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Wirtschaft: Familienpolitik in Deutschland: Wenn die Oma wandern ist

In der letzten Zeit mal blaugemacht, weil der Kindergarten Ferien hat und die Oma wandern ist? Schon mal mit schlechtem Gewissen zu einem beruflichen Termin gerast, dauernd in Alarmbereitschaft, es könnte etwas mit dem Kind passiert sein?

In der letzten Zeit mal blaugemacht, weil der Kindergarten Ferien hat und die Oma wandern ist? Schon mal mit schlechtem Gewissen zu einem beruflichen Termin gerast, dauernd in Alarmbereitschaft, es könnte etwas mit dem Kind passiert sein?

Wer bei der Commerzbank arbeitet oder bei Ford, den muss kein Oma-Engpass mehr jucken, hier gibt es reichlich hilfbereite Omas. Wo diese Omas herkommen? Bei der Commerzbank kommen sie von Gisela Erler. Die Firma von Gisela Erler heißt "Familienservice" und sie entwickelt Ideen, die es leichter machen sollen, Familie und Beruf miteinander zu verbinden. Vor zwei Jahren wandte sich die Commerzbank an Erler.

Die Bank suchte nach einem Konzept, das die Familien in ihrer Betreuungsplanung unterstützt. Ein Betriebskindergarten sollte es nicht sein. Zum einen gibt es genügend Kindergärten in Frankfurt am Main und zum anderen ist ein Betriebskindergarten hauptsächlich für die Familien interessant, die in der Nähe des Kindergartens wohnen. Die Bank wollte etwas anderes und Erler schlug ihr eine Einrichtung vor, die sich um die Notfälle in der Kinderbetreuung kümmert. Eine Kita, bei der die Eltern ihr Kind kurzfristig abgeben können, wenn die eigentliche Planung durcheinander kommt. "Kids & Co" heißt das Modell, das es nun seit knapp eineinhalb Jahren gibt und dessen Kosten die Commerzbank trägt. Bei Ford, die ein ähnliches Modell haben, heißt es "Ford Pänz". Hier zahlen die Mitarbeiter pro Tag und Kind 25 Mark. Damit die Mitarbeiter auch die richtige dauerhafte Betreuung für ihre Kinder finden, bieten mittlerweile viele Unternehmen einen kostenlosen Beratungs- und Vermittlungsservice durch eine Firma wie "Familienservice".

Da sich aber keine Firma so etwas alleine leisten will, betreut Gisela Erlers Firma zum Beispiel in Berlin gemeinsam die Deutsche Bank, Daimler-Chrysler, Sun Microsystems, die Bundesanstalt für Angestellte, die Wasserbetriebe, die Commerzbank und noch andere mehr. Warum die Unternehmen das alles freiwillig tun in Zeiten, in denen ständig von zu hohen Lohnnebenkosten gesprochen wird? Pathetisch könnte man antworten, weil die Unternehmen glückliche Mitarbeiter haben wollen. Arbeitsökonomisch müsste man sagen, weil die Firmen durch Serviceleistungen wie die Notfallbetreuung die Arbeitszeiten erheblich flexibler gestalten können und glückliche, flexible Mitarbeiter sind effizienter. Aber ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die Unternehmen es sich nicht mehr leisten können, eine gute Mitarbeiterin an die Mutterschaft zu verlieren. Der Wirtschaft gehen die Fachkräfte aus, die Frauen werden wichtiger.

Wichtig für Frauen, die nach der Geburt schnell wieder arbeiten wollen ist, dass sie eine Betreuung für ihre Babys finden. In Westdeutschland gibt es jedoch nur für drei Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Krippenplatz, im Osten sieht es da erheblich besser aus. Dennoch rechnen gerade die Mittelverdiener, ob es sich für sie wirklich lohnt, nach der Geburt weiter zu arbeiten. Wenn die Firma aber ein kostengünstiges Betreuungsangebot vermittelt, und - wie es die Commerzbank tut - die kritischen Fälle finanziell unterstützt, dann ist die Versuchung, nach der Geburt zu Hause zu bleiben, nicht mehr sehr groß.

In Deutschland werden diese Leistungen noch ausschließlich für qualifizierte Fachkräfte angeboten. Gisela Erler ist jedoch sicher, dass sich dieses Netz auch auf unqualifizierte Arbeitskräfte ausdehnen wird, denn gerade im Restaurationsgewerbe oder in der Hotellerie sei die Fluktuation der Arbeitskräfte fast 100 Prozent. In Amerika hätten viele Hotelketten oder auch McDonalds daher solche Familienservices schon aufgebaut.

Kerstin Kohlenberg

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