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© dpa

Hypo Real Estate: Steinbrück verteidigt Rettungspaket

Der Finanzminister wehrt sich: Peer Steinbrück hat das Rettungspaket für den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate als richtige Entscheidung verteidigt. Unterdessen gibt es beim taumelnden Dax-Konzern die ersten personellen Konsequenzen.

Es gehe darum, den freien Fall des Unternehmens zu verhindern, sagte Steinbrück am Montag. Die Auswirkungen eines ungeordneten Verlaufs wären für den Finanzmarkt und die gesamte Wirtschaft sehr groß gewesen. Forderungen aus dem Bankensektor nach einer raschen Verstaatlichung wies Steinbrück entschieden zurück. "Die Bundesregierung hat nie daran gedacht, die Bank zu verstaatlichen."

In einer dramatischen Rettungsaktion hatten am Morgen Bund und Banken den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate mit einer Bürgschaft über 35 Milliarden Euro vor dem Untergang bewahrt. Im schlimmsten Fall müssen die Steuerzahler für bis zu 26,6 Milliarden Euro geradestehen, die Bankenbranche für rund 8,4 Milliarden Euro. Bislang handelt es sich nur um Risiken. Sollten tatsächlich Verluste in Milliardenhöhe eintreten, wäre die von der Koalition vorangetriebene Sanierung des Bundeshaushalts massiv gefährdet. 2011 sollte es - erstmals seit gut 40 Jahren - einen Etat ohne neue Schulden geben. In der Nacht zum Montag hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Steinbrück in die Verhandlungen um die Hypo Real eingeschaltet. Ohne die Bundesbürgschaft hätten sich die Banken an der Risikoabschirmung nicht beteiligt und der Hypo Real keine Kredite gewährt.

Die Europäische Kommission ist verärgert

Die Europäische Kommission ist offenbar verärgert, dass sie in die Pläne der Bundesregierung nicht eingeweiht war. "Auch wenn die deutschen Behörden meinen, dass es sich nicht um eine staatliche Beihilfe handelt, wäre es besser, dass sich die Kommission dessen vergewissern kann", sagte Jonathan Todd, Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, der Nachrichtenagentur "AP". Zwar müssten die Deutschen Behörden die Kommission rein rechtlich gesehen nur dann informieren, wenn sie staatliche Beihilfen planten, sagte Todd. "Aber bei großen Geldsummen ist es aus Gründen der rechtlichen Gewissheit immer empfehlenswert, Kontakt mit der Kommission aufzunehmen."

Nach den Hilfen für die Mittelstandsbank IKB springt der Bund damit zum zweiten Mal ein, um ein deutsches Institut vor dem Aus zu retten. Nach Sicht des Bundes gab es keine Alternative. Hypo Real Estate (HRE) war in Geldnöte geraten, weil ihre Tochter Depfa wegen der Turbulenzen an der Finanzmärkten nicht mehr ausreichend Kredit erhielt. Auf die HRE kommen nun massive Abschreibungen zu. Der Konzern betonte, die Bürgschaft sei mit 42 Milliarden Euro an erstklassigen Forderungen, meist gegen Staatsschuldner, besichert worden. "Wenn es zu Kreditrückzahlungsausfällen käme, würden also unsere Sicherheiten herangezogen und nicht die Ausfallbürgschaft", sagte ein Sprecher.

Die Aktie bricht ein

Die Aktie brach zeitweise um 70 Prozent auf 4,13 Euro ein, nachdem sie bereits seit Jahresanfang massiv unter Druck war. Die Bundesregierung verteidigte die Rettungsaktion. Es sei in Abstimmung mit der Bundesbank, der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie anderen EU-Regierungen sehr schnell und professionell gehandelt worden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Weil die Hypo Real eng mit anderen Banken verbunden ist und viele Kommunen zu den Kunden zählen, sollte eine gefährliche Kettenreaktion verhindert werden. Erst vergangene Woche hatten Regierung, Bundesbank und die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin betont, das deutsche Bankensystem sei robust. Einem staatlichen Hilfspaket für die Finanzbranche nach dem Vorbild der USA erteilten Steinbrück und Merkel mehrfach eine Absage. Die Spareinlagen der Verbraucher gelten trotz der Hypo-Krise unverändert als sicher.

Die Bürgschaft hatte die Regierung ohne Zustimmung des Bundestags erteilt. Dies sei nicht nötig gewesen, weil der Bund auf einen bereits beschlossenen Bürgschaftstopf zugreifen könne, teilte das Finanzministerium mit. Dieser sei noch nicht ausgeschöpft. Risiken für den Haushalt seien nicht auszuschließen. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn kritisierte dieses Vorgehen. "Klar ist, dass die mögliche Staatsgarantie für die Hypo Real Estate unter Parlamentsvorbehalt steht. Ich kann das Bundesfinanzministerium nur davor warnen, vor der Befassung des Bundestags Fakten schaffen zu wollen." Die Union will am Haushaltsziel 2011 festhalten. "Das Ziel ist haltbar und muss gehalten werden", sagte Generalsekretär Ronald Pofalla. Er räumte ein, dass sich mögliche Haushaltsbelastungen aus der Hypo-Krise auf die Wahlversprechen der Union im kommenden Jahr auswirken könnten.

Unterdessen hat das Debakel des Immobilienfinanzierers erste personelle Konsequenzen. Der für die Staatsfinanzierung zuständige Vorstand Bo Heide-Ottosen habe seine Mandate mit sofortiger Wirkung niedergelegt und verlasse die Gruppe, teilte die Bank am Montag in München mit und bestätigte damit entsprechende Berichte von "Handelsblatt" und "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Auch der Chef der irischen Tochter Depfa, Paul Leatherdale, werde die Gruppe mit sofortiger Wirkung verlassen. (mfa/dpa)

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