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Wirtschaft: Familie Porsche - Piëch: Autoingenieur und Automanager des Jahrhunderts

Auf der Trauerfeier vor zweieinhalb Jahren erinnerte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking an die abenteuerliche Vorstellung, kurz nach Kriegsende einen Sportwagen zu bauen. Ein Auto, dass eigentlich niemand braucht, und für das nach 1945 schon gar niemand Geld hatte.

Auf der Trauerfeier vor zweieinhalb Jahren erinnerte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking an die abenteuerliche Vorstellung, kurz nach Kriegsende einen Sportwagen zu bauen. Ein Auto, dass eigentlich niemand braucht, und für das nach 1945 schon gar niemand Geld hatte. Doch "Ferry Porsche hatte eine große Vision", erinnerte Wiedeking an den Unternehmensgründer. "Ohne visionäre Eingebung kommt man nicht auf die vordergründig fixe Idee, ausgerechnet nach einem fürchterlichen Krieg Sportwagen zu entwickeln, zu bauen und dies als schiere Selbstverständlichkeit einer sich noch mit ihren Wunden quälenden Menschheit anzudienen", sagte Wiedeking über Ferdinand Anton Ernst ("Ferry") Porsche, der 88-jährig in Zell am See gestorben war. "Ich kam, wenn man so will, schon mit dem Auto auf die Welt", hatte Ferry einmal über sich gesagt. In der Tat hatte sein Vater Ferdinand, der Konstrukteur und Erfinder, die technische Begabung des Sohnes nach Kräften gefördert. Die Kreativität setzte sich fort bis in die 3. Generation: Ferrys Sohn Ferdinand Alexander wurde Designer und entwarf die Form des Porsche 911 sowie Sonnebrillen, Möbel und Straßenbahnen.

Die Bedeutung der Familie Porsche für die Autoindustrie veranschaulicht eine Abstimmung von internationalen Autojournalisten und Branchenexperten: Zum Autoingenieur des Jahrhunderts wurde der 1875 in Böhmen geborene Ferdinand Porsche gewählt, sein Enkel Ferdinand Piëch bekam den Titel des Automanagers des Jahrhunderts, und schließlich unterlag der von Porsche konstruierte VW-Käfer nur knapp dem Ford "Model T" in der Kategorie Auto des Jahrhunderts; unter die ersten fünf Pkw kam übrigens auch der Porsche 911, der seit 37 Jahren gebaut wird und sich prächtig verkauft. Gerade eben erst teilte Porsche mit, dass im laufenden Geschäftsjahr vom 911 Turbo 4000 Stück gebaut werden, ursprünglich waren nur 2500 geplant. Der Sportwagenhersteller reagiere mit der Volumensteigerung auf die "weltweit sehr lebhafte Nachfrage nach seinem Top-Modell, die selbst die optimistischen Erwartungen in Zuffenhausen übertroffen hat", teilte die Dr. Ing.h.c.F.Porsche AG mit.

Ferdinand Porsche, Sohn eines Bauklempners, wurde ohne theoretische Ausbildung zu einem Pionier der Autoindustrie. Als 25-Jähriger konstruierte er um die Jahrhundertwende bei einem Wiener Kutschenhersteller ein Elektromobil, sechs Jahr später baute Porsche als Direktor bei Austria-Daimler den ersten Benzinwagen. Als technischer Direktor in Stuttgart gab der eigensinnige und cholerische Porsche nur ein kurzes Gastspiel; 1930 machte er sich mit einem Ingenieurbüro in Stuttgart selbstständig und entwickelte nun im Auftrag der Industrie Autos; unter anderem Kleinwagen für Zündapp und NSU. Von den Nazis bekam Porsche den Auftrag das so genannten Kraft-durch-Freude-Auto als Volkswagen zu entwickeln. Dazu baute Porsche ein Werk in Wolfsburg. Die Zusammenarbeit mit den Nazis brachte den Autoentwickler nach dem Krieg zwei Jahre Haft bei der französischen Besatzungsmacht ein. Anschließend half er noch seinem Sohn bei der Entwicklung des ersten Porsche-Sportwagens, 1951 starb Ferdinand Porsche in Stuttgart.

Sohn Ferdinand und Tochter Louise führten das Erbe fort. Louise heiratete Anton Piëch, in den 40er Jahren Mitgeschäftsführer des Volkswagenwerks. Aus dieser Ehe stammt Ferdinand Piëch, heute Chef des VW-Konzerns. Louise baute nach dem Krieg die österreichische Porsche-Holding zu einem der größten Privatunternehmen des Landes auf. Und ihr Bruder Ferry entwickelte erstmals 1948 einen Porsche, den Sportwagen Typ 356 in Gmünd in Kärnten. Weitere 52 Exemplare wurden in Handarbeit gefertigt, bevor Ferry mit seinem Team 1949 nach Stuttgart-Zuffenhausen umzug und dort ein Entwicklungsbüro aufbaute. Der weltweite Erfolg Porsche begann mit dem Modell 911. "Wegweisende Technik, faszinierendes Design, überzeugende Sicherheit, intelligente Detaillösungen und unerreichte Fahrfaszination waren und sind es, die seine Sportwagen charakterisieren", beschreibt der jetzige Unternehmenschef Wiedeking die Erfolgsfaktoren. Wiedeking betont gern, dass Porsche "der letzte selbstständige Sportwagenhersteller der Welt ist" und bringt dies in Zusammenhang mit den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch, die "immer zum Unternehmen gestanden haben". Allerdings gab es häufig Zoff. Auf Drängen Ferrys zogen sich die Familien 1972 aus dem aktiven Geschäft zurück. Insbesondere Ferdinand Piëch, seit 1993 an der Spitze des VW-Konzerns soll sich immer wieder eingemischt haben. "Wir haben fast körperliche Angst vor ihm", wurde Ferry Porsche einmal zitiert. Nach schwierigen Jahren, 1992/93 gab es einen Verlust von 240 Millionen Mark, führte der Westfale Wiedeking das Unternehmen wieder nach oben. Heute ist Porsche einer der profitabelsten Autohersteller der Welt.

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