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Immobilenkredite: In sicheren Händen

Der Weiterverkauf von Immobilienkrediten wird strenger geregelt – Banken müssen besser informieren.

Es ist der Albtraum jedes Hausbesitzers. Beim morgendlichen Gang zum Briefkasten findet sich ein Schreiben der Hausbank mit einer knappen Nachricht, die schwerwiegende Folgen haben kann: „Wir haben Ihren Immobilienkredit verkauft, Ihr neuer Vertragspartner wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.“

Solche Überraschungen hat es in der Vergangenheit oft gegeben. Nach Angaben des Bundesverbands der Verbraucherzentralen haben deutsche Banken seit 2003 Risiken aus Immobiliendarlehen in Höhe von 15 Milliarden Euro weiterverkauft, meist ohne Wissen des Schuldners. Häufig gingen die Forderungen an Finanzinvestoren, die berüchtigten „Heuschrecken“, die vor allem an einer schnellen Verwertung der Grundschuld interessiert waren. Nach einer Studie des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen aus dem Jahr 2007 verkauften Banken dabei keineswegs nur notleidende Kredite.

Das Geschäftsgebahren sorgte für heftige Proteste, viele Verbraucher zeigten sich verunsichert. Die Bundesregierung sah sich deshalb veranlasst, eine Änderung des Risikobegrenzungsgesetzes voranzutreiben. Inzwischen haben Bundestag und Bundesrat zugestimmt. Die neuen Regelungen treten in wenigen Wochen in Kraft. Auch der Markt hat in der Zwischenzeit reagiert. Zahlreiche Institute haben neue Angebote vorgelegt. Was ändert sich für Verbraucher?

VERTRAGSABSCHLUSS

Eine der wichtigsten Änderungen betrifft den Abschluss des Darlehensvertrages. Künftig müssen Banken explizit darüber informieren, ob Forderungen weiterverkauft werden können. Bis dato versteckte sich die generelle Zustimmung des Kunden häufig in einzelnen Klauseln. Nach Aussage von Frank-Christian Pauli, Experte für Finanzdienstleistungen beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, können Kreditnehmer künftig zwischen mehreren Arten von Verträgen wählen. Möglich sind Kreditabschlüsse mit einem generellen Abtretungsverbot an Dritte. Banken sind aber nicht verpflichtet, solche Verträge anzubieten.

Aber die Kreditinstitute haben reagiert. So bietet etwa die Commerzbank seit April unverkäufliche Kredite an, allerdings mit einem Zinsaufschlag von 0,2 Prozent. Damit wird ein Kredit von 150 000 Euro schnell um einen fünfstelligen Betrag teurer.

Verzichtet ein Kunde darauf und stimmt er dem grundsätzlichen Weiterverkauf zu, hat er künftig zwei Möglichkeiten: Entweder kann er sich für den Fall des Verkaufs der Forderungen ein Sonderkündigungsrecht vertraglich zusichern lassen, oder die Bank muss schon bei Vertragsabschluss einen potenziellen Käufer konkret benennen. Wird eine Forderung schließlich verkauft, ist die Bank in Zukunft zudem verpflichtet, den Kunden so früh wie möglich davon in Kenntnis zu setzen. Bisher sei das häufig reichlich spät passiert, sagt Verbraucherschützer Pauli.

Was es nicht geben wird, ist ein grundsätzliches Sonderkündigungsrecht für Schuldner beim Weiterverkauf ihrer Immobilienkredite. Zur Freude der Banken. Denn, so argumentieren die Verbände der deutschen Kreditwirtschaft, eine solche Regelung würde zu „massiven und nachhaltig negativen Auswirkungen auf den Kreditmarkt führen“.

ANSCHLUSSFINANZIERUNG

Wer für einen Abschnitt seines Darlehensvertrages eine Zinsbindung vereinbart hat, hatte bislang keinerlei Anhaltspunkte für die spätere Verhandlung über eine Anschlussfinanzierung. Häufig wurden diese erst kurz vor Ablauf der Zinsbindung geführt, mit entsprechendem Druck für den Schuldner. Frank-Christian Pauli berichtet von einem Fall, bei dem eine Bank einem Kreditkunden elf Tage vor Ablauf der Zinsbindung eine Anschlussfinanzierung angeboten habe – zu erheblich höheren Zinssätzen und mit der Drohung, bei Ablehnung den Darlehensvertrag zu kündigen. Auch so ein Vorgehen ist künftig verboten. Mit der neuen Regelung ist die Bank verpflichtet, spätestens drei Monate vor Auslaufen einer Zinsbindung ein Angebot für die Zeit danach vorzulegen oder darauf hinzuweisen, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Damit gewinnen Kreditnehmer Zeit, um sich nach alternativen Finanzierungsstrategien zu erkundigen. Diese Pflicht geht beim Kreditverkauf auch auf den neuen Gläubiger über, also etwa einen Finanzinvestor.

KÜNDIGUNG

Ähnlich wie bei gewöhnlichen Verbraucherkrediten gibt es in Zukunft auch bei Immobilienkrediten klare Vorgaben, wann ein Darlehensvertrag gekündigt werden darf. Nämlich erst, wenn ein Kreditnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten oder mit mindestens 2,5 Prozent des Darlehensnennbetrages in Verzug ist. Das bedeutet: Wer seine Raten rechtzeitig bezahlt, ist vor einer Kündigung sicher, auch wenn die Forderungen an ihn den Besitzer wechseln.

Marcel Köchling von der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing kritisiert diese Regelung. Er äußert die Befürchtung, dass „böswillige Schuldner“ die Vorschrift missbrauchen könnten, indem sie nur jede zweite Rate bezahlen.

ZWANGSVOLLSTRECKUNG

Auch wenn ein Darlehensvertrag gekündigt wird, gewinnt ein Schuldner künftig Zeit. Bisher konnte in Verträgen eine unmittelbare Vollstreckung der Grundschuld geregelt sein. Nun müssen sechs Monate zwischen Kündigung und Zwangsvollstreckung liegen. „Das gibt dem Verbraucher die Möglichkeit, sich auf die neue Situation einzustellen“, sagt Frank-Christian Pauli.

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