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Geld: Tonnenweise Gold

Die Nachfrage nach dem Edelmetall explodiert – als Schutz vor Geldentwertung.

Die Deutschen horten unbeirrt Gold: Nachdem sie 2008 bereits etwa 100 Tonnen Goldbarren und Goldmünzen – und damit vier Mal mehr als in normalen Jahren – eingekauft hatten, legten sie sich allein zwischen Januar und März dieses Jahres weitere 59 Tonnen in Tresore und Schatullen. Vor der Schweiz und den USA ist Deutschland damit der weltgrößte Markt für Barren und Anlage- Münzen wie Kruegerrand, Philharmoniker oder Maple Leaf. Insgesamt explodierte die Nachfrage nach dem Edelmetall im vergangenen Jahr um 87 Prozent, im ersten Quartal um weitere 38 Prozent, berichtet das World Gold Council.

Grund für den modernen Goldrausch ist vor allem die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Konjunktur und die Furcht vor einer steigenden Inflation, nachdem viele Regierungen rund um den Globus milliardenschwere Rettungspakete für Unternehmen und Banken geschnürt, dafür teilweise sogar die Notenpresse angeworfen und die Staatsverschuldungen gewaltig aufgebläht haben. Anders als Geld kann Gold jedoch nicht beliebig vermehrt werden, gilt folglich als Sicherheit gegen eine Geldentwertung. Aktuell allerdings liegt die Inflationsrate europaweit bei null Prozent.

Der Goldboom wurde damit erstmals nicht mehr von der Schmuckindustrie getragen, sondern von Investoren. Weltweit schrumpfte die Nachfrage nach goldenem Geschmeide von Januar bis März um ein Viertel, in Indien, einem der wichtigsten Käufer auf dem Weltmarkt, brach sie zeitweise um über 80 Prozent ein. Investoren dagegen legten sich 540 Prozent mehr GoldPapiere ins Depot als noch im Vorjahr. Gefragt waren vor allem „Exchange Traded Commodities (ETC)“ – das sind Schuldverschreibungen, die mit physischem Gold hinterlegt und somit auch bei einem Bankrott der Bank sicher sind. Mittlerweile hält der größte Gold-ETC der Erde, der SPDR Gold, 36 399.884 Unzen Gold, kann sich mit 1132 Tonnen damit unter den sechs größten Notenbanken einreihen.

Zwar hat sich die Nachfrage nach Gold-Papieren wie nach Münzen und Barren in den letzten drei Wochen beruhigt, dennoch trieb der Dollar den Goldpreis weiter: Anleger kauften das Edelmetall zur Absicherung gegen die beschleunigte Dollarschwäche. Aktuell notiert Gold bei rund 932 Dollar je Feinunze. Allerdings: Euro-Käufer profitierten nicht vom Goldboom, denn der schwächere Dollar zehrte die Gewinne auf. In Dollar wartet nun erneut die 1000er-Marke für die Feinunze à 31,1 Gramm. Schon zweimal war der Goldkurs kurzzeitig vierstellig, zuletzt im Februar. Nun rätseln Goldkäufer und Analysten, ob der Goldrausch weitergeht – oder ob das Edelmetall erneut an der 1000-Dollar-Marke abprallt.

Eugen Weinberg, Rohstoffexperte von der Commerzbank, ist skeptisch: „Ich sehe in diesem Jahr keinen signifikanten Anstieg des Goldpreises, sondern Rückschlagpotenzial bis etwa 850 Dollar.“ Die Nachfrage der Investoren sei nahe der Marke von 1000 Dollar gedeckelt, gleichzeitig verhindere der hohe Goldpreis, dass die Förderquoten weiter abgebaut würden und das Angebot sinke, etwa in Südafrika. Das Land, das ein Jahrhundert lang größter Goldlieferant der Erde war, ist inzwischen hinter China und Australien zurückgefallen, da das Gold am Kap mittlerweile in 4000 Meter Tiefe aus der Erde geholt werden muss und pro Tonne Gestein nur noch ein Gramm Gold abwirft. Beim aktuellen Goldpreis lohnt sich die teure Förderung der Minen wieder mehr. In China dagegen werden Goldabbau wie -bestände kontinuierlich aufgestockt: Die Nationalbank lagert heute drei Mal mehr Gold als zu Beginn des Jahrtausends, gehört inzwischen mit etwa 1060 Tonnen zu den größten Goldbesitzern der Erde.

Mittelfristig sieht auch Weinberg wieder Aufwärtspotenzial. Aber erst 2010, glaubt der Experte, werde die Marke von 1000 Dollar nachhaltig erobert. Auch die meisten anderen Banken prognostizieren bis Jahresende Kurse unter 1000 Dollar. Auf Sicht von zwei bis fünf Jahren soll der Boom jedoch weitergehen: Selbst Kursziele von 3000, 4000 oder gar 6000 Dollar machen da die Runde.

Die Dynamik des Anstiegs, sagt Weinberg, hänge von den Verkaufsquoten der großen Goldbesitzer, also der Notenbanken, und von der wirtschaftlichen Entwicklung ab: Weitere konjunkturelle Verwerfungen könnten den Fokus der Anleger noch stärker auf Gold richten. Aber auch eine schnelle Rückkehr zu starkem Wachstum, vor allem in Asien, könne stützend wirken, da auch dies wie ein Katalysator für eine höhere Inflationsrate wirken könne.

Insgesamt warnen Fachleute davor, Gold aus spekulativen Gründen oder selbst zur Gewinnmaximierung zu kaufen. „Jeder sollte Gold im Depot haben, aber nur als absicherndes Element“, ist Weinberg überzeugt.

Veronika Csizi

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