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Blick in die USA? Chrysler hätte VW-Großaktionär Ferdinand Piech vermutlich schon ganz gerne unter dem Wolfsburger Konzerndach.

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Ferdinand Piëchs Beziehungsgespräche: Übernimmt VW Fiat?

Volkswagen führt angeblich Gespräche mit den Fiat-Aktionären über einen Verkauf. Besonders interessant: die Fiat-Töchter Chrysler und Alfa Romeo. Was beide Konzerne dementieren, finden Branchenkenner nicht abwegig.

Mal wieder eine Hochzeit im Himmel? Wiederholt sich die Geschichte aus dem Jahr 1998, als Daimler-Benz mit Chrysler fusionierte und der damalige Daimler-Chef Jürgen Schrempp sich als Hochzeitsmacher feierte? Ferdinand Piëch, damals Vorstandsvorsitzender von VW und nie ein Freund von Schrempp, belächelte damals den transatlantischen Deal. Und macht sich nun womöglich selbst auf in ein noch größeres Abenteuer.

Piëch, inzwischen 77 Jahre alt und VW-Großaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender, hat angeblich mit den Eigentümern von Fiat und Chrysler über einen Verkauf an VW gesprochen. „Der Volkswagen-Konzern lotet die Chancen auf eine Übernahme oder Teil-Übernahme des italienisch-amerikanischen Konkurrenten Fiat Chrysler aus“, schreibt das Manager-Magazin. Kann das wirklich sein? „Dass die Chianti getrunken haben, ist gut möglich“, hieß es am Donnerstag in Wolfsburg. Offiziell hört sich das natürlich anders an: Sowohl VW als auch Fiat dementieren. „Derzeit stehen keine Übernahmen auf der Agenda“, sagte ein Konzernsprecher in Wolfsburg.

Die Einkäufe der vergangenen Jahre müssen auch noch verkraftet werden: Zwar läuft die Integration von Porsche ganz gut; aber die Lkw-Allianz der VW- Nutzfahrzeuge mit den neuen VW-Töchtern MAN und Scania macht noch reichlich Arbeit; und die spanische Pkw- Marke Seat will auch nicht so recht gesund werden. Ganz zu schweigen von der mangelhaften Rendite der Kernmarke VW, die Vorstandschef Martin Winterkorn gerade beklagt hat. Wozu also sollte Europas größter Autohersteller mit seinen acht Pkw-Marken (VW, Audi, Skoda, Seat, Bentley, Bugatti, Lamborghini und Porsche), drei Lkw-Herstellern und einer Motorradfirma (Ducati) Fiat und die Fiat-Tochter Chrysler übernehmen?

VW fällt in den USA immer weiter zurück

Das wesentliche Motiv liegt offenbar in den USA: VW ist dort schwach, der Absatz sinkt seit 15 Monaten, obwohl es seit ein paar Jahren in Chattanooga (Tennessee) wieder eine Fabrik auf dem zweitgrößten Automarkt der Welt (nach China) gibt. VW, so das mögliche Kalkül der Strategen Piëch und Winterkorn, könnte mithilfe von Chrysler die schon chronische Schwäche in den USA angehen, unter anderem durch Nutzung des Chrysler-Vertriebsnetzes und des Know-hows. „Die Versuche, den amerikanischen Markt zu begreifen, waren nicht immer erfolgreich“, heißt es in Konzernkreisen. Und Fiat? Die europäischen Kartellbehörden würden womöglich die Übernahme der Traditionsmarke untersagen – das käme VW gerade recht, Fiat würde weitergereicht.

Falls die Italiener aber doch unterm Wolfsburger Konzerndach landeten, könnten auch die sich aus dem konzernweiten Baukasten mit allen möglichen Gleichteilen bedienen und dadurch deutlich effizienter und profitabler werden. „Das würde den Piëch schon reizen“, sagte ein Piëch-Kenner. Allerdings war Piëch bislang vor allem ein Interesse an der Fiat-Marke Alfa Romeo nachgesagt worden, ebenso wie an Chrysler. „Warum haben wir damals nicht zugeschlagen?“, soll der Alte einmal das Wolfsburger Management gefragt haben.

Seit Anfang des Jahres ist Chrysler 100 Prozent Fiat

Mit damals sind die Jahre 2008/2009 gemeint. Im Verlauf der Finanzkrise brach der Chrysler-Absatz ein und der drittgrößte US-Hersteller (nach General Motors und Ford) musste unter Gläubigerschutz gestellt und mit Milliarden aus Washington saniert werden. Damals stieg der clevere Fiat-Chef Sergio Marchionne mit 20 Prozent ein und sicherte sich eine Option auf mehr. Zwei Jahre später fusionierte die Fiat-Marke Lancia mit Chrysler, und Anfang 2014 übernahm Fiat schließlich die inzwischen wieder hochprofitable Chrysler Company zu 100 Prozent.

Profitabel war das Unternehmen auch Ende der 90er Jahre nach der Quasi-Übernahme durch Daimler. Doch schon nach zwei Jahren gab es Verluste, und alles in allem hat die US-Schwester oder -Tochter den Stuttgartern wenig Freude gemacht. Nach dem Ausscheiden Schrempps Ende 2005 bereitete dessen Nachfolger Dieter Zetsche die Scheidung vor und verkaufte anderthalb Jahre später Chrysler an einen Finanzinvestor.

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