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Finanzen: Die Zins-Wette

Tagesgeld ist mit steigenden Zinsen attraktiver geworden. 2008 deutet sich eine Wende an – nach unten

Die Sparzinsen sind seit vielen Monaten langsam aber stetig gestiegen. Angesichts von turbulenten Börsen und der wachsenden Unsicherheit auf den Kapitalmärkten haben sich viele Anleger dazu entschlossen, Geld zu parken. Vor allem bei langfristigen Sparanlagen deutet sich jedoch eine Wende an. Einige Banken haben Zinssenkungen angekündigt oder schon umgesetzt. Lohnt es, sich jetzt die aktuell noch attraktiven Sätze längerfristig zu sichern?

BIS ZU 5,25 PROZENT

Gegenwärtig kann der Anleger gut fünf Prozent für fünf Jahre herausholen, allerdings nur bei ausländischen Bankhäusern. So offeriert die niederländische Credit-Europa-Bank 5,25 Prozent, die baltische Parex-Bank fünf Prozent, wenn der Kunde ihnen sein Geld für fünf Jahre überlässt. Der Nachteil der ausländischen Banken: Sie sichern die Einlagen ihrer Kunden größtenteils nur bis 20 000 Euro. Deutsche Banken räumen Sätze zwischen 3,8 (Deutsche und Commerzbank) und 4,5 Prozent (etwa Audi-, VW- und BMW-Bank) ein.

Gleichzeitig haben einige Geldhäuser damit begonnen, ihre Konditionen für langfristige Anlagen zu kürzen: So wird die ING Diba zum 3. Dezember die Verzinsung ihrer Sparbriefe mit Laufzeiten zwischen einem und fünf Jahren von 4,1 auf vier Prozent kürzen. Auch bei der Garantie-Bank und der BMW-Bank sinken die Langfristzinsen. Dem Vernehmen nach denkt man auch bei der Deutschen Bank über Senkungen nach.

BUNDESANLEIHEN ANGEPASST

Nicht zuletzt hat zudem der Staat die Konditionen für seine festverzinslichen Wertpapiere nun zum zweiten Mal zurückgenommen: Für die sechs beziehungsweise sieben Jahre laufenden Bundesschatzbriefe mit Staffelzins zahlt der Finanzminister nur noch 3,25 für das erste und 4,0 Prozent für das fünfte bis siebte Anlagejahr. Vor kurzem waren es noch 3,75 oder 4,5 Prozent. „Am Markt sinken die langfristigen Zinssätze gerade, dies passen wir im Interesse des Steuerzahlers an“, so ein Sprecher der Deutschen Finanzagentur. So ist die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von 4,66 Prozent im Juli auf aktuell knapp über vier Prozent gefallen.

OFFENER ZINSPOKER

Dabei ist derzeit noch völlig unklar, wohin die Zinsen in Europa mittelfristig tendieren. Dies wird auch am Markt reflektiert, denn die Zinskurve ist sehr flach. Festgelder mit zwölfmonatiger Bindung werfen teilweise höhere, teilweise nur geringfügig niedrigere Sätze ab als Anlagen, bei denen der Sparer sein Geld drei, fünf oder gar zehn Jahre bei der Bank arbeiten lässt. So zahlt etwa die Deutsche Bank für zwölf Monate fest 4,5 Prozent, für fünf Jahre jedoch nur 3,8 Prozent. Die Mehrheit der Volkswirte und Marktbeobachter ist der Auffassung, dass in Europa zunächst eine Phase seitwärts laufender Zinsen anstehen könnte. Auch zum nächsten Sitzungstermin der Europäischen Zentralbank (EZB) an diesem Donnerstag wird kein Zinsschritt erwartet. „Die EZB wird erst im letzten Quartal 2008 erstmals die Zinsen senken“, prognostiziert Michael Schubert, Volkswirt und Zinsexperte bei der Commerzbank. Aber: Der Markt nimmt eine erwartete Senkung traditionell vorweg. Das heißt, die Markt- und Bankenkonditionen werden immer schon im Vorfeld angepasst.

ABSCHWUNG

Der Hintergrund dieses Szenarios: Die wirtschaftlichen Frühindikatoren deuten darauf hin, dass auch in Europa der Konjunkturhöhepunkt überschritten ist. Erste Zeichen einer zyklischen Abkühlung sind sichtbar. Abschwung und Kreditkrise, die in den USA schon zu zwei Leitzinssenkungen geführt haben, sind international wirksam, werden also auch Europa nicht verschonen. Auch für den nächsten Zinstermin der US-Notenbank am 11. Dezember rechnen die meisten Volkswirte inzwischen mit einer weiteren Lockerung der Zinszügel um 25, „vielleicht sogar um 50“ (Commerzbank) Basispunkte. Nach Meinung der Fondsgesellschaft DWS spricht auch der starke Euro dafür, dass die nächste Aktion der EZB „eher eine Senkung“ sein werde.

ZINSBINDUNG PRÜFEN

Für den Anleger bedeutet dies: Wer sich längerfristig ein paar Zehntelprozente mehr sichern möchte, könnte den Tausch von kurz- in mittel- bis langfristige Sparanlagen überlegen, zumal Inflation und die neue Abgeltungssteuer ab 2009 ohnehin einen Gutteil der Gewinne aufzehren. In Phasen steigender Zinsen empfehlen sich Tagesgelder, die variabel verzinst und täglich verfügbar sind. Sollte nun jedoch eine Zinswende im kommenden Jahr bevorstehen, so sind Sparformen ohne Zinsbindung nicht mehr so sinnvoll.

INFLATION BEHERRSCHBAR

Entscheidende Voraussetzung für dieses Szenario ist jedoch, dass sich die Inflationsrate, die wegen der hohen Energiepreise aktuell bei etwa drei Prozent und damit auf einem 13-Jahres-Hoch liegt, nicht weiter verschärft. Doch offenbar sehen weder die EZB noch der Markt hier eine größere Gefahr: Die hohen aktuellen Werte seien nur eine Art „Buckel“, mit den Energiepreisen werden die Inflation im Frühjahr 2008 wieder auf normale Werte zwischen 1,9 und 2,25 Prozent sinken, heißt es. Abweichungen werde die EZB jedoch mit „schnellen und deutlichen Zinserhöhungen“ beantworten, ist sich Commerzbank-Volkswirt Schubert sicher. Hier gelte die Faustregel: Eine um zehn Basispunkte erhöhte Inflation ziehe eine Zinserhöhung um 15 Basispunkte nach sich. Die Postbank etwa rechnet für das zweite und dritte Quartal mit einer Zinserhöhung um jeweils 0,25 Basispunkte auf dann 4,5 Prozent. Wer dieses Szenario bevorzugt, kann den aktuellen Zinsvorteil bei Festgeldern bis zwölf Monaten Laufzeit nutzen und abwarten.

ANLEIHEN UND FONDS

Anlegern, denen die hohe Inflation Sorgen bereitet, raten die Experten von „Finanztest“ auch zu inflationsgeschützten Anleihen des Bundes. Sie schütten neben einer geringeren Basisverzinsung (1,5 Prozent) am Ende der Laufzeit einen Inflationsausgleich aus. Eine Alternative sind Rentenfonds, die selbst in inflationsgesicherte Anleihen investieren, etwa der „Invest Inflation Protect“ der DWS. Bundesschatzbriefe wiederum rentieren zwar erheblich schwächer als manche Bankensparbriefe, haben aber den Vorteil, dass sie nach einem Jahr Sperrfrist gegebenenfalls in neuere, besser verzinste getauscht werden können.

Veronika Csizi

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