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Immobilienbank: Neue Risiken bei der Hypo Real Estate

Die Bank räumt Absicherungsgeschäfte über rund eine Billion Euro ein. Investor Flowers pokert weiter.

München - Bei der angeschlagenen Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) schlummern womöglich weitere Risiken außerhalb der Bilanz. Wie ein Sprecher der Bank am Freitag auf Anfrage bestätigte, hat die Bank ihre Markt- und Kreditrisiken mit Derivatgeschäften in Billionenhöhe abgesichert. Diese außerbilanziellen Geschäfte könnten theoretisch neuen Liquiditätsbedarf auslösen, räumte der Sprecher ein. Unmittelbar in Sicht sei dies jedoch nicht.

Zu Spekulationen, schon in den nächsten Wochen könnten weitere Staatsgarantien in Höhe von 20 Milliarden Euro nötig sein, äußert sich die Bank nicht. Aktuell hätten die Derivatgeschäfte einen Umfang von nominell rund einer Billion Euro, teilte das Institut mit, das für 2008 noch keine Bilanz präsentiert hat. Die Bilanzsumme der Bank liegt bei rund 400 Milliarden Euro. Dass die Derivatgeschäfte ein Volumen haben, das zweieinhalb mal so groß ist wie die Bilanz, bezeichnete ein HRE-Sprecher als normal. Fast bei jeder Bank liege das Volumen der Absicherung über dem der entsprechenden Basisgeschäfte. In der Bilanz sei nur der Marktwert der Derivate erfasst und nicht deren Nominalvolumen. Wie hoch der Marktwert ist, gibt die HRE nicht bekannt.

Derivate dienen dazu, sich zum Beispiel gegen schwankende Wechselkurse oder Zinssätze abzusichern. „Es ist üblich, sich durch Absicherungsgeschäfte zu schützen“, sagte Bankenanalyst Dieter Hein von Fairesearch. Der Nominalwert der Geschäfte sage dabei wenig aus. Entscheidend sei vielmehr, wie hoch die offenen Positionen darunter seien. „Ein Nominalwert von einer Billion Euro heißt nicht, dass die Bank so hoch im Risiko stehen muss“, sagte Hein.

Welches Ausfallrisiko für die Hypo Real Estate insgesamt besteht, wollten weder Analyst Hein noch der HRE-Sprecher abschätzen. Der Banksprecher wies darauf hin, dass in jedem Fall werthaltige Sicherheiten allen Verpflichtungen gegenzurechnen seien. Auch in der Theorie bestünde aber kein höheres Ausfallrisiko als das der Bilanzsumme. Diese ist in etwa so groß wie bei der im Vorjahr pleitegegangenen US-Bank Lehman Brothers, deren Aus das internationale Finanzsystem an den Rande seines Zusammenbruchs geführt hatte.

Die Hypo Real Estate hatte sich mit Zinsgeschäften verspekuliert und musste vom Staat und der heimischen Finanzwirtschaft mit Krediten und Garantien im Umfang von 102 Milliarden Euro vor dem Kollaps bewahrt werden. Zum Vergleich: Der gesamte Bundeshaushalt beträgt für dieses Jahr rund 290 Milliarden Euro. Die Münchner Bank betont zudem, dass sie in jedem Fall zusätzliche Hilfen nicht nur in Form von Garantien, sondern als direkte Finanzspritze benötigt. Experten schätzen den Umfang dieser Eigenkapitalhilfe auf mindestens zehn Milliarden Euro. Bevor es dazu kommt, soll die HRE im Zuge der Finanzkrise als erste Bank Deutschlands verstaatlicht werden. Dazu soll Anfang April ein Gesetz in Kraft treten, das sogar eine Enteignung der bisherigen Aktionäre erlaubt.

Größter Einzelaktionär ist eine Gruppe um den US-Finanzinvestor Christopher Flowers, der rund 24 Prozent an der praktisch insolventen Bank hält und den Anteil nicht so einfach abgeben will. „Unsere Präferenz ist es, bei der HRE als Aktionär engagiert zu bleiben“, sagte Flowers am Freitag. Zugleich pokert er um eine hohe Abfindung. Nachdem anfangs zehn Euro je HRE-Aktie im Gespräch waren, hält Flowers nun einen Preis von knapp drei Euro für angemessen. Das sagte er der „FAZ“. An der Börse wird das Papier derzeit mit 1,33 Euro bewertet. Die Aktie stürzte am Freitag nochmals deutlich ab, als die Derivatgeschäfte außerhalb der Bilanz bekannt wurden. mit stek

Thomas Magenheim-Hörmann

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