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Finanzmarktkrise: Zentralbank gerät in Zugzwang

Nachdem die US-Notenbank den Diskontsatz um 0,5 Prozent gesenkt hat, wird von der Europäischen Zentralbank erwartet, den Leitzins nicht im September zu erhöhen, wie sie es vor kurzem angekündigt hatte.

Berlin - Die Europäische Zentralbank (EZB) gerät wegen der Krise an den Finanzmärkten unter Druck, den Leitzins nicht wie geplant im September zu erhöhen. Seit die US-Notenbank (Fed) am Freitag wegen möglicher Auswirkungen der Hypothekenkrise auf die Konjunktur den Diskontsatz gesenkt hat, halten Ökonomen und Marktteilnehmer eine Zinserhöhung in Europa für unangebracht.

„Ich rechne damit, dass die Turbulenzen an den Finanzmärkten noch andauern werden“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. Deshalb erwartet er im September eine Senkung des wichtigsten US-Leitzinses um einen halben Prozentpunkt. „In einem solchen Umfeld wird es für die EZB kaum möglich sein, ihre angekündigte Zinserhöhung wahr zu machen“, sagte Heise. Julian Callow, Europa-Chefvolkswirt von Barclays Capital, sagte: „Die Fed ist offensichtlich sehr besorgt, dass die Kreditkrise die Konjunktur beeinträchtigt, und der EZB-Rat wird gegen solche Gedanken nicht immun sein.“ Auch Zinstermingeschäfte am Geldmarkt zeigen, dass die meisten Marktteilnehmer derselben Ansicht sind.

Die Aktienmärkte hatten am Freitag euphorisch auf die Zinsentscheidung der US-Notenbank reagiert. Der Deutsche Aktienindex Dax schoss binnen weniger Minuten um drei Prozent in die Höhe, gab allerdings die Hälfte seiner Gewinne bis zum Börsenschluss wieder ab. Die US-Börsen legten um fast zwei Prozent zu. In ihrer Begründung zur Senkung des Diskontsatzes verwies die Fed auf die Gefahren für die Konjunktur. Sie warnte vor „strengeren Kreditbedingungen und der wachsenden Unsicherheit“.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Rettungsaktion für die Sachsen LB möglicherweise direkt den Landeshaushalt belasten kann, wenn es der Bank nicht gelingt, die Kreditsumme selbst zu erwirtschaften. Die Sachsen LB brauchte am Wochenende 17,3 Milliarden Euro, um ihre Verpflichtungen gegenüber einer Investmentgesellschaft in Dublin bedienen zu können, die wiederum durch die amerikanische Hypothekenkrise in Not geraten war. Das sächsische Finanzministerium räumte ein, dass die Rettungsaktion vom Wochenende noch der Gewährträgerhaftung unterliege, nach der die öffentliche Hand als letzte Sicherheit hinter den Verpflichtungen der Landesbanken und Sparkassen steht. Zwar wurde die deutsche Gewährträgerhaftung von der EU-Kommission gekippt, doch wirkt sie für die eingegangenen Geschäfte der Sachsen LB nach. noh/ebe (HB)/Tsp

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