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Reinhold von Eben-Worlée ist Geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Worlée-Gruppe und Präsident des Vereins Die Familienunternehmer mit rund 6000 Mitgliedern.

© Anne Kreuz/promo

Familienunternehmer: "Die SPD braucht eine Erholungsphase in der Opposition"

Eine neue große Koalition wäre teuer: Arbeits- und Sozialversicherungen, Bürgerversicherung und höhere Steuern. Die SPD braucht eine Erholungsphase in der Opposition. Ein Gastkommentar.

2017 war kein leichtes Jahr für die SPD. Sah es kurz nach der Bundestagswahl noch so aus, als würde die Partei als Oppositionspartei zu ihrem Parteitag zusammenkommen, ist jetzt wieder alles offen. Geht die SPD nun doch in die ungeliebte Große Koalition? Bei welchem Ergebnis würde sie nach der nächsten Wahl landen? Ereilt sie das gleiche Schicksal wie die Sozialdemokraten in den Niederlanden, die von 25 auf 5,7 Prozent abgestürzt sind? Kaum jemand in der Wirtschaft will, dass die AfD dann als zweitstärkste Kraft aus den Wahlen hervorgeht. Demokratie lebt vom Wettbewerb der Ideen, die SPD könnte jetzt gezielt an einem Programm arbeiten, dass sie wieder zur Regierungsalternative werden lassen könnte.

Also doch eine Minderheitsregierung? Kritiker bezeichnen das Modell als instabil und teuer. Die SPD hat in den vergangenen Tagen einige Forderungen für eine erneute Koalition mit der Union formuliert und dabei wird klar: diese Große Koalition wird teuer. Kostenanstieg bei Arbeits- und Sozialversicherungen, Bürgerversicherung, hohe Sozialversicherungsbeiträge und höhere Steuern – um nur einige Punkte zu nennen.

Wäre eine erneute Große Koalition, die alle Gemeinsamkeiten in den letzten Jahren abgearbeitet hat wirklich stabiler? Würden die ungelösten Konfliktthemen vielleicht mit so viel Geld zugeschüttet werden, dass es die Kosten einer Minderheitsregierung weit übersteigen würde?

Die SPD hadert mit ihrer Vergangenheit

Auch innerhalb der SPD ist eine Neuauflage der Großen Koalition umstritten. Denn eigentlich braucht die Partei eine Erholungsphase in der Opposition. Dass die Agenda 2010 zum unsichtbaren Elefanten innerhalb der Partei geworden ist, sagt einiges über den Zustand der SPD aus. Statt sich mit der Zukunft auseinander zu setzen, hadert man mit der Vergangenheit. Kanzler Schröder erkannte mit Blick auf die hohe Zahl der Arbeitslosen: Ohne florierende Wirtschaft ist alles nichts. Dagegen scheinen einige SPD-Funktionäre heute die Kosten für uns Unternehmer so hochtreiben zu wollen, dass sich der Fachkräftemangel durch verringerte Wettbewerbsfähigkeit von alleine löst. Dabei unterscheiden sich unsere grundsätzlichen Ziele und die der SPD gar nicht so sehr voneinander. Der Unterschied liegt in der Umsetzung. 

Wir Familienunternehmer verfolgen keine „hire and fire“-Politik, trotzdem brauchen wir einen flexiblen Arbeitsmarkt. Wir wollen, dass Frauen aus der „Teilzeitfalle“ rauskommen, aber wichtiger als das gesetzliche Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit ist für uns der Ausbau qualifizierter Kinderbetreuungsplätze. Familienunternehmer stehen für faire Löhne, aber das von der SPD eingebrachte Lohngleichheitsgesetz greift massiv in die unternehmerische Freiheit ein und ist zugleich ein teures Bürokratiemonster. 

Sie sollte Partei aller Arbeitnehmer, nicht nur der Arbeiter, werden

Die SPD hat durch die wirkungsvolle, allerdings für uns Unternehmer teure Arbeit der bisherigen Arbeitsministerin Nahles den Schulterschluss mit den Gewerkschaften wiederhergestellt. Die Partei sollte sich nun damit beschäftigen, wie sie all den Menschen Perspektiven bieten kann, die sich abgehängt fühlen oder Angst vor dem Abstieg haben. Martin Schulz hat seine Partei während des Wahlkampfs als „letzte echte Industrie-Partei“ bezeichnet. Wenn es das ist, was die SPD sein will, sollte sie jetzt in die Opposition gehen, um sich in den nächsten Jahren programmatisch als echte Industrie-Partei und nicht nur als Partei der Arbeiter, sondern aller Arbeitnehmer aufzustellen. 

Die meisten Menschen wollen am Wirtschaftsleben aktiv teilnehmen. Nur der richtige Mix aus Unternehmenssteuern, Energiekosten, Infrastruktur und guter Ausbildung eröffnet diesen Bürgern eine Perspektive auf attraktive Arbeitsplätze und sozialen Aufstieg. Ein solches Programm, dass auch der SPD neue Zukunftschancen eröffnen würde, wird sie aber kaum entwickeln können, wenn sie widerwillig in einer Großen Koalition gefangen ist, deren schnelles Ende sie herbeisehnt.

Am Ende könnte eine Minderheitsregierung für uns alle mehr Chancen als Risiken eröffnen.

Reinhold von Eben-Worlée

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