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Banken in Not: Das Loch im Norden

Schleswig-Holstein und Hamburg pumpen im letzten Moment Milliarden in ihre Landesbank.

Schleswig-Holstein und Hamburg retten ihre Landesbank, die HSH Nordbank, mit einer weiteren Kapitalspritze von drei Milliarden Euro und zusätzlichen Garantien über zehn Milliarden. Dies erklärten die Regierungen beider Länder nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung am Dienstag in Kiel. „Wir stehen zu unserer Bank“, sagte der Hamburger Regierungschef Ole von Beust (CDU). Kritiker warnten indes, Schleswig-Holstein drohe der Staatsbankrott, sollten die garantierten Summen tatsächlich fällig werden.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hatte gedroht, die HSH Nordbank zwangsweise zu schließen, weil die Kernkapitalquote auf sieben Prozent zurückgegangen war. Sie sieht neun Prozent als Untergrenze an. Angesichts der Finanzkrise ist die HSH seit Herbst in eine bedrohliche Lage geraten, vor allem wegen Spekulationen mit Wertpapieren. Anfang November griff sie erstmals auf Garantien von 30 Milliarden Euro aus dem staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin zurück. Doch es gab immer neue Probleme – die Belastungen im abgelaufenen Geschäftsjahr summieren sich auf 2,8 Milliarden Euro. Der bisherige Chef Hans Berger trat zurück, jetzt sitzt Dirk Jens Nonnenmacher auf dem Chefsessel.

Der Bund war aber nicht bereit, weiteres Geld bereitzustellen. Frisches Kapital mochten auch der US-Investor Christopher Flowers (25,7 Prozent) und der Sparkassen- und Giroverband Schleswig- Holstein (14,8 Prozent) nicht zuschießen – deshalb waren jetzt Hamburg und Schleswig-Holstein gefordert. Sie halten zusammen 60 Prozent des Instituts.

Einen Fusionspartner oder Käufer zu finden, sei in der derzeitigen Krise nicht möglich gewesen, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). „Also bleibt nur die Alternative, die Bank weiterzuführen.“ Beust betonte, man habe die Entscheidung getroffen, um 100 000 regionale Arbeitsplätze zu sichern. So gelte die HSH Nordbank, eines der zehn größten deutschen Geldinstitute, als weltweit größter Schiffsfinanzierer. Auch im Flugzeuggeschäft ist die Bank stark vertreten.

Die beiden Länder wählten zur Rettung der Bank ein Modell, das dem Soffin ähnelt. So muss die HSH für das Kapital und die Garantien, die sie bekommt, Zinsen zahlen. Die Hilfe über drei Milliarden Euro borgt sich die neue Institution zunächst am Kapitalmarkt. Im Idealfall kommen damit keine zusätzlichen Ausgaben auf die Steuerzahler zu. Geht der Plan, nach dem die Bank von 2011 oder spätestens 2012 an Gewinne erwirtschaften soll, jedoch schief, müssten Hamburg und Schleswig-Holstein die Verluste über ihre Haushalte ausgleichen.

„Zunächst entstehen keine Risiken für den Steuerzahler“, versicherte Kiels Finanzminister Rainer Wiegard. Sofern die Wirtschaft ab 2011 wieder in Fahrt kommt, wollen die Länder HSH-Aktien verkaufen und sich die Milliarden zurückholen. Zunächst aber steigt ihr Anteil an der Bank auf 80 Prozent. „Ich sehe eine reale Chance, dass wir den Kredit dadurch im Aufschwung wieder zurückzahlen können“, sagte Hamburgs Finanzsenator Michael Freytag. Weiteres Geld werde die HSH Nordbank von Schleswig-Holstein nun nicht mehr bekommen, versicherte die stellvertretende Ministerpräsidentin Ute Erdsiek-Rave (SPD).

Die FDP in Schleswig-Holstein hält das Hilfspaket für nicht ausreichend. Nach Ansicht von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki braucht die HSH in den nächsten vier bis fünf Jahren acht bis neun Milliarden Euro, um zu überleben. Aloys Altmann, der Präsident des Landesrechnungshofs von Schleswig-Holstein, schlägt mit Blick auf die finanziellen Belastungen Alarm. „Irgendwann wird aus dem virtuellen auch aktuelles Geld. Wir sind finanziell jetzt schon fast am Ende. Ich fürchte, diese Bankenrettung kann das Land nicht mehr verkraften.“

Die Bank hat angekündigt, bis 2012 rund 1100 Arbeitsplätze zu streichen und sich aus der weltweiten Geldanlagen zurückzuziehen. HSH-Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher will zudem eine Bad Bank gründen und faule Wertpapiere dorthin auslagern. Unterdessen teilte die Staatsanwaltschaft Hamburg dem Tagesspiegel mit, dass aus verschiedenen Ländern fünf Strafanzeigen zum Geschäftsgebaren der HSH Nordbank vorliegen. Es gehe um die Prüfung eines pflichtwidrigen Umgangs mit Anlagegeldern, sagte ein Sprecher der Behörde.

Dieter Hanisch[Kiel]

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