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Finanzaufsicht: Amerika prescht vor, Europa zieht nach

US-Präsident Barack Obama hat es vorgemacht. Nun will auch die EU strengere Regeln für die Finanzmärkte – nur die Briten bremsen.

Berlin - Die Ankündigung der USA, die Aufsicht über den Finanzmarkt drastisch verschärfen zu wollen, erhöht den Druck auf die Europäische Union, ähnlich vorzugehen. Der Umbau der Finanzaufsicht ist eines der zentralen Themen auf dem EU-Gipfeltreffen in Brüssel, das an diesem Freitag zu Ende geht. Am Donnerstagabend einigte man sich im Grundsatz – nämlich darauf, dass die europäischen Aufseher keine für nationale Haushalte folgenreichen Entscheidungen treffen dürfen. Vor allem Großbritannien ist strikt gegen strengere Regeln.

Dabei zählt der Mangel an Koordination unter den nationalen Behörden zu den wichtigsten Ursachen der Finanzkrise. Wie auf den Weltfinanzgipfeln der vergangenen Monate vereinbart, sollen Banken, Versicherer, Rating-Agenturen oder Hedgefonds besser beaufsichtigt werden, auch soll es mehr Transparenz geben. Denn die Praxis etwa, zweifelhafte Kredite zu undurchschaubaren Wertpapieren zu verpacken und mit ihnen zu handeln, ohne dass die Risiken in den Bankbilanzen auftauchten, hatte erst in die Krise geführt. Zudem handeln die Finanzakteure längst grenzüberschreitend, die Aufsicht findet aber national statt.

Eine Expertengruppe der EU-Kommission hatte Pläne vorgelegt, nach denen die Finanzaufsicht der 27 Mitgliedstaaten künftig auf zwei Säulen ruhen soll. Zum einen ist ein Rat für Systemrisiken vorgesehen, der als Frühwarnsystem der Finanzmärkte agiert. Er soll Gegenmaßnahmen empfehlen können, wenn sich Turbulenzen abzeichnen. Zum anderen soll eine politisch unabhängige Dachorganisation die Arbeit der 27 nationalen Aufseher über Finanzinstitute miteinander verzahnen. Sie soll den nationalen Behörden dann im Zweifelsfall eine verbindliche Lösung vorschreiben können – etwa, wenn eine Bank in Schieflage gerät und das zuständige Land nicht einschreitet.

Genau das geht den Briten zu weit. „Wir müssen starke Regulierungsbehörden auf nationaler Ebene gewährleisten und die entscheidende Verbindung zwischen heimischen Regulierern und nationalen Regierungen beibehalten“, sagte Finanzminister Alistair Darling vor dem Gipfel. „Sich nur auf neue Institutionen zu konzentrieren, verfehlt das Ziel.“ Die Briten fürchten um die Stärke des Finanzplatzes London. Außerdem wollen sie sich nicht von Brüssel vorschreiben lassen, was am Ende britisches Steuergeld kostet.

Fachleute sehen derweil Handlungsbedarf auf nationaler Ebene. „Wir brauchen eine starke nationale und politisch unabhängige Aufsicht. In Deutschland ist der Einfluss der Politik aber in den vergangenen Jahren eher gestiegen“, sagte Hans- Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim, dieser Zeitung. Die Konzentration im Bankensektor durch die Finanzkrise sei „sehr gefährlich“, hier müsse es ein entsprechendes Gegengewicht geben.

Der britische Notenbankchef Mervyn King forderte indes mehr Macht. Es sei nicht klar, „wie die Zentralbank in der Lage sein soll, ihre neue gesetzlich festgelegte Aufsichtspflicht zu erfüllen, wenn wir nicht mehr tun können als Predigten zu halten und Beerdigungen zu organisieren“. Entschlossen geht die Schweizerische Nationalbank vor. Mit ungewöhnlich drastischen Vorschlägen will sie die systemischen Risiken der großen Institute UBS und Credit Suisse begrenzen. Gedacht ist nicht nur an größere Kapitalpolster, sondern auch an eine erzwungene Aufspaltung, falls eines der Institute noch einmal in eine bedrohliche Schieflage kommen sollte. Carsten Brönstrup

Carsten BrönstrupD

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