil es dort immer ehrenhaft ist, meisterhafte Kopien herzustellen. Die Welthandelsorganisation tue sich nach wie vor schwer, die westliche Vorstellung von geistigem Eigentum in Asien verständlich zu machen, klagt Faber-Castell. ro/dpa

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