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Fonds: Am Puls des Marktes

Börsengehandelte Indexfonds sind preiswert, verständlich und langfristig lukrativ – aber nicht ohne Risiko.

Mehr als eine halbe Billion Euro Anlegergeld haben sie weltweit eingesammelt. In den USA haben 70 Prozent der Privatanleger einen börsengehandelten Indexfonds, einen so genannten „Exchange Traded Fund (ETF)“, im Depot. In Europa sind es nur zehn Prozent. Doch auch hierzulande wächst das Interesse an ETFs – zumal in unruhigen Börsenzeiten, in denen mancher Anleger den Überblick zu verlieren droht.

ETFs sind Fonds, die passiv einen Index abbilden und dessen Wertentwicklung folgen. Sie werden an der Börse fortlaufend gehandelt, so dass der Anleger jederzeit kaufen und verkaufen kann. Der sonst bei Fonds übliche Ausgabeaufschlag entfällt, dafür zahlt der Anleger wie bei Aktienkäufen eine Handelsgebühr.

„ETFs bieten einen einfachen, transparenten und kostengünstigen Zugang zu den verschiedensten Anlageklassen“, sagt Natalia Wolfstetter, Analystin beim Fondsrating-Unternehmen Morningstar. Weltweit sind über 1300 Produkte gelistet. In Deutschland, wo ETFs erst seit 2000 auf dem Markt sind, haben Investoren inzwischen die Qual der Wahl unter 319 verschiedenen Fonds mehrerer Anbieter. Die Vermarktung verläuft eher zurückhaltend. Denn: Wegen ihrer niedrigen Verwaltungskosten sind die Gewinnspannen für die Banken sehr gering, zudem machen ETFs den aktiv gemanagten Fondsprodukten aus dem eigenen Haus Konkurrenz. „Die schlanke Kostenstruktur bietet keinen Platz für Vertriebsprovisionen“, räumt auch Uwe Klasen, Produktentwicklungsmanager bei Barclays Deutschland, ein.

Dabei haben ETFs gerade wegen der niedrigen Kosten Charme. Wer den Dax in seinem Portfolio komplett abbilden will, bezahlt dabei etwa beim Anbieter iShares Dax (ISIN DE0005933931) im Jahr nur eine Verwaltungsgebühr von 0,17 Prozent. Zum Vergleich: Für einen aktiv gemanagten Fonds, bei dem ein Analystenteam hunderte Aktien prüfen muss, um dann die erfolgversprechendsten auszuwählen, bei dem auch höhere Verwaltungskosten fällig werden, muss der Anleger mit Kosten von 1,4 bis 1,9 Prozent pro Jahr rechnen. Ablesbar sind die konkreten Gesamtkosten an der Kennziffer TER (= Total Expense Ratio), die jeder Fonds veröffentlicht.

Wie sehr sich niedrigere Kosten auf lange Sicht auswirken, zeigt eine Vergleichsrechnung der Quirin Bank: Danach werden aus 100 000 Euro nach 20 Jahren Anlage in einem ETF 357 026 Euro, in einem aktiv gemanagten Fonds jedoch nur 272 211 Euro. In beiden Fällen wird dabei eine jährliche Wertsteigerung von sieben Prozent unterstellt. Der um 23 Prozent höhere Ertrag des passiven Indexpapiers kommt einzig durch die geringeren Kosten und durch den Wegfall des Ausgabeaufschlags zustande. Verglichen wurde dabei ein ETF für Euroland-Aktien, der laut Morgan Stanley mit 0,47 Prozent pro Jahr zu Buche schlägt, mit einem normalen Aktienfonds, der im Schnitt jährlich 1,71 Prozent kostet.

Überzeugend ist aber nicht nur das Kostenargument, sondern auch die Wertentwicklung vieler ETFs. „Es wird immer schwieriger für Fondsmanager, ihre Benchmark, also den Vergleichsindex, zu schlagen“, weiß Thorsten Michalik, der bei der Deutschen Bank das ETF-Geschäft „DB X-Trackers“ leitet. Untersuchungen hätten ergeben, dass auf Sicht von zehn Jahren 87 Prozent aller Europa-Fonds die Wertentwicklung des Vergleichsindex MSCI Europe nicht erreichen, bestätigt die Quirin-Bank. Im Drei- oder Fünfjahresvergleich ist die Bilanz aktiv gemanagter Fonds etwas besser: Hier verfehlten nur rund drei Viertel das Ergebnis des Index, während sich 25 Prozent ähnlich oder besser als der Markt entwickelten. Der Grund: Wenn es an den Börse abwärts geht, schlägt die Stunde der aktiv gemanagten Fonds. Sie können ihr Portfolio anpassen, höhere Bargeldbestände halten oder die Strategie wechseln. Ein ETF dagegen macht die Marktentwicklung voll mit. Zum Vergleich: Der iShares-Dax, mit einem Volumen von 2,7 Milliarden Euro und täglichen Umsätzen von teilweise mehr als 100 Millionen Euro einer der größten ETFs, hat seit Jahresbeginn 21,34 Prozent eingebüßt. Auch der DB X-Trackers Dax ETF liegt ähnlich im Minus. Aktive Produkte wie der Aktienfonds DWS Deutschland konnten die Verluste dagegen auf gut 15 Prozent begrenzen. Michalik rät Anlegern deshalb, beide Ansätze zu mischen: „Passiv ist nicht immer grundsätzlich besser als aktiv.“

Allerdings kann der Anleger inzwischen auch mit Hilfe von ETFs umgekehrt auf fallende Märkte setzen. Vor allem DB X-Trackers ist in diesem Segment sehr aktiv. „Wir haben mit unseren elf Short- ETFs bereits 800 Millionen Euro eingesammelt“, sagt Michalik. Der Short Dax ETF (ISIN LU0292106241) ist zwar mit einer Gebühr von 0,40 Prozent pro Jahr etwa teurer als sein Long-Bruder, liegt dafür aber auf Jahressicht 19,5 Prozent im Plus, während der Dax im gleichen Zeitraum 14 Prozent verloren hat.

Kritisch sehen bankenunabhängige Analysten indes die neue Generation von ETFs, die sich nicht auf ein passives Abbilden eines Index beschränken, sondern aktive Anpassungsstrategien verfolgen. So gibt es neben ETFs auf nahezu alle Emerging-Markets-Länder, auf verschiedene Branchen und auf Renten inzwischen auch ETFs auf Zins- oder Währungsstrategien oder ETFs mit Inflationsschutz. Die Fondszwitter haben nach Meinung von Morningstar-Analystin Wolfstetter aber Nachteile: Sie sind nicht nur teurer, sondern auch schwankungsanfälliger. Und sie sind zunehmend Modetrends in der Welt der Geldanlage unterworfen.

Veronika Csizi

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