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© dpa

Anlage: Mit dem Öl nach oben

Auch Privatanleger können vom Boom profitieren. Doch Vorsicht: Experten erwarten Rückschläge.

Heute vor zehn Jahren, also am 5. Juni 1998, kostete ein Fass Rohöl 13,08 Dollar. Aktuell ist das Barrel (159 Liter) annähernd zehn Mal so teuer. Bis auf 135 Dollar schwappte jüngst der Preis der US-Ölsorte Western Texas Intermediate (WTI), bevor er in den vergangenen Tagen wieder leicht sank – auf gut 124 Dollar. Allein binnen Jahresfrist ist der Preis damit um 90 Prozent explodiert. Dass sich Investoren rund um den Globus auf Öl gestürzt haben, wundert folglich nicht.

Über die weitere Entwicklung des Ölpreises herrscht große Unsicherheit: Die einen glauben fest an Kurse bis zu 200 Dollar, die anderen sehen eine Blase mit einem zwangsläufig nahen Crash. „Der Optionsmarkt“, sagt Michael Lewis, Leiter der Rohstoffabteilung der Deutschen Bank in London, hält derzeit „zwei völlig unterschiedliche Szenarien für gleichermaßen wahrscheinlich: dass der Ölpreis 2012 unter 105 oder auch über 245 Dollar notiert“.

Spekulanten treiben den Preis

Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank, rechnet mit „einer scharfen Korrektur unter 100 Dollar“ – allerdings erst in ein paar Monaten. „30 Dollar des Barrel-Preises“, ist sich Weinberg sicher, „gehen auf das Konto von Spekulanten und Anlegern.“ Sie treiben den Preis, indem sie, ebenso wie Händler von physischem Öl, an den Börsen Futures kaufen, das heißt, sich die Lieferung einer bestimmten Menge zu einem bestimmten Termin garantieren lassen. Wer dabei nur am Wertanstieg des Futures interessiert ist, verkauft ihn rechtzeitig wieder und „rolliert“ in einen neuen, simuliert dabei aber eine Nachfrage.

Der Chefvolkswirt des US-Ölkonzerns Chevron-Texaco hat ausgerechnet, dass an den Börsen heute das 17-Fache der realen Ölnachfrage gehandelt wird, von Spekulanten, Pensionsfonds oder auch ganz normalen Anlegern. Die milliardenschweren Geldströme von Finanzanlegern sorgen zudem für zusätzliche Schwankungen und Unsicherheiten beim Ölpreis, denn ihre Gelder können den Markt auch schnell wieder verlassen – oder auch von Long auf Short drehen, also auch auf fallende Preise spekulieren.

Knappe Vorräte, steigende Nachfrage

Gleichwohl gibt es eine Reihe von Faktoren, die den steilen Anstieg der letzten Jahre auch fundamental begründen. Dazu zählt vor allem die starke Nachfrage aus Schwellenländern wie China und Indien. In weiten Teilen Asiens wird der Ölpreis zudem so stark subventioniert, dass der Mechanismus einer Preisregulierung durch sparsameren Verbrauch außer Kraft gesetzt ist. China etwa senkt den Preis künstlich auf nur 60 Dollar je Barrel. Parallel zum Anstieg des Verbrauchs auf inzwischen weltweit 86 Millionen Barrel (das sind 13,7 Milliarden Liter) pro Tag mehren sich zudem die Hinweise, dass der Erde das Öl in absehbarer Zukunft ausgehen könnte. 40 Prozent des vorhandenen Öls, heißt es beim Bundesamt Geowissenschaften und Rohstoffe, seien bereits verbraucht. Nach Meinung von BP reichen die derzeit nachgewiesenen Ölfunde noch 40 Jahre. Und je knapper das Öl wird, desto teurer dürfte es auch werden. Wie stark der Preis nach oben geht, hängt jedoch davon ab, wie schnell und effektiv Alternativen für den weltweiten Energiehunger geschaffen und ausgebaut werden.

Auf den Dollar achten

Interessierte Anleger sollten den Ölmarkt daher „nur sehr vorsichtig“ nutzen, sagt Deutsche-Bank-Analyst Lewis. Commerzbank-Experte Weinberg dagegen hält den Rohstoffmarkt für „weiter sehr attraktiv, weil er sich unabhängig von den Aktien- und Rentenmärkten entwickelt und damit als eine Art Absicherung einsetzbar ist“. Allerdings sollten nur höchstens fünf Prozent des angelegten Geldes in Rohstoffe investiert werden, davon ein Drittel in Öl.

Dem Anleger bieten sich dafür eine Fülle von Möglichkeiten, wobei er sich vorab zwischen zwei Richtungen entscheiden muss: Entweder er investiert direkt in den Rohstoff Öl, oder er beteiligt sich indirekt an Ölfirmen und Öldienstleistern. In beiden Fällen muss der Anleger berücksichtigen, dass Öl in Dollar gehandelt wird: Der Dollarverfall um 15 Prozent binnen Jahresfrist freute zwar Ölkäufer und Autofahrer, denn der Ölpreisanstieg wurde um diesen Prozentsatz abgemildert. Investoren aus der Euro-Zone aber mussten ihre Wertentwicklung ebenfalls um 15 Prozent kürzen. Wer an einen weiteren Dollarverfall glaubt, sollte deshalb ein währungsgesichertes Investment wählen.

Direkt ins Öl investieren

Das direkte Ölinvestment ist sowohl über Zertifikate und Optionsscheine als auch über sogenannte Exchange Traded Commodities (ETC) möglich. ETC sind einfache, sehr transparente Wertpapiere, die wie Aktien gehandelt werden können und den Ölpreis direkt abbilden. ETFS Securities bietet derzeit drei ETC an: Der ETC auf die US-Ölsorte WTI (Wertpapierkennnummer A0KRKN) hat auf Jahressicht rund 70 Prozent zugelegt, daneben gibt es ein Investment auf Crude Oil (Rohöl) und eines auf die Nordseeölsorte Brent.

Auch über ganz normale Zertifikate ist ein direktes Engagement möglich, vor allem über sogenannte Tracker-Produkte, die einen Ölindex oder auch eine Ölsorte abbilden. Dazu zählt beispielsweise das Brent Crude Oil End Zertifikat von ABN Amro, das es auch in einer währungsgesicherten Variante (WKN ABN14R) gibt. Ähnliche Zertifikate bieten auch Goldman Sachs, die Dresdner Bank oder die Commerzbank an.

Produkte mit höherer Sicherheit

Wegen der Unsicherheiten auf den Ölmärkten haben viele Banken zuletzt vor allem Garantieprodukte emittiert. Ende Mai brachte Merrill Lynch ein neues Zertifikat für Brent-Öl auf den Markt (WKN ML0ECV), das drei Jahre läuft und dem Anleger zumindest den Emissionsbetrag garantiert. Hier bleibt das Risiko der Währung, denn das Zertifikat lautet auf Dollar, die der Anleger am Ende in Euro tauschen muss. Am morgigen Freitag kommt die „Oil Express Garantie Note“ auf WTI Rohöl von der ING-Bank (WKN A0TS64) auf den Markt. Der Anleger wird zu 100 Prozent an der Entwicklung des Ölpreises beteiligt und erhält am Laufzeitende eine Summe, die sich aus dem Durchschnitt von zwölf Stichtagen während der Laufzeit orientiert. Öl-Skeptiker können auch auf einen fallenden Preis setzen, etwa mit dem Open-End- Short-Zertifikat auf Brent Crude von Goldman Sachs (WKN GS01BR).

Indirekt investieren: Fonds und Zertifikate

Bei indirekten Investments hat der Anleger die Wahl zwischen Aktien von Ölfirmen oder Ölverarbeitern einerseits und passenden Energiefonds andererseits. Zu den Fonds mit der besten Wertentwicklung auf Jahressicht gehört beispielsweise der American Express Global Energy Equities (WKN A0DPBG), der in größere und mittelgroße Energieunternehmen wie Devon, Hess Corporation oder Petroleo Brasileiro investiert. Die Jahresbilanz: plus 37 Prozent. Gut geschlagen hat sich auch der Invesco Energy (WKN 658697), der nicht nur in Ölfirmen, sondern wie viele andere Energiefonds auch in alternative Energieproduzenten investiert und damit seit Juni 2007 in Dollar 44 Prozent, in Euro jedoch nur 25 Prozent zugelegt hat. Die besten Fonds erzielten binnen drei Jahren dreistellige Prozentgewinne.

Wer sein Geld konkret in einen Korb von Ölproduzenten, Verarbeitern oder Dienstleistern stecken möchte, kann dies auch über Aktienkorb-Zertifikate tun, etwa das ABN Amex Open End Oil Zertifikat (WKN 687482), das die Wertentwicklung von 13 Ölfirmen wie ChevronTextaco, Exxon-Mobile, Total, Royal Dutch Shell und anderen abbildet. Zu den Top-Performern unter den Ölaktien gehören allerdings kleinere Werte wie die Hess Corporation, ein US-Ölkonzern, mit einem Kursplus von 470 Prozent binnen fünf Jahren.

Veronika Csizi

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