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Anlegerfrage: Wie geht es weiter mit dem Dax?

Jeder Party folgt ein Kater: Der Dax hat seit März rund 60 Prozent zugelegt. Ist diese Bewegung überzogen? Oder ist sie gerechtfertigt und womöglich erst der Auftakt einer noch größeren Bewegung? Oliver Borgis Leiter des Portfoliomanagements der Weberbank antwortet.

Historisch gesehen ist ein solcher Anstieg recht selten, aber nicht ohne Vergleich. Innerhalb eines Zeitraums von rund sieben Monaten hat der Dax nur einen einzigen vergleichbaren Sturmlauf erlebt – als er im Jahr 2000 in den fünf Monaten bis Anfang März 68 Prozent gewann. Betrachtet man auch Aufschwünge von acht bis zehn Monaten Dauer, wird dies mit Zuwächsen von 74 Prozent (Januar 1986) beziehungsweise 69 Prozent (Juli 1998) und 90 Prozent (Januar 2004) sogar übertroffen. Das heißt, die jetzige Bewegung ist nahezu einzigartig schnell vonstatten gegangen. Es wäre aber nicht neu, wenn sie sich in den kommenden Monaten etwas langsamer fortsetzte.

Fragen wir weiter, ob solche dynamischen Aufwärtsbewegungen historisch von entsprechenden Abschwüngen gefolgt wurden. Zu bedenken ist, dass ein Zuwachs um zum Beispiel 100 Prozent durch einen anschließenden Verlust von nur 50 Prozent komplett vernichtet wird. Der obigen Reihe nach folgte ab März 2000 ein Verlust von 73 Prozent, ab April 1986 ein Verlust von 41 Prozent, ab Juli 1998 ein Verlust von 38 Prozent und ab Januar 2004 ein Verlust von 13 Prozent. Das letztere Beispiel mildert die Dramatik ab, aber insgesamt bleibt eine Tendenz zu extremen Rückschlägen nach derartigen Gewinnmonaten. Um die entsprechenden Risiken in der aktuellen Situation zu beurteilen, sind die Treiber der jüngsten Hausse zu hinterfragen. Diese liegen auf zwei völlig unterschiedlichen Ebenen: Liquidität und Konjunkturhoffnungen.

Die praktisch weltweit expansive Politik der niedrigen Zinsen versorgt den Markt mit billiger Liquidität, die auf die Kapitalmärkte strömt. Damit die üppige Liquiditätsvergabe aber mit Macht in risikotragende Anlagen wie Aktien und nicht nur in sichere Anlagen wie Zinspapiere drängt, muss Zuversicht in die wirtschaftliche Entwicklung gegeben sein. Über den Sommer wurde diese durch erste Verbesserungen der Konjunkturlage genährt. Da die Notenbanken früher oder später mit der Rückführung der Geldmenge beginnen werden, ist dieser Faktor aber nicht von Dauer.

Der Optimismus lässt sich indes auch nicht binnen kurzer Zeit beseitigen und kann mithin noch Monate tragen. Was sich kurzfristig ändern kann, sind die Wirtschaftserwartungen. Kritisch wird es, wenn die Impulse der staatlichen Konjunkturprogramme auslaufen, ohne dass sie einen nachhaltigen Aufschwung entfachen konnten. Die Gefahr, dass dies passiert, ist verglichen mit dem verbleibenden Kurspotenzial inzwischen sehr groß.

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