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Finanzmärkte: Kurse in Asien und Australien stürzen ab

Keine Entspannung in Sicht: Die Talfahrt der Börsen hat sich am Dienstag fortgesetzt. In Asien und Australien knickten die Kurse weiter ein. In Japan sank der Nikkei auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren.

Der 225 führende Werte umfassende Nikkei fiel am Dienstag gleich zum Handelsauftakt in Tokio erstmals seit rund fünf Jahren unter die psychologisch wichtige Marke von 10.000 Punkten. Zur Handelsmitte um 11.00 Uhr Ortszeit erholte er sich später  auf 10.148,46 Punkte. Das war immer noch ein Minus von 3,10 Prozent. Auch die Aktienindizes in Südkorea, Australien und Neuseeland waren im roten Bereich. In Hongkong wurde wegen eines Feiertags nicht gehandelt.

Sorgen über einen Abschwung der Weltwirtschaft hatten am Montag die Börsen weltweit auf Talfahrt gehen lassen. An der Wall Street herrschte bisweilen panikartige Stimmung. Zeitweise brach der Leitindex Dow um 800 Punkte ein und schloss mit minus 3,58 Prozent auf 9955,50 Zähler auf dem tiefsten Stand seit vier Jahren. Damit erholte er sich in der letzten Handelsstunde von seiner spektakulären Talfahrt. In Asien und Europa waren die Börsen bereits am Montag in den Keller gegangen. Auch in Lateinamerika machte sich an den Aktienmärkten Panikstimmung breit.

Neue Bankenpleiten sollen verhindert werden

In der zugespitzten Finanzkrise will Europa große Bankenpleiten unbedingt verhindern. "Wir sind einig, dass wir vermeiden, dass systemrelevante Finanzinstitute den Konkurs anmelden müssen", sagte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, am späten Montagabend in Luxemburg nach mehrstündigen Beratungen. "Die Mitgliedstaaten verbürgen sich dafür." Die deutsche Ankündigung einer gigantischen Garantie für Spareinlagen und ähnliche Maßnahmen in anderen Mitgliedstaaten führten zu einer Debatte über die Einlagensicherung. EU-Währungskommissar Joaquín Almunia kündigte an, das EU-Gesetz aus den 90er Jahren über Haftungsgrenzen solle rasch überarbeitet werden. Der EU-Mindeststandard, wonach nationale Einlagen bis 20.000 Euro geschützt sind, solle angehoben werden.

Unterdessen folgten unter dem Eindruck der Krise andere europäische Staaten dem deutschen Vorbild und gaben Staatsgarantien für die private Einlagen ab oder kündigten solche Maßnahmen an. Die Bundesregierung versicherte erneut, dass private Einlagen von mehr als 1000 Milliarden Euro dauerhaft durch den Staat garantiert sind. Dieser Betrag entspricht mehr als dem dreifachen des Bundeshaushaltes in diesem Jahr. Portugal will aufgrund der weltweiten Finanzkrise ebenso wie Irland oder Österreich für die Spareinlagen seiner Bürger einstehen. Spanien kündigte an, dass der Garantiefonds für Sparguthaben mit sofortiger Wirkung aufgestockt wird.

"Hoch gefährliche" Lage

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, sicherte zu, seine Bank werde "solange wie nötig" Liquidität für die Finanzmärkte zur Verfügung stellen. Auch nach der zweiten dramatischen Rettungsaktion für den Münchner Konzern Hypo Real Estate (HRE) binnen einer Woche sah Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Montag keinen Grund zur Entwarnung und nannte die Lage "hoch gefährlich". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Steinbrück unterrichteten am Abend die Vorsitzenden aller Bundestagsfraktionen über den Stand der Krise um die HRE. Die Bundeskanzlerin will am Dienstag eine Regierungserklärung zur Bankenkrise abgeben.

Die Zukunft der Hypo Real Estate bleibt auch nach der Aufstockung des Hilfspakets auf 50 Milliarden Euro ungewiss. Die Aktie des Dax-Konzerns stürzte erneut ab und verlor zeitweise mehr als zwei Fünftel an Wert. "Es bleibt offen, ob das Volumen des Rettungspakets diesmal ausreicht", kommentierte ein Börsianer. HRE-Vorstandschef Georg Funke sah sich massiven Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Steinbrück ging hart mit dem HRE-Management ins Gericht und hielt eine weitere Zusammenarbeit für undenkbar. Ebenso wie Merkel und Bundesbankpräsident Axel Weber habe er erst am Samstagabend von der neuen Entwicklung erfahren.

Finanzkrise wird das Wachstum bremsen

Regierung und Finanzwirtschaft hatten ein neues Rettungspaket schnüren müssen, nachdem der erste Hilfsplan Ende vergangener Woche gescheitert war. Die Finanzindustrie will die Notfallkredite für den Münchner Konzern auf nunmehr 30 Milliarden Euro verdoppeln. Einschließlich der in der ersten Runde vereinbarten Kredite beläuft sich das Gesamtpaket jetzt auf insgesamt 50 Milliarden Euro. Im schlimmsten Fall müssten die Steuerzahler für Verluste von bis zu 26,5 Milliarden Euro geradestehen.

Merkel kritisierte, die von "unverantwortlichen Bankern" verursachte Krise setze die soziale Marktwirtschaft unter hohen Druck. Deshalb müssten die Finanzmärkte stärker reguliert werden. Verbraucherschützer warnten: "Die meisten Menschen haben Angst, dass ihr Geld nicht mehr sicher ist." Die Finanzkrise wird nach Ansicht des Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, in zahlreichen Ländern das Wachstum bremsen. "Die Krise hat starke indirekte Folgen, das Wachstum wird sich in vielen Ländern verlangsamen", sagte er in Paris.

US-Präsident George W. Bush mahnte im Bemühen um eine Lösung der Finanzkrise zu Geduld. Es werde eine Zeitlang dauern, bis das am Freitag in Kraft getretene amerikanische Rettungspaket für die Banken Wirkung zeige, sagte Bush in Texas. Das Gesetz sei aber ein "großer Schritt zur Lösung des Problems". Das 700 Milliarden Dollar schwere Paket soll es der Regierung im Kern ermöglichen, den Banken faule Hypothekenkredite abzukaufen. (mfa/dpa)

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