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Finanzen: Auf eigene Rechnung

Mitarbeiterbeteiligung wird künftig besser gefördert. Was sich ändert und für wen es sich lohnt.

Nur jedes 50. deutsche Unternehmen gestattet seiner Belegschaft, sich direkt am Firmenkapital zu beteiligen. Immerhin zehn Prozent der Firmen beteiligen ihre Mitarbeiter am geschäftlichen Erfolg. Deutschland liegt damit im internationalen Vergleich weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. In Frankreich machen 80 Prozent der größeren Firmen ihre Beschäftigten zu kleinen Mitunternehmern, in Großbritannien sind es 50 Prozent.

Mit neuen steuerlichen Anreizen und speziellen Fonds will die Bundesregierung nun auch in Deutschland nachbessern. Die Zahl der Beschäftigten, die sich auch finanziell im eigenen Betrieb engagieren, soll von zwei auf drei Millionen steigen. Helfen soll vor allem ein höherer steuerlicher Anreiz: Investiert ein Mitarbeiter ins eigene Unternehmen, sollen nicht nur 135, sondern 380 Euro im Jahr steuer- und sozialabgabenfrei bleiben, also brutto für netto. Dies betrifft vor allem jene Form der Mitarbeiterbeteiligung, die in Deutschland am stärksten genutzt wird: die Belegschaftsaktien.

BELEGSCHAFTSAKTIEN

Dabei geben Unternehmen – in der Mehrheit sind es größere, börsennotierte – eigene Aktien zu meist um 20 bis 40 Prozent vergünstigten Kursen an ihre Mitarbeiter aus, die damit über die Dividende und Kursgewinne direkt am geschäftlichen Erfolg (oder auch Misserfolg) ihres Arbeitgebers beteiligt sind. Allerdings sei gerade die Zahl der Belegschaftsaktionäre in den letzten Jahren drastisch gesunken, sagt Max Dietrich Kley, der Präsident des Deutschen Aktieninstituts. Hielten 1998 noch 1,66 Millionen Beschäftigte Anteile an ihrem Unternehmen, so sind es nach neuesten Zahlen nur noch 1,03 Millionen. Zu Unrecht, meint Kley, wie das Beispiel BASF zeige, wo er bis 2003 im Vorstand saß: „Hätten die Mitarbeiter seit den sechziger Jahren alle Beteiligungsprogramme voll gezeichnet, so gehörte ihnen heute mehr als ein Drittel von BASF.“ Dies entspräche einem Gegenwert von aktuell 14,3 Milliarden Euro.

DIREKTE BETEILIGUNGEN

Der Mittelstand sieht Beteiligungsmodelle noch mit Vorbehalt, denn Mitarbeiter, die Miteigentümer sind, haben natürlich Mitspracherechte. „Viele Mittelständler fürchten, sie müssten gegenüber den Angestellten ihre Zahlen offenlegen“, sagt Heinrich Beyer, der Geschäftsführer der „ Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (Agp)“, die 252 Betriebe mit Beteiligungsmodellen vertritt. Die direkte Beteiligung als GmbH- Gesellschafter sei daher noch selten: Nur 8000 Beschäftigte, meist Führungskräfte, hielten solche Anteile.

Für Tilman Löffelholz ist Transparenz kein Problem. Der Vorstand des Werkzeugherstellers Meissner im hessischen Wallau ist Chef von 320 Beschäftigten, von denen 80 Prozent zwei Drittel des Kapitals halten. Löffelholz sieht dies positiv: Die enge Bindung der Beschäftigten an ihr Unternehmen bewirke, „dass wir einen sehr niedrigen Krankenstand und praktisch keine Fluktuation haben“. Ins Tagesgeschäft mischten sich die Mitarbeiter nicht ein, allerdings kontrolliere die Belegschaft den Aufsichtsrat. Ob und in welcher Höhe Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt werde, hänge vom geschäftlichen Erfolg ab. Der scheint gewährleistet: Seit 1997 hätten sich die Anteile im Schnitt mit neun Prozent pro Jahr verzinst.

GENUSSRECHTE UND KREDITE

Häufiger als direkte Kapitalbeteiligungen sind im Mittelstand andere Instrumente: Unternehmer, denen weitgehende Rechte der Belegschaft ein Dorn im Auge sind, können auch Genussrechte ausgeben oder die Mitarbeiter als Kreditgeber nutzen. Dabei überlassen sie der Firma Geld, wobei die Zinsen häufig gewinnabhängig gestaffelt sind. Der Mitarbeiter hat Informations-, aber keine Gesellschafterrechte und muss Verluste meist mittragen. Oft wird für magere Jahre eine Mindestverzinsung vereinbart. 246 000 Beschäftigte nutzen diese Beteiligungsform.

STILLE GESELLSCHAFTER

Weitere 270 000 in etwa 1000 Unternehmen sind laut Agp gleichzeitig stille Gesellschafter im eigenen Betrieb. Bei einer direkten stillen Beteiligung sind Mitarbeiter am Kapital, nicht aber an Entscheidungen der Geschäftsleitung beteiligt. Sie verfügen jedoch über umfassende Informations- und Kontrollrechte und müssen am Gewinn beteiligt werden. Dass sie ein unternehmerisches Risiko tragen, bedeutet jedoch: Im Fall einer Pleite sind ihre Anteile wertlos, es sei denn, der Gesellschaftervertrag regelt dies anders.

BRANCHEN- UND REGIONALFONDS

Um Verlustrisiken für die Beschäftigten zu verkleinern, sollen nach den Plänen der Koalition neue Branchen- und Regionalfonds auf den Markt kommen. Die Arbeitnehmer investieren wie bei einer indirekten stillen Beteiligung auch in die eigene Firma, können das Risiko jedoch auf mehrere Firmen streuen. Unklar ist, ob sich in einem solchen Fonds beispielsweise zehn Maschinenbauer zusammenschließen oder Unternehmen einer Region, aber aus verschiedenen Branchen. Beschlossen hat die Koalition, dass die Fonds 75 Prozent des Geldes wieder in jene Unternehmen stecken müssen, deren Mitarbeiter den Fonds speisen. 25 Prozent dürfen frei investiert werden. Der Branchenverband der Investmentgesellschaften begrüßt das neue Modell zwar grundsätzlich, plädiert jedoch dafür, die Quote frei investierbarer Gelder auf 50 Prozent anzuheben. Reine Branchenfonds liefen zudem leichter Gefahr in Branchenkrisen an Wert zu verlieren, gibt auch die Cominvest, die Fondstochter der Commerzbank, zu bedenken.

Etwa 97 000 Beschäftigte sind indirekt über eine zwischengeschaltete Gesellschaft an ihrem Unternehmen beteiligt. Die Mittel können aus Gehaltsumwandlungen, aus privaten Geldern oder aus den vermögenswirksamen Leistungen (VWL) stammen, die der Arbeitgeber auf das Bruttogehalt zahlt (bis zu 40 Euro pro Monat). Auch hier plant die Koalition Verbesserungen: So soll die Arbeitnehmersparzulage erhöht und der Kreis der Berechtigten ausgeweitet werden, wenn das Geld in den Betrieb fließt. Bisher erhielt ein Mitarbeiter, der seine VWL von höchstens 400 Euro pro Jahr ins Unternehmen gesteckt und höchstens 17 900 Euro verdient hat, vom Finanzminister 18 Prozent, also 72 Euro geschenkt. Nun wird die Prämie auf 20 Prozent, also maximal 80 Euro, erhöht und bis zu einem Jahreseinkommen von 20 000 Euro (40 000 bei Ehepaaren) gezahlt.

Veronika Csizi

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