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Deutsche Bank: "Joe" ändert seine Lebensplanung

Eigentlich wollte der Schweizer Josef Ackermann das Geldinstitut 2010 verlassen, doch nun bleibt er bis 2013 Chef der Deutschen Bank. Seine Erben müssen sich gedulden.

Frankfurt am Main - Um 9.58 Uhr tritt der Chef von Deutschlands größter Bank am Dienstag durch einen Nebeneingang in den hell erleuchteten Saal in der Frankfurter City. Josef Ackermann nimmt auf der Bühne Platz, sein Lächeln legt sich, weicht einem konzentrierten Gesicht. Während alle Welt auf eine Erklärung wartet, warum der 61-jährige Schweizer entgegen allen Beteuerungen doch bis 2013 das Zepter bei der Deutschen Bank in der Hand behält, widmet sich Ackermann zunächst den Zahlen. Dann schneidet er das Thema fast beiläufig an: „Der Schritt entsprach nicht meiner Lebensplanung“, sagt der alte und neue Chef. Aber man habe ihn gebeten, zu verlängern. „Da habe ich mich entschlossen, meine persönlichen Interessen zurückzustellen.“

Wirklich? Ist Ackermann der Diener, den er herauskehrt, oder ist er in Wahrheit nicht vielmehr der Gewinner eines eiskalt geführten Machtkampfes? Ein Kampf, bei dem die auf der Strecke geblieben sind, die ihn beerben wollten. Vor allem die aus dem engsten Führungskreis. Eine Auseinandersetzung, an deren Ende auch Aufsichtsratschef Clemens Börsig wie ein Verlierer dasteht. Er hat den Wechsel nicht gewagt.

Bis vor wenigen Wochen ist der Abgang von Ackermann beschlossene Sache. Wiederholt erklärte dieser selbst, nur bis zur Hauptversammlung 2010 zu bleiben. Lange klingt es so, als passe nicht ein schmales Papier zwischen Ackermann und Börsig, dessen Aufgabe es seit einem Jahr ist, einen Nachfolger auszuspähen. In dieser Zeit genießt der ehemalige Finanzvorstand sichtlich die Machtfülle, die ihm seine Schlüsselrolle bei der Nachfolgersuche verschafft. Prompt passiert, was in solchen Fällen immer passiert. Der Strippenzieher wird selbst als Kandidat gehandelt. Böse Zungen streuen, dass sich Börsig selbst für wichtiger hält als Ackermann. Schon bald macht sein Spruch die Runde: „Früher musste ich zu Herrn Ackermann kommen, jetzt kommt Herr Ackermann zu mir.“ Auch andere Namen tauchen als mögliche Nachfolger auf. Rainer Neske, Chef des Privatkundengeschäfts. Hugo Bänziger, Risikovorstand der Bank. Auch über eine Doppelspitze wird spekuliert.

Doch im Frühjahr 2009 dreht sich die Stimmung. Inzwischen ist deutlich geworden, dass Ackermann die Bank bislang ohne größere Schäden durch die Krise gesteuert hat. Eine mögliche Jobalternative für Ackermann zerschlägt sich, als in seinem Heimatland die UBS einen neuen Chef bestimmt. In Frankfurt wollen fast alle „Joe“, wie sie ihn nun nennen, behalten. Aufsichtsräte stimmen geradezu Lobeshymnen auf Ackermann an. Sie verweisen auf seine Rolle bei der Rettung der Hypo Real Estate, seine Bedeutung als Gesprächspartner der Mächtigen. Auch Börsig entgeht der Stimmungswandel nicht. Der Aufsichtsratschef fürchtet, dass ein Nachfolger so schnell nichts besser machen kann als der Vorgänger. Er wägt ab und entscheidet. Am Montagabend gibt Börsig nach einer Aufsichtsratssitzung eine seiner seltenen Erklärungen ab: Ackermann soll bleiben. Die Kontinuität in der Führung der Bank werde damit sichergestellt.

Im Frankfurter Bankenturm erzeugt er damit in vielen Zimmern Champagnerlaune. Im Berliner Regierungsviertel dagegen fallen die Reaktionen gemischt aus. Ackermann selbst berichtet von zahllosen Anrufen und Mails: „Es wird viele freuen, wenn ich bleibe, dann haben sie etwas zum Angreifen.“ Peter Köhler und Oliver Stock (HB)

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