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Anlegerfrage: Noch kein nachhaltiger Trend

Einige Volkswirte glauben an eine schnellere Erholung der Weltwirtschaft. Wie nachhaltig ist der Trend? Eine Anlegerfrage an Oliver Borgis, Leiter Portfoliomanagement, Weberbank. Die Börse schwingt zwischen Hoffnung und Enttäuschung Noch kein nachhaltiger Trend

Deutsche Auftragseingänge, Industrieproduktion und Export haben sich zuletzt stabilisiert. Einige Volkswirte glauben an eine schnellere Erholung der Weltwirtschaft. Wie nachhaltig ist der Trend? Sollten Anleger jetzt auf den Dax setzen, der zuletzt kräftig nachgegeben hat?

Die Stabilisierung in den volkswirtschaftlichen Frühindikatoren ist leider nicht eindeutig. Zwar sind die Exporte nach einem April-Minus von neun Prozent im Mai nur noch um 4,7 Prozent geschrumpft, aber ein verlangsamter Rückgang ist noch keine Erholung. Die Industrieproduktion stieg im Mai um 3,7 Prozent – ein Hoffnungsfunke, aber nicht mehr, mahnen die Auftragseingänge. Denn die kletterten bereits im März um ebenfalls 3,7 Prozent, nur um im April wieder ins Stocken zu geraten und sich insgesamt seit Jahresanfang etwa ein Drittel unter dem Vorjahresniveau zu bewegen. Wer sich ergänzend vor Augen hält, dass zum Beispiel die Autoproduktion nach dem Auslaufen der Abwrackprämie in ein Loch zu fallen droht, sollte vor allzu voreiligen Gesundbetern der Konjunkturlage auf Basis von ein, zwei besseren Monatsdaten gewarnt sein.

Die Börse schwingt zwischen Hoffnung und Enttäuschung

Je länger die Krise andauert, desto mehr Unternehmen kommen an ihre Belastungsgrenze, irgendwann nährt die Krise die Krise. Daher steht auch dem Arbeitsmarkt nach einhelliger Meinung das Schlimmste erst noch bevor und mit ihm dem privaten Verbrauch. Auch der US-Konsument fällt als Lokomotive der Weltwirtschaft aus, weil er nach zwei Jahrzehnten zunehmend kreditfinanzierten Konsums lernen muss zu sparen und das ausweislich einer sprunghaft ansteigenden Sparquote auch tut. Bleibt noch die Hoffnung auf den Export nach China, das allerdings seinerseits sehr exportorientiert ist. Es könnte also noch eine quälende Siechtumsphase mit trendlosen Schwankungen auf niedrigem Niveau vor uns liegen.

Der Aktienmarkt wird sich davon unabhängig in stärkerem Auf und Ab bewegen, da er viele Monate im Voraus zu antizipieren sucht und zwischen Hoffnung und Enttäuschung hin- und herschwingt. Im Mai hatte er sich trotz fallender Unternehmensgewinne mit 5200 Punkten sehr weit vorgewagt und war bereits wieder mit dem 14,5-fachen der erwarteten Gewinnsumme der Dax-Aktien bewertet. Damit war er so teuer, wie zuletzt im Sommer 2007 als er bei 8000 Punkten stand. Sollte er nun in das andere Extrem eines übertriebenen Pessimismus pendeln, so wären Kurse unter 4000 Punkten keineswegs auszuschließen. Kaufen sollte jetzt nur derjenige Anleger, der bewusst kurzfristig orientiert und flexibel agiert und enge Stopp-Loss-Marken zur Verlustbegrenzung verwendet.

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an Oliver Borgis

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