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Finanzkrise: Börsenjahr 2008 startet schwach wie nie zuvor

Turbulenzen an den Finanzmärkten und Angst vor einer Rezession: Der DAX erlebt den schwächsten Jahresauftakt seiner Geschichte. Ein Ende des Abschwungs ist nicht in Sicht. Experten gehen davon aus, dass der raue Wind an der Börse anhält.

Bis Ende Januar hat der deutsche Leitindex mit einem Verlust von rund 15 Prozent die gesamten Gewinne seit März 2007 wieder abgegeben - nach Berechnungen von Experten das dickste Minus seit seiner Einführung im Jahr 1988. Die am Markt ersehnte Erholung könnte noch einige Zeit auf sich wartenlassen - wenn sie überhaupt kommt.

Notwendige Korrektur oder Rezessionsvorbote?

Uto Baader, Vorstandsvorsitzender der Baaderbank, beurteilt den Kursrutsch zum Jahresbeginn als längst notwendige Korrektur. Der deutsche Aktienmarkt läuft seit 2003 sehr gut. "Eine Konsolidierung verwundert daher überhaupt nicht, sondern war längst überfällig." Wie lange diese Korrekturbewegung andauert, sei schwer zu beurteilen. "Dieses Mal wird es aber nicht so schnell wieder nach oben gehen."

Berechnungen der Commerzbank zufolge war der Jahresauftakt am deutschen Aktienmarkt der schwächste seit 1965. "Der schwache Januar sagt aber nicht unbedingt etwas über den Jahresverlauf aus", sagt Aktienstratege Andreas Hürkamp. Beispiel dafür ist das erste Quartal 2003, als der DAX nach dem Platzen der dot.com-Blase seinen Tiefpunkt erreichte. Damals startete der Leitindex mit einem Minus von fünf Prozent im Januar, legte aber im Gesamtjahr um gut 37 Prozent zu.

Erholung ja, Entwarnung nein

Es gibt mehrere Parallelen zwischen 2003 und 2008, erklärt Hürkamp. Zum einen sei die Bewertung der deutschen DAX-Werte mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10 bis 11 ähnlich günstig. "Außerdem sind sehr viele Insiderkäufe zu beobachten. Und das ist eher ein Signal am Ende einer Krise.", bemerkt Hürkamp.

Die Prognosen der Experten fallen dennoch vorsichtig aus. Seit den massiven Verlusten in der vierten Kalenderwoche hat sich der deutsche Leitindex deutlich erholt, attestiert Matthias Jörss, Marktstratege beim Bankhaus Sal. Oppenheim. Insbesondere zyklische Branchen wie Industriegüter, Dienstleister und Autos seien zuvor unter Druck geraten - aber auch alle Titel, die mit Anleiheversicherern zusammenhängen. Bei diesen Werten hält er eine Erholung für möglich, die aber nicht unbedingt dauerhaft sein müsse.

Hoffen auf US-Zinssenkung

Die Jahresprognose für den DAX will Sal.Oppenheim mit einem Zielwert von 8400 Punkten überarbeiten. "Das Risiko einer Negativ-Spirale hat sich erhöht", sagt Jörss. Die Konjunkturerwartungen für Europa sind in den vergangenen Monaten kontinuierlich nach unten revidiert worden. "Das erste Börsenhalbjahr wird nicht ganz einfach."

Commerzbank-Experte Hürkamp beurteilt die Lage etwas positiver. Er geht zwar davon aus, dass es noch mehr negative Nachrichten aus den USA zu erwarten sind. Neben den Bondversicherern sind auch Abschreibungen auf Gewerbeimmobilien ein neues Thema. "Im ersten Quartal wird es noch eine sehr volatile Kursentwicklung geben, im zweiten Quartal wird die Finanzkrise aber an Bedeutung verlieren." Dann dürfte auch die Wirkung der Zinssenkung der US-Notenbank auf die US-Konjunktur zu spüren sein.

"Ich glaube, dass wir die Tiefstkurse dieses Jahres noch nicht gesehen haben. 2008 wird ein schwieriges Börsenjahr", sagt Baader. "Der am Aktienmarkt noch nicht erkannte Unsicherheitsfaktor ist die Inflation in der Eurozone." Die Reaktion der Europäischen Zentralbank darauf kann seiner Einschätzung nach die Kurse weiter nach unten bringen. Hohe Lohnforderungen der Gewerkschaften wertet er als zusätzliche Gefahr. "2009 könnte das zu einer Rezession im Euroraum führen." (iba/dpa)

Annika Graf[dpa]

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