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Mais

© dpa

Anlagen: Hunger und Rendite

Warum Privatanleger vorsichtig mit Spekulationsgeschäften auf dem Rohstoffmarkt sein sollten.

Ob Weizen, Soja, Mais oder Reis: Die Preise für Basis-Lebensmittel haben sich rund um den Globus in den vergangenen zwölf Monaten teilweise verdoppelt. Was einerseits in 37 Ländern, in denen die Menschen 50 bis 75 Prozent ihres Einkommens für Ernährung ausgeben müssen, zu Lebensmittel- und Hungerkrisen führt, stößt andererseits bei Anlegern auf großes Interesse: Mit steigenden Preisen für Lebensmittel lässt sich Geld verdienen.

Denn landwirtschaftliche Erzeugnisse sind nicht nur ein Handelsgut zwischen Landwirten, Industrie, Handelsketten und Verbrauchern, sondern werden vor allem in New York und Chicago, der größten Warenterminbörse der Welt, von Investoren gehandelt. Fonds, Zertifikate, Optionsscheine, Futures oder Index-Papiere: Wer in Weizenpreise, Kaffeenotierungen, Lebendrinder oder Sojabohnen investieren will, findet bei vielen Banken ein breites Angebot. Vor allem die großen Zertifikate-Anbieter surfen auf der Agro-Welle: ABN Amro, Goldman Sachs, die Deutsche Bank und die Société Générale bieten eine riesige Auswahl an Tracker-, Bonus-, Garantie- oder auch Hebel-Zertifikaten zu allen gängigen Agrarrohstoffen an. Wer lieber in ein Bündel verschiedener Agrarrohstoffe investiert, kann zwischen einem Basket-Zertifikat oder der Anlage in einem Agrar-Index wählen. Einen Korb aus Zucker, Weizen, Soja, Kaffee und Kakao etwa hat die Raiffeisen Centrobank mit ihrem „Soft Commodity Basket Fokus Nahrungsmittel“ (Wertpapierkennnummer: RCB9TR) im Angebot, vom dem es auch eine Variante mit Mais, Weizen, Zucker und Raps gibt. Beim Investment auf einen Index kann der Anleger zwischen verschiedenen Varianten wählen, etwa den RICI Agricultural Index, der 21 verschiedene Rohstoffe in sich vereint, oder den S & P GSCI Agricultural Index. Er bildet die Preisentwicklung von Weizen, Mais, Zucker, Kaffee, Sojabohnen, Kakao und Baumwolle ab und ist seit März 2007 um satte 75 Prozent gestiegen.

KOSTEN FRESSEN RENDITE AUF

Dass sich die Preisexplosion an den Rohstoffbörsen nur teilweise für europäische Anleger ausgezahlt hat, hat zwei Gründe: Zum einen werden Agrarrohstoffpreise meist über Future-Kontrakte mit einer maximalen Laufzeit von drei Monaten gehandelt. Daher müssen die Anbieter alle ein bis drei Monate in neue, oft teurere Futures „rollieren“, was Gebühren kostet und dem Kurs des Scheins einen Knick versetzt. Zudem nagt der schwache Dollar an der Wertentwicklung, denn Rohstoffe werden grundsätzlich in US-Dollar gehandelt, so dass Euro-Anleger auf Jahressicht rund 18 Prozent von der Performance abziehen müssen. Wer hier auf der sicheren Seite sein möchte, kann das Problem mit Hilfe von währungsgesicherten Quanto-Zertifikaten umgehen. So hat Goldman Sachs zwei Index-Zertifikate auf den S & P GSCI Agriculture im Angebot, von denen die währungsgesicherte Variante binnen Jahresfrist rund 40 Prozent zugelegt hat, die nicht gesicherte dagegen nur 20 Prozent (WKN: GS8T6W und GS3Y80).

Billiger und direkter lässt sich über Exchange Trade Commodities (ETC) in Agrarrohstoffe investieren. ETC sind Wertpapiere, die – ähnlich wie Indexfonds – möglichst genau den Preis des jeweiligen Futures nachbilden und fortlaufend wie Aktien ge- und verkauft werden können. Der Anbieter ETF Securities hat inzwischen zehn verschiedene ETCs auf Agrarprodukte im Angebot.

Auch mit Aktien oder Fonds lässt sich auf den Agrarboom setzen. Der Stabilitas Soft Commodities (WKN: A0LFPD) etwa setzt vorrangig auf Unternehmen, die in der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen aktiv sind. Allerdings hatte der Fondsmanager kein allzu glückliches Händchen bei der Titelauswahl, denn der Fonds liegt auf Jahressicht gut 15 Prozent im Minus und litt damit unter der allgemeinen Schwäche des Aktienmarktes. Der DWS Agribusiness (WKN: DWS0BU), der in Düngemittel- und Getreideverarbeiter investiert, liegt im Vergleich zu April 2007 gut drei Prozent im Plus. Auch hier wirkte sich der starke Dollarverfall negativ aus.

FUNDAMENTALE RISIKEN

Neben moralischen Bedenken auf einem Markt zu investieren, auf dem Milliardensummen die Preise zum Nachteil vieler Konsumenten in der dritten Welt nach oben treiben, sollten Anleger auch fundamentale Risiken kennen. Tatsache ist zwar, dass der Druck auf die Preise steigt: Die Weltbevölkerung wächst jährlich um sechs bis sieben Prozent und damit schneller als die Getreideproduktion. Gleichzeitig wird nur etwa die Hälfte der weltweiten Getreideernte von 2120 Millionen Tonnen direkt für Nahrung verwendet. Die andere Hälfte geht in Futtermittel und die Herstellung von Agrarkraftstoffen.

Doch die Spekulanten setzen nicht nur auf steigende, sondern bisweilen auch auf fallende Notierungen. Gleichzeitig beeinflussen klimatische Unwägbarkeiten die Ernte und damit auch den Preis. Zudem werden nach Erkenntnissen der Welternährungsorganisation FAO die höheren Renditechancen zur Ausweitung des Anbaus führen und damit den Preisanstieg begrenzen. Auch Christoph Eibl, Chef der auf Rohstoffe spezialisierten Tiberius Asset Management, mahnt zur Vorsicht. Die Zuwächse der Vergangenheit dürften nicht einfach fortgeschrieben werden. Wallstreet-Profi Jim Rogers hält hingegen Nahrungsmittel für „das Gold der nächsten 15 Jahre“. Einig sind sich jedoch alle: Wegen der Risiken sollten private Anleger den Anteil von sogenannten Soft Commodities im Depot auf höchstens fünf bis zehn Prozent beschränken.

Veronika Csizi

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