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Wirtschaft: Finanzdienstleister MLP im Sturzflug

Aktie des Finanzdienstleisters verliert nach Gewinnwarnung und Gerüchten über Bilanzmanipulationen 50 Prozent

Berlin (hop/hej). Der Finanzdienstleister MLP hat seine Gewinnerwartung für 2002 korrigiert und damit die im Dax notierte Aktie zum Absturz gebracht. Anhaltende Gerüchte über Bilanzmanipulationen hätten das Unternehmen Kunden gekostet, hieß es in einer Pflichtmitteilung am Freitagabend. Das Ziel, im laufenden Jahr den Gewinn vor Steuern wieder um 30 Prozent zu steigern, sei in weite Ferne gerück. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre forderte MLP auf, außerplanmäßig Wirtschaftsprüfer die Bilanz kontrollieren zu lassen, um die Vorwürfe zu entkräften.

Die MLP-Aktie verlor nach Veröffentlichung der Gewinnwarnung knapp 50 Prozent ihres Wertes und schloss bei acht Euro. Bereits an den Vortagen hatte der Kurs im zweistelligen Prozentbereich nachgegeben. Im Herbst 2000 kostete die MLP-Aktie noch 168 Euro. Der Kurssturz gefährdet mittlerweile sogar den Verbleib von MLP im Dax, denn ein Kritierium ist der Wert der frei handelbaren Aktien. Im Dax sind die 30 wichtigsten Aktiengesellschaften Deutschlands zusammengefasst. MLP gehört gemessen an der Börsenkapitalisierung mittlerweile nicht mehr zu den Top 30. Mitte August überprüft die Deutsche Börse die Dax-Zusammensetzung. Eine Entscheidung gegen MLP sei noch nicht getroffen, sagte ein Börsensprecher.

Das Ziel, das Ergebnis vor Steuern im laufenden Jahr um 30 Prozent auf 195 (2001: 150,7) Millionen Euro zu steigern, werde nicht erreicht, teilte MLP am Abend mit. Nach einer ersten Auswertung habe der Gewinn vor Steuern im ersten Halbjahr allenfalls den Vorjahreswert von 53,7 Millionen Euro erreicht. Analysten hatten eine Revision der Prognosen bereits erwartet. Das Neugeschäft in der Lebens- und Krankenversicherung wuchs nach MLP-Angaben in den ersten sechs Monaten noch um rund 15 Prozent. Im zweiten Quartal hat es sich offenbar deutlich verlangsamt. Nach den ersten drei Monaten hatte der Versicherungs- und Finanzvermittler noch von einem Plus von 26 Prozent berichtet. Das Ergebnis vor Steuern hatte bei 24,5 Millionen Euro und damit 32 Prozent über dem Vorjahresniveau gelegen.

MLP-Chef Bernhard Termühlen begründete den Einbruch unter anderem mit dem anhaltenden Beschuss durch das Anlegermagazin „Börse Online“, das MLP in seiner jüngsten Ausgabe vorwirft, mit dem Verkauf von Vermittlerprovisionen den Gewinn 2000 und 2001 zu Lasten künftiger Gewinne um mehr als 100 Millionen Euro aufgebläht zu haben. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft. Es geht um den Verdacht, dass MLP die Verhältnisse im Jahresabschluss nicht richtig dargestellt haben soll. MLP wies die Vorwürfe zurück. Am 15. August gibt das Unternehmen seine Halbjahreszahlen bekannt.

„Niemand weiß, ob die Betrugsvorwürfe stimmen oder nicht“, sagte SdK-Vorstandsmitglied Harald Petersen dem Tagesspiegel. Allerdings unternehme der Vorstand zu wenig, um Transparenz zu schaffen: „Der Vorstand klärt nicht genug auf.“ Dagegen vermutet Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, dass MLP „weich geschossen“ werden soll, um dann billig von einem ausländischen Investoren übernommen zu werden. Der Markt habe den Finanzdienstleister vorverurteilt, und nun drehe sich die Spirale nach unten. „Ich glaube nicht an Bilanzfälschung“, sagte Hocker.

Kein Interesse an einer Übernahme des Konkurrenten hat nach eigenen Angaben der Hannoveraner Finanzdienstleister AWD. Man wolle zunächst die jüngsten Übernahmen integrieren und konsolidieren, betonte ein Sprecher. Die Krise bei MLP belastet aber auch die AWD-Aktie, die am Freitag zwischenzeitlich sechs Prozent verlor und bei 20 Euro (minus 1,4 Prozent) schloss. Nachdem die Branche lange mit dem Ruf der Unseriösität zu kämpfen hatte, fürchtet man nun, im Ansehen wieder zu sinken.

Enttäuschte MLP-Aktionäre haben wenig Hoffnung auf Schadensersatz. Man müsste den Vorständen vorsätzliches Fehlverhalten nachweisen, sagte Anlegeranwalt Klaus Nieding, das dürfte schwer sein.

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