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Boni-Bonanza: Managergehälter: Neues Spiel

Bis Ende 2009 müssen Banken ihre Vergütung umstellen. Allzu streng sind die Regeln nicht. Top-Manager verdienen schon wieder wie vor der Krise.

„Die Haifische müssen gefüttert werden, sonst vermehren sie sich nicht.“ Banker muss man gut bezahlen, soll das heißen, sonst flüchten sie zur Konkurrenz. Der Vergleich mit der Raubtierwelt gefällt den Finanzjongleuren immer noch gut. Daran hat auch die Krise nichts geändert. Und das Futter für die Finanzhaie ist üppiger denn je. Die Boni, auf die sich die Wall-Street-Banker Ende 2009 freuen können, übertreffen sogar das Vor-Krisen-Niveau: 140 Milliarden Dollar. Die Begründung für die exorbitanten Sonderzahlungen: Wer wieder gute Geschäfte macht, soll auch wieder extra gut verdienen. Business as usual?

Merkwürdig still ist es in Deutschland geworden, wenn es um die Regulierung variabler Gehaltsbestandteile für deutsche Topmanager geht. Meldungen von neuen Exzessen und öffentlicher Empörung kommen aus den USA und Großbritannien. Hierzulande ist hingegen nach dem G-20-Gipfel Ende September in Pittsburg wenig über die Umsetzung der dort gefassten Beschlüsse diskutiert worden. Schon im vergangenen Herbst gelang es Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, die Öffentlichkeit zu beruhigen, indem er den Verzicht auf seine (ohnehin stark geschrumpften) Boni für 2008 erklärte. Bei der Commerzbank stieg der Staat ein. Die Spitzengehälter wurden deshalb bei 500 000 Euro gedeckelt. Bonuszahlungen sind vorerst verboten. Und sonst? „Im Casino wird von weniger Spielern vorsichtiger gespielt“, sagt Konrad Becker, Analyst beim Bankhaus Merck Finck. „Aber es ist immer noch ein Casino.“

Glaubt man Bankern und der Finanzaufsicht Bafin wird in den Geldhäusern eifrig an Bonussystemen gebastelt, die in die neue Zeit passen. Mitte August hatte die Bafin den deutschen Banken neue Vorschriften für ihre Vergütungssysteme gemacht. In den erweiterten „Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (MaRisk)“ verlangt die Behörde unter anderem, dass künftig kurzfristige Renditen nicht mehr der Maßstab für variable Vergütungsbestandteile sein dürfen. Stattdessen müssen sich Boni am „Erfolg der Organisationseinheit und am Erfolg des Instituts orientieren“. Wichtig: Stellt sich heraus, dass ein Geschäft zu unvertretbaren Risiken führt, müssen „die Verantwortlichen einen Teil oder sogar ihren gesamten Bonus zurückzahlen“.

Bis Ende Dezember sollen die neuen Bonussysteme umgesetzt sein. Doch Beobachter zweifeln, dass dies gelingt. „Nur wenige deutsche Banken haben schon konkrete neue Vergütungssysteme beschlossen, die große Masse steckt noch mitten in der Diskussion“, sagt Martin von Hören, Vergütungsexperte und Partner der Personalberatung Kienbaum. „Viele Banken werden glaubwürdige Signale setzen – 2010 wird aber ein Jahr des Übergangs.“ Die Befürchtung ist groß, dass die Erholung des Finanzsektors die Boni-Debatte in den Hintergrund drängt und die Regulierung ins Leere läuft. Zumal die Vorschriften so allgemein formuliert sind, dass den Banken Gestaltungsspielraum bleibt. An welchen Kennzahlen sollen sich Boni orientieren, wenn nicht am leicht manipulierbaren Gewinn? Über welchen Zeitraum sollen sie gezahlt werden? Und was heißt „angemessen“ und bezogen auf was?

„Die Regulierung läuft der Entwicklung hinterher“, warnt Carsten Heise von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Weil die Aufsicht nicht jeden Einzelfall regeln kann und die zivilrechtliche Vertragsfreiheit beachten muss, haben die bankinternen Arbeitsgruppen viele Freiheiten. Das räumt auch die Bafin ein. „Das ist ein luftleerer Raum, der noch gefüllt werden muss“, sagt ein Sprecher. Erst wenn alle Banken ihre Bonussysteme installiert hätten, lasse sich feststellen, ob sie nachhaltiger und nachvollziehbarer seien als früher. „Es ist nicht auszuschließen, dass Institute danebengreifen.“ Dann müsse eben nachgearbeitet werden.

Ähnlich sieht das Uwe Foullong, Finanzexperte im Vorstand der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Es gibt eine Chance, dass die neuen Regeln Exzesse in der Zukunft verhindern.“ Zu den neuen Vorschriften gehöre auch das im Sommer verabschiedete Gesetz zur Angemessenheit von Vorstandsvergütungen. Danach müssen Gehalts- und Bonibeschlüsse vom gesamten Aufsichtsrat und nicht mehr von kleinen Ausschüssen getragen werden. „Transparenz ist wichtig, nicht nur im Unternehmen, sondern in der gesamten Öffentlichkeit“, sagt Foullong. Ob sich die Banken bei der Bezahlung ihrer Spitzenkräfte künftig jedoch in die Karten schauen lassen, ist zweifelhaft. „Die deutsche Finanzbranche steht am Scheideweg“, sagt Vergütungsexperte Hören. Es gebe durchaus Banker, die Lehren aus der Finanzkrise gezogen hätten. „Aber ich bin nicht sicher, ob die Weitsichtigen schon die Mehrheit haben.“ Der Berater sieht die Gefahr, „dass sich ein Großteil der Branche mit einem leicht modifizierten Weiter-so begnügt“.

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