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Wirtschaft: Familienfehde bei Tchibo

Einer der Herz-Erben macht einen neuen Vorstoß, um die Zerschlagung des Konzerns zu verhindern

Berlin (msh). Die Eigentümerfamilie des Kaffeerösters Tchibo liegt weiter im Streit um die künftige Strategie des Unternehmens. Eines der fünf Kinder des Firmengründers Max Herz, Joachim Herz, machte jetzt einen neuen Vorschlag, wie ein Auseinanderbrechen des Konzerns verhindert werden könnte. Unter dem Dach der Tchibo Holding sollten zwei Geschäftseinheiten gebildet werden. Dabei soll die Kaffee und Handelssparte von den Brüdern Michael und Wolfgang Herz geführt werden und der 30-Prozent-Anteil am Kosmetikkonzern Beiersdorf von den übrigen Geschwistern Günter, Daniela und Joachim verwaltet werden. Eigentlich hatten sich die fünf Geschwister nach jahrelangem Zwist darauf verständigt, Günter und Daniela auszuzahlen. Die beiden halten zusammen fast 40 Prozent der Anteile und würden dafür rund vier Milliarden Euro von ihren Brüdern erhalten. Ein entsprechender Beschluss sollte am 18. August auf dem Eigentümertreffen der Tchibo AG gefasst werden. Neben den fünf Geschwistern nimmt nur noch Mutter Ingeborg (Anteil: 9,9 Prozent) an dieser „Hauptversammlung“ teil.

Mit dem Vorstoß von Joachim Herz, der eigentlich dem Lager von Michael und Wolfgang angehörte, werden die Karten jetzt neu gemischt. Joachim Herz wolle verhindern, dass das Unternehmen durch die Abfindung von Günter und Daniela finanziell geschwächt würde, sagte Joachim dem Handelsblatt. Zwar stehen Tchibo durch den Verkauf des Tabakkonzerns Reemtsma mehr als fünf Milliarden Euro an flüssigen Mitteln zur Verfügung. Ziel von Tchibo ist es aber, seinen Anteil beim erfolgreichen Nivea-Hersteller Beiersdorf auf eine Mehrheit aufzustocken – zumal der Hauptaktionär Allianz (44 Prozent) gerne verkaufen möchte. Joachim befürchtet, dass der Ausverkauf diese Ambitionen zunichte machen könnte.

Die Fehde zwischen den Familienmitgliedern reicht bis ins Jahr 1965 zurück. Damals starb Max Herz, der das Unternehmen nach dem Krieg aufbaute, überraschend an einem Herzinfarkt. Da die Nachfolge nicht klar geregelt war, zerstritten sich die Geschwister über die Aufteilung des Erbes. Schließlich setzte sich Günter Herz im Alter von gerade mal 25 Jahren als Ältester an die Spitze des Unternehmens. Michael und Wolfgang blieben im Unternehmen, Joachim wurde damals abgefunden.

Günter erwies sich in der Folge als Unternehmertalent, der Tchibo von einem Kaffeeverkäufer zu einem Handelskonzern machte. Jede Woche bietet Tchibo seinen Kunden neue Produkte, darunter spektakuläre Aktionen wie Rolex-Uhren und Versicherungen („Röster-Rente“). Den Großteil seines Geschäfts machen preisgünstige Konsumartikel und Textilien aus. Dabei profitierte Tchibo stark vom Trend zum Discounter. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz trotz einer flauen Einzelhandelskonjunktur um fast drei Prozent auf 3,07 Milliarden Euro.

Besonders Michael litt unter der Bevormundung durch seinen vier Jahre älteren Bruder Günter, der als selbstherrlich und ungeduldig gilt. Zum endgültigen Bruch zwischen den beiden kam es 1997, als Günter den Konkurrenten Eduscho kaufte, ohne seine Geschwister zu informieren. Ende 2001 wurde er vom Chefposten verdrängt. Der von Michael, Wolfgang und Joachim dominierte Aufsichtsrat hatte beschlossen, Günters Vertrag nicht mehr zu verlängern. Nicht mal einen Sitz im Aufsichtsrat gönnten sie dem Bruder. Joachim Herz, damals auf Seiten der anderen, sucht jetzt den Schulterschluss mit seinem Bruder Günter. In Kreisen des Aufsichtsrates heißt es, sein Plan sei eine „Einzelmeinung“. Die Entscheidung darüber fällt am 18. August.

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