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Geldpolitik: Zentralbank lässt Leitzins unverändert

Der Leitzins im Euro-Raum bleibt, wie er ist: Die Zentralbank entschied, den europäischen Richtwert für Darlehen auf dem historischen Tief zu belassen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihren Leitzins, wie an den Finanzmärkten erwartet, bei einem Prozent. Der Basiszins für die Geldversorgung der Finanzwirtschaft in den 16 Ländern der europäischen Währungsunion liegt seit Mai auf diesem rekordniedrigen Niveau.

Der Weg zurück zu Wachstum nach dem Ende der schwersten Rezession seit Jahrzehnten ist nach Ansicht der Zentralbanker voller Hürden. Zu viele Unsicherheiten trüben nach Ansicht der Notenbank das sich langsam aufhellende Konjunkturbild. "Es wäre absolut falsch zu sagen, dass wir zur Normalität zurückgekehrt sind", warnte EZB-Chef Jean-Claude Trichet nach Bekanntgabe der Zinsentscheidung.

"Die jüngsten Informationen stützen unsere Ansicht, dass es zunehmende Anzeichen für eine Stabilisierung der Wirtschaft in der Euro-Zone und anderswo in der Welt gibt", fasste Trichet die Analyse der Notenbanker zusammen. "Dies geht einher mit der Erwartung, dass das markante Schrumpfen der Wirtschaftsleistung zu Ende ist und nun eine Phase der Stabilisierung und sehr moderaten Erholung folgt."

Dieser Prozess werde jedoch nicht gleichmäßig verlaufen, es bestünden weiterhin Risiken, da die Lage an den Finanzmärkten sich noch nicht normalisiert habe. "Ich schließe eine holprige Wegstrecke nicht aus", sagte Trichet. Positiv stimme den EZB-Rat aber, dass es Anzeichen gebe, dass die Nachfrage aus anderen Weltregionen den Export aus den Ländern der Währungsunion stärker beflügeln könnte als erwartet.

Die Rezession hatte sich im Winterhalbjahr nach einem massiven Einbruch des Welthandels und damit des Exports verschärft.

An ein Ende der Niedrigzinspolitik denkt Trichet noch nicht. Das derzeitige Leitzinsniveau von einem Prozent bleibe "angemessen", betonte er. Die Geldpolitik der EZB stütze weiterhin Unternehmen und Haushalte, vor allem im Hinblick auf die weiterhin gedämpfte Kreditvergabe. Um diese anzuregen, werde die EZB Ende des Monats den Banken wie geplant erneut unbegrenzt Liquidität zum Leitzins zur Verfügung stellen, sagte Trichet. Bei der ersten derartigen Operation im Juni hatten sich die Banken bei der EZB fast eine halbe Billion Euro besorgt.

Da der Geldhandel der Banken weiterhin nur schleppend funktioniert, liegen seitdem Milliarden Euro an überschüssigem Geld auf den Konten der Banken bei der EZB. Trichet stellte klar, dass die EZB die gesamte Liquidität wieder aus dem Finanzsystem abziehen werde, um eine Gefahr für die Preisstabilität auszuschließen.

Gedeckt wird Trichets Analyse von den aktualisierten Prognosen der EZB-Volkswirte. Diese erwarten in diesem Jahr nun einen Rückgang der Wirtschaftsaktivität von durchschnittlich 4,1 Prozent. Noch vor einem Vierteljahr hatten sie ein Minus von 4,6 Prozent vorausgesagt. 2010 wachse die Wirtschaft dann marginal.

Auch hier revidierten die EZB-Experten ihre Prognose nach oben. An ihren Erwartungen für die Entwicklung der Preise hielt die EZB weitgehend fest. Trichet bekräftigte, dass der jüngste Rückgang der Teuerung darauf zurückzuführen sei, dass die Preise für Öl und Rohstoffe 2008 noch enorm gestiegen, dann aber im Zuge der Wirtschaftskrise eingebrochen seien.

Unterstützung für ihre lockere Geldpolitik bekam die EZB am Donnerstag unter anderem von der EU-Kommission und deutschen Gewerkschaften. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte in Brüssel, in der Euro-Zone seien noch länger niedrige Zinsen nötig. Zugleich sei es zu früh, die staatlichen Konjunkturhilfen wieder zurückzufahren.

Dierk Hirschel, Chefökonom des Deutschen Gewerkschaftsbundes, lobte die EZB und kritisierte die Banken: "Wir begrüßen, dass die lockere Geldpolitik der EZB fortgesetzt wird. Das Grundproblem bleibt jedoch, dass die Geschäftsbanken diese lockere Geldpolitik nur unzureichend an ihre Kunden weitergeben. Wir sehen durchaus die Gefahr einer Kreditklemme."

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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