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Konjunktur: Rezession - und nun?

So schlimm wie in früheren Krisen muss es diesmal nicht werden, sagen Wirtschafts-Experten. Stefan Kaiser erklärt, was auf Unternehmer, Verbraucher und Arbeitnehmer zukommt.

Berlin - Jetzt ist es amtlich: Deutschland steckt in der Rezession. Laut Statistischem Bundesamt ist die Wirtschaft sowohl im zweiten als auch im dritten Quartal 2008 geschrumpft. Von April bis Juni ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um 0,4 Prozent zurück, von Juni bis August sogar um 0,5 Prozent. Zum Jahresende soll es ähnlich schlimm werden.

Die Rezession ist nicht die erste in Deutschland. Die heimische Wirtschaft hat schon öfter schwierige Phasen durchgemacht (siehe Grafik). Für Firmen und Arbeitnehmer verschlechtern sich dabei die Bedingungen. Für Verbraucher gibt es jedoch auch Lichtblicke.

UNTERNEHMER

Die deutschen Firmen werden von der Krise unterschiedlich stark getroffen. Am meisten dürften die exportorientierten Branchen leiden, vor allem die Industrie. Schon seit Jahresbeginn sinken dort die Aufträge, weil die Nachfrage weltweit einbricht. Zuletzt hat das verarbeitende Gewerbe die Produktion so stark gedrosselt wie noch nie seit der Wiedervereinigung.

Am heftigsten fällt der weltweite Nachfragerückgang für die Automobilindustrie aus. In der Krise leisten sich die Konsumenten keine großen Anschaffungen mehr. Auch die Chemiebranche gilt als besonders abhängig von der Weltkonjunktur. Wie stark der Einzelhandel und die Gastronomie leiden werden, hängt dagegen vor allem davon ab, wie sich die Kauflaune der Verbraucher entwickelt.

VERBRAUCHER

Generell wird es im Abschwung auf die Verbraucher ankommen. „Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr endlich einmal steigende Reallöhne sehen werden“, sagt Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Dies sei auch dringend notwendig, um den privaten Konsum in Gang zu bringen, der sich in den vergangenen Jahren von der Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt hat. Die Deutschen kaufen zu wenig. Dabei ist ihre Kaufkraft nach einer aktuellen Studie der Marktforschungsgesellschaft GfK gar nicht so schlecht: 18 734 Euro stehen jedem Einwohner pro Jahr für den Konsum zur Verfügung – Platz zehn in Europa.

Grund zur Zuversicht geben vor allem die sinkenden Preise. So hat sich die Inflationsrate schon im laufenden Jahr nach unten entwickelt: Von 3,3 Prozent im Juni auf 2,9 Prozent im September. Forscher Horn geht davon aus, dass die Preise künftig noch langsamer steigen. „Zu einer weltweiten Rezession passen hohe Inflationsraten nicht“, sagt er. Denn wenn die Wirtschaft schrumpft, braucht sie zum Beispiel weniger Öl – und mit der Nachfrage sinkt auch der Preis.

Auch steigende Tariflöhne, wie sie etwa am Mittwoch in der Metallbranche vereinbart wurden, stärken die Verbraucher – auch wenn die Zuwächse ohne Krise sicher höher ausgefallen wären.

ARBEITNEHMER

Am Arbeitsmarkt ist noch nichts vom Abschwung zu spüren. Im Gegenteil: Die Arbeitslosenzahl ist im Oktober erstmals seit 16 Jahren unter die Marke von drei Millionen gesunken. Das sind gut zwei Millionen weniger als noch vor drei Jahren. Zwar erwarten die meisten Wirtschaftsforscher, dass sich dieser Trend im kommenden Jahr umkehren wird. Doch die Prognosen sagen nur einen leichten Anstieg der Arbeitslosenzahlen voraus. So rechnet der Sachverständigenrat der Bundesregierung im Jahresdurchschnitt 2009 mit nur rund 35000 Arbeitslosen mehr als in 2008.

„Es gibt überhaupt keinen Grund in Panik zu verfallen, dass wir wieder auf fünf Millionen Arbeitslose kommen“, sagt auch Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. Selbst vier Millionen Arbeitslose hält er für unwahrscheinlich. Zwar sei in früheren Rezessionen die Arbeitslosenzahl oft um bis zu einer Million gestiegen. Doch heute sei der Arbeitsmarkt wegen der strukturellen Reformen der vergangenen Jahre deutlich besser aufgestellt. „Wir können davon ausgehen, dass es nicht so schlimm wird wie früher.“

Dennoch erwartet Schneider, dass die Krise am Arbeitsmarkt länger anhält, als in anderen Bereichen. „Das kann ohne weiteres noch drei Jahre dauern“, sagt der Experte. „Auch wenn die Gewinne nach einer Krise schon wieder steigen, kürzen viele Firmen immer noch die Kosten.“

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